Mittwoch, 30. Juli 2025

Die Wasserstoff-Mobilität ist tot

 hier Ricco Grimm

Die Kunden wollen keine Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Das zeigen die Zulassungszahlen:

  • Im ersten Halbjahr haben Deutsche laut Kraftfahrt-Bundesamt 43 Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb zugelassen. Zum Vergleich: Es waren 250.000 klassische E-Autos im gleichen Zeitraum, ein neuer Rekordwert.

  • Bei den Lkw: Anfang des Jahres fuhren mehr als 90.000 Lkw mit Batterieantrieb. Die Zahl der Brennstoffzellen-Antriebe ist hier so gering, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sie nicht extra ausweist (xls, FZ 13.10)

  • Züge? 62% der Strecken haben Oberleitungen, der Rest wird elektrisch – meist mit Akkus statt H₂. Die Zillertalbahn in Österreich wechselte von H2 auf Akku. In Hessen und Niedersachsen scheiterten H₂-Züge an Technik und Versorgung – zurück zum Diesel. Nur Brandenburg meldet H₂ Erfolge.

Auch die Industrie zieht sich reihenweise aus der Wasserstoffwelt zurück. Sehr viele Hersteller von H₂ Fahrzeugen streichen ihre entsprechenden Programme zusammen. 

Bei den Pkws:

  • Stellantis (Opel & Co.) stoppte gerade die H₂-Entwicklung.
  • VW: Exit 2024
  • Mercedes: schon 2020 raus
  • Wer bleibt? Nur BMW, Toyota, Hyundai/Kia.

Die Lkw-Hersteller:

  • Scania (auch VW) beendete bereits 2020 seine H₂-Programme. 
  • Daimler Truck legte alle Pläne vor ein paar Wochen auf Eis.

Für einen endgültigen Abschied spricht auch ein Blick auf die ohnehin kümmerliche Infrastruktur.

  • Circa 100 Wasserstoff-Tankstellen gab es Anfang 2024 in Deutschland.Heute sind es nur noch 69.

Pkw, Lkw, Züge. Haken dran. Dieses Mal wirklich. 

Denn zwar haben Leute wie ich die Idee der Wasserstoff-Mobilität schon oft für tot erklärt – ungefähr so oft, wie H₂ als die eine große Lösung gepriesen wurde. Als das früher geschah, dominierten Diesel und Benziner den Markt und mögliche Alternativen waren hinter dem Schleier der Zukunft versteckt.

Genau das ist heute anders. Batterien schlagen die Brennstoffzelle in den Hauptmärkten.

Bei den Pkw sehen wir eine beginnende S-Kurve, die zuverlässig Technologieverbreitung erklären kann: 


 

Auch in der Nische verabschiedet sich Wasserstoff

Selbst in Mobilitätsbereichen, in denen Wasserstoff lange Zeit die Königslösung war, hat es an Bedeutung verloren.

Die beiden letzten Stufen der amerikanischen Saturn-Raketen zündeten mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff. Wasserstoff hat die Menschen so zum Mond gebracht. Heute aber verzichten die Ingenieure darauf zugunsten von Kerosin. Space X setzt bei seiner neuen Rakete Starship allerdings auf Methan. Das Gas ließe sich im Zweifel auch auf dem Mars synthetisieren, so Musk.

Das Starship von SpaceX zündet wasserstofffrei. 

Was ist mit den Schiffen? Auch hier das gleiche Bild wie bei den Landfahrzeugen. Es gibt zwar Prototypen und Pläne, aber sonst nichts weiter. Derzeit favorisieren die Reedereien grünes Methanol, um ihre Turbinen anzutreiben. Das ist zwar ein Wasserstoffderivat, aber deutlich leichter und billiger zu transportieren.

Zuletzt die Gabelstapler. Laut des US-Herstellers Plug Power setze etwa Amazon in 80 Standorten mehr als 17.000 H₂-Stapler ein. Die Zukunft sieht das Logistikunternehmen aber in autonomen Warenhaus-Robotern, die wie ihre Cousins auf der Straße elektrisch fahren werden.

Raketen, Schiffe, Stapler. Auch Haken dran.

🍏 Was das Ende der Wasserstoff-Mobilität in meinen Augen bedeutet

Ich bin mir sicher, dass einige Leser vom Tod der Brennstoffzellen-Mobilität hören und erleichtert “Endlich!” rufen. “Ihre” Technologie, das E-Auto, gewinnt. Gut. Ein Moment der (Schaden-)Freude sei allen gegönnt, die zu viele Debatten über Technologieoffenheit führen mussten.

Direkt nach diesem Moment muss der Blick aber auf das große Ganze fallen.

Das Ende der Wasserstoff-Mobilität macht es kurzfristig schwerer, wirklich alle Teile der Wirtschaft zu dekarbonisieren.

Denn wir werden eine Wasserstoff-Industrie brauchen, um Net Zero nahe zu kommen. Die aktuelle Version der ikonischen Hydrogen Ladder zeigt: Düngemittel lassen sich ohne Wasserstoff nicht CO₂-neutral herstellen. Große Schiffe werden wohl mit Methanol, einem Wasserstoffderivat, fahren. Auch in der Stahlherstellung und der Langzeitspeicherung von erneuerbarem Strom hat Wasserstoff noch immer einen plausiblen techno-ökonomischen Pfad in den Markt.


Das alles wäre leichter mit einer breiten, mobilitätsgestützten Wasserstoff-Infrastruktur zu erreichen gewesen.

Die Gefahr ist nun, dass die Kunde vom Tod des Wasserstoff-Autos zu einer pauschalen Ablehnung aller Wasserstoff-Technologie in der breiteren Öffentlichkeit und damit auch in der Politik führt.

Differenzierung bleibt allerdings der Schlüssel: Alles elektrisch lösen, was elektrisch geht, und den kleinen, aber wichtigen Rest mit Wasserstoff und seinen E-Fuel-Geschwistern angehen.


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