Anja Floetenmeyer-Woltmann hier auf LinkedIn
Während sich die öffentliche Debatte um GEG/Heizungsgesetz, CO₂-Preise und das Erneuerbare-Energien-Gesetz drehte, blieb ein anderes zentrales Klimainstrument fast unbemerkt: das THG-Quotensystem. Jetzt wird es schleichend schärfer – und das hat Folgen für alle, die noch Diesel oder Benzin tanken.
Was ist die THG-Quote?
Die Treibhausgas-Quote (kurz: THG-Quote) verpflichtet Mineralölunternehmen dazu, den CO₂-Ausstoß ihrer Kraftstoffe Jahr für Jahr zu senken. Ob sie Biokraftstoffe beimischen, synthetische Alternativen einkaufen oder Emissionsgutschriften aus anderen Projekten kaufen ist ihnen überlassen.
Wie deutlich?
Mit der neuen EU-Richtlinie Hashtag#REDIII gilt: Bis 2040 sollen 53% der im Verkehr eingesetzten Energie klimaneutral sein. Der Referentenentwurf beziffert jetzt den Anstieg: Die Mini-Steigerung 2025 (nur +0,1 %) ist ein Signal an die Märkte, nicht an die Verbraucher. Die KOA vermeidet Preisschocks im Wahljahr 2025 – und verschiebt größere Effekte in die 2030er, dann alle zwei Jahre um 2 % als echter Kostentreiber. Tja. Schnelle Lenkungswirkung ist anders.
Warum betrifft uns das?
Die Mineralölkonzerne geben ihre Mehrkosten weiter. Je teurer es für die Anbieter wird, Quoten zu erfüllen, desto mehr wird ein Liter kosten.
Was ändert sich konkret?
• RED III verschärft die Regeln für Palmöl, Soja & Co. – auch der deutsche Entwurf schließt diese künftig aus.
• „Fortschrittliche“ Biokraftstoffe aus Abfällen oder Reststoffen sollen boomen. Deren Anteil wird verdoppelt – was teuer ist.
• Futtermittel- und Lebensmittel-Biokraftstoffe werden gedeckelt: Ihr Anteil soll ab 2030 auf 3 % sinken (macht die Quote schwerer erfüllbar).
• Schifffahrt und Luftverkehr müssen ENDLICH künftig ebenfalls Quoten erfüllen.
Was passiert, wenn Anbieter die Quote reißen?
Dann wird’s teuer. Entweder müssen sie Strafzahlungen leisten oder teure Zertifikate von anderen kaufen, die übererfüllt haben (ob es die geben wird?). Um den Markt zu stabilisieren, plant das Bundesumweltministerium einen „Notfallknopf“ per Verordnung: Wenn die Quote im Markt übererfüllt wird und Preise einbrechen, kann eingegriffen werden.
Warum kommt das alles gerade jetzt?
Weil die EU es schon lange vorschreibt – und weil Deutschland hinterherhinkt. Eigentlich hätte die RED III schon längst umgesetzt sein sollen. Jetzt liegt der Entwurf vor, die Sommerpause naht – und im Herbst können die Regelungen in Kraft treten.
„Das regelt dann der Markt“
Wer fossil tankt, bekommt jetzt ein Daumenschräubchen. Die Staffelung ist politisch geschickt, ökonomisch rational und sozial verträglich – aber sie schiebt echte Klimawirkung in die 2030er.
Die Summen werden jedenfalls insgesamt beträchtlich, keine Bundesregierung kann sie wegfördern.
Und Heizen?
Gas ist davon nur betroffen, wenn es als Kraftstoff im Verkehr genutzt wird. Im Wärmemarkt greift der CO₂-Preis.
Hier der lesenswerte Artikel von Dr. Miriam Vollmer
Neues von der THG-Quote 27. Juni 2025
Über Emissionshandel, Heizungsgesetz und EEG wurde in den letzten Jahren viel diskutiert. Das THG-Quotensystem dagegen ist nach wie vor weithin unbekannt. Dabei handelt es sich um eine Regelung, die gerade im sensiblen Bereich Verkehr zu den zentralen Instrumenten der europäischen Klimaschutzpolitik gehört. Am ehesten bekannt ist noch das Vorgängerinstrument, die Beimischungspflicht.
Auch das Quotensystem wurde im Zuge der Neufassung der Richtlinie über erneuerbare Energien (RED III) überarbeitet. Diese Neufassung will das Bundesumweltministerium nun in deutsches Recht umsetzen. Seit dem 19. Juni 2025 liegt ein entsprechender Referentenentwurf vor.
Das Wichtigste zuerst: Die THG-Quote soll schrittweise auf 53 % bis zum Jahr 2040 erhöht werden. Dabei geht es zunächst langsam voran. In diesem Jahr ist lediglich eine Anhebung um 0,1 % geplant, 2027 sollen es 0,5 % sein. Ab 2030 sieht die Richtlinie dann Schritte von jeweils 2 % vor, sodass im Jahr 2036 bereits 37 % erreicht sein sollen. In den Folgejahren steigt die Quote weiter an, bis 2040 schließlich 53 % erreicht werden sollen.
Auch hinsichtlich der Zusammensetzung der THG-Quote soll es Änderungen geben. Der Anteil fortschrittlicher Biokraftstoffe soll steigen: Für 2026 sind 2 % statt bisher 1 % vorgesehen, zwei Jahre später sieht der Entwurf bereits 2,5 % vor, also eine Verdoppelung. Gleichzeitig wird die Doppelanrechnung bei Erfüllung über den obligatorischen Anteil hinaus eingestellt. Es bleibt zwar bei der Möglichkeit, eine Überschreitung des Mindestanteils auf die Verpflichtung im Folgejahr anzurechnen. Zudem sollen Sojaöl sowie Rest‑, Abfallstoffe und Nebenprodukte aus der Palmölproduktion aber künftig nicht mehr angerechnet werden. Die Zusammensetzung der THG-Quote betrifft auch die Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln. Statt der aktuellen 4,4 % soll der energetische Anteil ab 2028 nur noch 3,5 % betragen dürfen, ab 2030 nur noch 3 %.
Erwartet wurden bereits weitere Änderungen im Hinblick auf Upstream-Emissionsminderungsnachweise (UER). In diesem Bereich hatte der Gesetzgeber bereits die 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung angepasst (wir berichteten). Nun soll durch eine Änderung des Gesetzes selbst die Kontrollmöglichkeit verbessert werden: Eine Anrechnung von Quotennachweisen aus dösen Projekten ist künftig nur noch zulässig, wenn das Projekt durch Vor-Ort-Kontrollen staatlicher Behörden der Mitgliedstaaten überprüft werden kann.
Doch nicht nur die Kontrollmechanismen und die Zusammensetzung der THG-Quote ändern sich. Während bislang Luft- und Schifffahrt ausgenommen waren, werden nun auch deren Kraftstoffanbieter einbezogen.
Interessant ist auch der vorgesehene Anpassungsmechanismus der THG-Quote durch Rechtsverordnung. Wenn in einem Jahr ein bestimmtes Niveau an Überschreitung erreicht wird, kann der Verordnungsgeber eingreifen, um zu verhindern, dass der Quotenmarkt – wie zuletzt im vergangenen Jahr in dramatischem Ausmaß – zusammenbricht.
Ob der Gesetzgeber den Entwurf noch vor der Sommerpause verabschieden kann? Eigentlich ist die Umsetzung der RED III überfällig. Allerdings hat das Parlament noch eine ganze Reihe weiterer, ebenso dringender Vorhaben auf dem Tisch. Doch unabhängig davon, mit welcher Priorität es sich dem Quotensystem widmet: Klar ist, dass die auf europäischer Ebene bereits vorgegebenen Änderungen in den kommenden Jahren – spätestens gegen Ende dieses Jahrzehnts – den Druck auf die Anbieter und damit auch auf die Preise an den Zapfsäulen deutlich erhöhen werden (Miriam Vollmer).
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