von Thomas Laschyk | Mai 29, 2025
Habecks Heizgesetz bleibt wohl unberührt: So wurden wir belogen
Was, wenn ich dir sage, dass du seit zwei Jahren systematisch von weiten Teilen der Medien belogen wurdest? Dass du Ziel – und vielleicht auch Opfer – eines der größten medialen Inszenierungen der letzten Jahre wurdest, die das Ergebnis hatte, dass die Grünen medial vernichtet wurden, einen wesentlichen Teil dazu beitrug, die Ampel zu sprengen und die AfD zu stärken – und all das jetzt nach 20 Jahren, damit weniger als 0,1 % der Gasheizungen ein wenig länger laufen können? Womöglich sogar noch viel weniger? Die gesamte Chronologie und wohl der letzte Akt einer Inszenierung. Das Heizgesetz (von Robert Habeck) „werden wir abschaffen“ heißt es im Koalitionsvertrag. Aber offenbar wird alles von Habeck behalten.
Die Lüge vom „Wärmepumpenzwang“
Dass es nie einen „Wärmepumpenzwang“ gab, wie die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche log, haben viele sicherlich bereits mitbekommen. Eine von vielen Lügen, die sich in konservativen Kreisen leider völlig normalisiert haben. „Das Heizungsgesetz werden wir zurücknehmen“, versprach Jens Spahn im Bundestagswahlkampf. Merz kündigte im Dezember an: „Wir werden die alten Regeln wieder in Kraft setzen.“ Auch das waren offenbar falsche Versprechen. Aber Reiche erklärte zunächst, sie werde einen erfundenen „Wärmepumpenzwang“ abschaffen.
Und dann legte sie nach: „Es gibt de facto ein Betriebsverbot für Gasthermen, die vor 1991 eingebaut wurden. Zunächst müssen wir dieses Betriebsverbot abschaffen“, sagte Reiche bei Table Media. Das ist offensichtlich absolut nicht das gleiche wie ein „Wärmepumpenzwang“, aber zeigt auch hier schon ein Zurückrudern, ohne es zugeben zu müssen, um die Fassade aufrechtzuerhalten. Denn es wird sehr schnell klar, dass die Union Wahlkampf mit einer Lüge macht – und jetzt unter Zugzwang steht, auch uns vorzuspielen, irgendetwas abzuschaffen.
Denn offensichtlich hat man nicht vor, die Novelle Habecks abzuschaffen und möchte einfach die Politik von Robert Habeck weiterzuführen, die Reiche bei ihrem Amtsantritt auch gehörig als „fast übermenschliche Leistung“ lobte.
Die Union glaubt offenbar auch, dass Habeck die richtige Politik betrieb. Aber um an die Macht zu kommen, wurde eine große mediale Inszenierung zum Heizgesetz durchgeführt.
Zur Erinnerung: Die ganze Chronologie der Lügen zum Heizgesetz
Man muss es leider so sagen, aber beim Thema Heizung und Wasserstoff wurden die Öffentlichkeit und die Verbraucher systematisch getäuscht. Und die wenigsten Medien schafften es, das aufzuklären. Malte Kreutzfeldt von Table Media beklagte, dass „die Berichterstattung nicht optimal“ sei, die FAZ kritisierte die „ermüdende Kampagne gegen das neue Gebäudeenergiegesetz“, die „die Defizite medialer Mechanismen“ zeige.
Die Axel-Springer-Presse, aber auch viele Konservative, jedoch vor allem die FDP selbst, fuhren eine massive Desinformationskampagne zum Heizungsgesetz. Die vielen Fake News, 180-Grad-Wenden und Täuschungen rund um das Heizgesetz vom letzten Jahr sollten „Technologieoffenheit“ ermöglichen – die es aber die ganze Zeit schon gab.
Laut dem ersten Heizgesetz-Entwurf waren Wasserstoff-Heizungen bereits möglich
Was, wenn ich dir sage, dass Habecks Entwurf zum Heizgesetz bereits im März 2023 von der FDP als „technologieoffen“ gelobt wurde, und FDP-Chef Lindner es auch zuvor als „pragmatisch“ mitbeschlossen hatte und zustimmte, es vor der Sommerpause 2023 zu beschließen?
Dass alles schon geklärt und beschlossen war und die FDP zufrieden war? Du würdest dich zu Recht fragen, warum zwei Monate später plötzlich eine typisch verlogene BILD-Kampagne gestartet wurde und FDP-Politiker das Gesetz als „Atombombe für unser Land“ bezeichneten, plötzlich mangelnde „Technologieoffenheit“ beklagen und von 100 Fragen sprechen? Und warum das – unveränderte – Gesetz von der FDP und Union blockiert wurde?
Zuerst einmal die Klarstellung, dass das ursprüngliche Gebäude-Energie-Gesetz von der Union selbst 2020 noch beschlossen. Schon bevor die 2. Novelle überhaupt heiß diskutiert wurde, schrieb das GEG den Austausch von Standard- und Konstanttemperaturkesseln vor, sobald sie älter als 30 Jahre und längst ineffizient sind. Das für später merken! Dann kommen wir zu dem, was im ursprünglichen Gesetz-Entwurf, der bereits 2022 ausgearbeitet worden war, überhaupt drin stand:
Mit Wasserstoff heizen war von Anfang an möglich
Du hättest jede Heizung behalten dürfen, die du hast, auch nach 2024. Du hättest deine Gasheizung auch jederzeit reparieren dürfen. Dich hätte niemand gezwungen, später etwas zu ersetzen, du hättest alles weiterlaufen lassen können, wie du willst. Habeck sagte wörtlich im April 2023: „Funktionierende Heizungen dürfen weiter genutzt werden und kaputte dürfen so lange repariert werden, wie man sie reparieren kann.“
Auch Technologieoffenheit war gesichert für den Fall, dass du eine neue besorgen musst: Du hättest auch alles einbauen können, was du willst. Die einzige Bedingung durch das Gesetz: Mindestens 65 % der Energie muss aus erneuerbaren Energien stammen. So hättest du sogar theoretisch weiter eine Gasheizung betreiben können, mit Biogas oder eben Wasserstoff. Aber wie schon damals klar war: Diese Dinge sind kostspielig und noch Zukunftsmusik und werden sich ohnehin wahrscheinlich nie vergleichbar rentieren. Dennoch: Die FDP und andere wollten das angeblich – und das war auch von Anfang an möglich.
Die Anforderungen von Habeck wurden beispielsweise auch von einer Hybridheizung erfüllt. Und es gab bereits Ausnahmen und mehrjährige Übergangsfristen! Verpflichtend war ein Heizungstausch erst nach 2044. Du weißt schon, kurz bevor Deutschland endgültig klimaneutral werden muss. Das Ziel, hinter dem FDP wie auch Konservative zweifelsohne stehen. Außerdem sollte dieser Heizungstausch auch noch stark staatlich gefördert werden (30 bis 50 Prozent der Kosten!). Das war übrigens auch nicht neu und gilt schon in einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Hamburg.
Das Heizgesetz hatte dann aber natürlich auch einige Entwicklungen durchgemacht – und jeder Einzelnen hatte die FDP auch prinzipiell oder konkret zugestimmt. Zunächst einmal war der Plan mit den 65%-EE-Anforderungen bereits Teil des Koalitionsvertrags, dem die FDP doch zugestimmt hatte. Damals aber noch mit dem Startdatum 2025. Im Koalitionsausschuss, wenige Tage nach dem russischen Invasionsbeginn in der Ukraine Anfang 2022, trafen sich die Koalitionspartner aber und beschlossen gemeinsam, das Datum auf 2024 vorzuziehen. Das war gleichzeitig mit der Energiepauschale und Senkung der Steuer auf Sprit.
Im Juli 2022 stellte dann Habecks Ministerium den entsprechenden Gesetzesentwurf vor. Darin war es bereits möglich, mit „grünen Gasen“ zu heizen und auch neue Gasheizungen einzubauen – Wasserstoff wird buchstäblich darin auch als Möglichkeit erwähnt. Auch Hybridheizungen. Es wird aber auch darin gewarnt, dass diese halt kostspielig werden. Technologieoffenheit und Wasserstoff standen seit 2022 drin.
Dann hieß es aber viel später, im März 2023, die FDP wolle das Heizgesetz stoppen.
„Zufällig“ nachdem die BILD auch mit der Union eine Lügenkampagne gegen den Gesetz-Entwurf gefahren hatte und alle mit der Lüge des „Heizverbots“ aufpeitschte.
FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, verkündete laut, er würde „pauschale Verbote“ verhindern. Und tut so, als würden sich die Lügen der BILD auf irgendwelche realen Forderungen beziehen. Er gibt es sogar indirekt zu: „Der FDP-Fraktion liegt kein Entwurf zum Verbot von Öl- und Gasheizungen vor. Dazu wird es auch nicht kommen“.
„Sprachakrobatik“ statt fundierte Kritik
Er sagte, man solle Heizungen lieber klimaneutral und technologieoffen betreiben. Wie wir gesehen haben: Genau, was Habecks Gesetz bereits vorsah.
- Auch im Gespräch mit Lanz drückte sich Dürr davor, einzugestehen, dass es nie ein „Heizverbot“ gab. Statt eines einfachen „Ja“ oder „Nein“, ob jemand Heizungen verbieten will, wand sich Dürr in Floskeln, verwandte nur Begriffe wie „Lesart“ oder „Eindruck“. Lanz kann sich sogar sein Lachen nicht mehr verkneifen. Schaut selbst im Video
- Ebenso entlarvend ein DLF-Interview mit Michael Kruse (FDP), energiepolitischer Sprecher. Die gleiche Geschichte: Der Deutschlandfunk fragte: „Wer plant, das Heizen zu verbieten?“
Kruse: „Das ist jetzt Sprachakrobatik.“
DLF: „Wie kommen Sie zur Formulierung ‚Heizungsverbot?‘“
Kruse: „Wusste nicht, dass das hier eine Germanistik-Vorlesung ist.“
DLF: „Es geht um Wahrheit und Unwahrheit.“
- Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, verkündete auch, dass ein „generelles Verbot“ schlecht wäre und Hybridheizungen sowie Wasserstoff auszubremsen, der „falsche Weg wäre“. Dinge, die niemand gefordert hat. Wünsche, die bereits im Gesetz fest standen. Die FDP argumentierte hier gegen einen reinen BILD-Strohmann. Der Beginn der großangelegten Täuschung der Öffentlichkeit.
FDP kämpfte heroisch gegen Dinge, die sich BILD ausgedacht hatte
Sprich: Die FDP wusste, dass kein derartiges „Heizverbot“ kommen wird – sie hat doch längst die Vorschläge von Habeck gesehen und ihnen zugestimmt. Dennoch poltert man, angetrieben von BILD-Lügen, gegen ein Verbot, das es nie gegeben hat. Nicht vergessen, dass BILD und WELT zum Axel-Springer-Verlag gehören, der zum einen dem Milliardär Mathias Döpfner gehört, der seine Zeitungen für gezielte Beeinflussung der Öffentlichkeit im Wahlkampf nutzt („Please stärke die FDP“) zum anderen damals auch zu Teilen KKR, eine der weltweit größten Private-Equity-Firmen, die noch in fossile Energie investieren.
Okay, die FDP verkündete im März 2023, dass noch eine „grundlegende Überarbeitung“ notwendig sei. Obwohl die Diskussion zum Gesetz quasi nichts mit der Realität zu tun hatte, hat Habeck mit der FDP trotzdem nachverhandelt und sich mit ihnen getroffen. Im April 2023 hat man sich dann nach 30 Stunden Verhandlungen auf das Heizgesetz geeinigt. Wieder. Offen waren noch Fragen wie die finanzielle Förderung. Aber die zentralen Punkte, wie bereits aufgezählt, blieben unverändert. Das Gesetz beinhaltete doch bereits alles, was die FDP angeblich wollte. Das war bereits die dritte Zustimmung der FDP. Am 31. März lobte Lindners Finanzministerium das Heizgesetz: Es sei gelungen, „Technologieoffenheit, Wirtschaftlichkeit und soziale Ausgewogenheit als entscheidende Maßstäbe“ zu verankern.
Dann war das doch eigentlich geklärt? Der Gesetzentwurf ging weiter und am 19. April hat das Bundeskabinett der Novelle auch zugestimmt. Also Zustimmung auch erneut von der FDP. Man beschloss auch, dass das Gesetz vor der Sommerpause kommen soll. Lindner lobte das Heizgesetz buchstäblich als „technologieoffen“ und „pragmatisch“. Man habe sich in „wesentlichen Punkten“ durchgesetzt. Details soll man im Parlament klären. Das war übrigens im AUSGLEICH dafür, dass FDP-Minister Wissing Autobahnen ausbauen dürfe und sich nicht an seine Sektorziele halten muss.
FDP LÄSST SICH VON FOSSILEN INTERESSEN ZUM „WORTBRUCH“ DRÄNGEN
Die FDP war dabei, sie hat WIEDER zugestimmt, Technologieoffenheit war möglich, sie hat sich durchgesetzt und das Gesetz gelobt, nachdem sie bereits mehrfach nachverhandelt hatte. Zum vierten Mal. Und dann … kam die nächste Desinformations-Offensive der fossilen Presse, BILD, WELT, Union & Co. gegen Wärmepumpen und Habeck. Zur Erinnerung:
Und mein persönlicher Höhepunkt, von der rechtsextremen Presse:
Ausführlicher über die vielen Lügen hier
Im Tandem mit der fossilen Presse wurden die gleichen, alten Lügen und die Hetze gegen Habeck, Wärmepumpen und das Heizgesetz vorgekaut. Du siehst: Es hatte nichts mit der Realität zu tun. Aber kaum jemand erfährt, dass die ganze Medienwelt über Dinge redet, die erfunden wurden. Die Union und auch die AfD mit ihrer rechtsextremen Medienwelt machten fleißig mit.
Vier der größten Parteien, gemeinsam mit mächtigen Medienkonzernen, inszenieren eine frei erfundene Debatte
Am 22.5. heißt es dann plötzlich wieder aus der FDP, das Heizgesetz habe „unglaublich viele Fehler“ und benötige „im Prinzip“ ein neues Gesetz. Was? Woher? Was ist dazwischen passiert? Es ging immer um das exakt gleiche Gesetz.
BILD UND FOSSIL-LOBBYISTEN ÜBERNEHMEN DIE FDP
Gemeinsam mit der fossilen Propaganda-Welle fand noch etwas Weiteres statt: der Parteitag der FDP. Ein Grund für den Sinneswandel der FDP dürfte Frank Schäffler, libertärer Fossil-Lobbyist und selbsterklärter „Klimaskeptiker“, spielen, der sich auf dem FDP-Parteitag im April mit einem Dringlichkeitsantrag gegen Parteichef Christian Lindner durchsetzte, laut dem der bereits gelobte Gesetzentwurf doch noch nachgebessert werden müsse. Oder um das in Schäfflers martialischer Sprache wiederzugeben, er kritisiert den Entwurf als …
„Dogmatische Vorfestlegungen auf einzelne Technologien, planwirtschaftliche Regelungswut bis ins Detail und ignorante Überforderung der Betroffenen.“
Das natürlich in enger Zusammenarbeit mit dem Hetzblatt BILD:
Er nannte den Entwurf polemisch „Atombombe für unser Land“. Und landete natürlich ebenfalls auf einer BILD-Schlagzeile. Allein das ist schon einigermaßen absurd, schreibt das Gesetz eben keine Technologie vor, sondern lediglich einen Anteil von 65 % Anteil erneuerbarer Energie im System, für dessen Erreichung es jetzt längst acht verschiedene technische Optionen gibt. Nicht umsonst zeigte Christian Lindner sich ja mit dem Entwurf bereits zufrieden, weil er die gewünschte Technologieoffenheit längst ermögliche. Wer Schäffler ist und seine Verbindungen in die Klimawandelleugner-Szene haben wir hier ausführlicher gezeigt:
101 FRAGEN zum Heizgesetz, DIE NIE GESTELLT WURDEN
Die FDP scheint ihre eigenen Unwahrheiten zu glauben. Wie sehr die BILD die eigentliche FDP-Politik machte, hatte man dann auch an den „101 Fragen“ gesehen. In der BILD stand plötzlich, die FDP (allen voran Kubicki und Schäffler) könne nicht über „Habecks Heizgesetz“ verhandeln (das schon zum vierten Mal fertig verhandelt und gelobt worden war), bevor nicht 101 Fragen beantwortet werden.
Doch – und es mag vielleicht überraschen – was in der BILD steht, war komplett unwahr. Die Fraktionsführung der FDP hatte nie vor, derartige Fragen abzuschicken. Es gab solche Fragen gar nicht, sie wurden Habeck gar nicht gestellt. Die 101 Fragen waren eine BILD-Lüge. Auch die Fraktionsspitze, die diese Fragen stellen sollte, hatte sie nicht bekommen und hatte auch nicht vor, sie zu stellen! Klar habe man Fragen, aber:
„Die FDP-Fraktion hat dem Bundeswirtschaftsministerium bereits einige Fragen gestellt und wird im weiteren Verlauf weitere fachliche Fragen stellen, wie bei anderen Gesetzgebungsverfahren auch.“
Stellv. Fraktionsvorsitzende der Grünen
Abstimmung musste verschoben werden
Trotzdem wurde via BILD & Co. irgendwas von Boykott gepoltert und inszeniert. Die Abstimmung müsse verschoben werden. Eine Abstimmung, die man gerade noch selbst gefordert hatte. Auch FDP-Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wiederholte das Märchen der hundert Fragen bei den Tagesthemen. Die Fragen, die es nicht mal gab. Die fossile Propaganda hat die FDP fest im Griff. Mit dieser Scheinbegründung blockierte die FDP aber die Bundestagsdebatte über das Heizungsgesetz. Die Debatte, die man selbst permanent gefordert hatte, zu einem Gesetz, das man schon mehrfach gelobt hatte wegen Fragen, die es nicht gab. Wow.
REINE PR-NUMMER ZUR ABLENKUNG
Wenn aber die Fragen wirklich so entscheidend gewesen wären, dann war es schon einigermaßen verwunderlich, dass sie nicht längst den Weg zum Bundeswirtschaftsministerium gefunden hatten. Anstatt sie in den Medien breitzutreten, gehören solche Fragen in die längst stattgefundenen Koalitionsverhandlungen, denn genau dafür sind innerkoalitionäre Verhandlungen ja da. Die FDP hatte buchstäblich Monate Zeit. Und hatten keine Fragen gestellt und sich zufrieden geäußert.
Erst NACH der Blockade der parlamentarischen Debatte hat man offenbar schnell noch einen Fragenkatalog zusammenkopiert (und die Anzahl der Fragen schwankt auch die ganze Zeit, mal 77, mal 113), um diese Farce irgendwie zu rechtfertigen und im Nachhinein Fragen aus dem Hut zu zaubern, die man für die Inszenierung erfunden hatte.
Auch der Inhalt der Fragen wirkte oft vorgeschoben, denn Aspekte wie in Frage 66 („Wie viel Platz benötigt eine durchschnittliche Wärmepumpe innerhalb sowie außerhalb eines Gebäudes?“) oder Frage 70 („Wie viele Mehrfamilienhäuser nutzen die oberste Etage bzw. den Dachstuhl als Mieterkeller, Heizungsraum oder Wäschetrocknungsraum?“) sollten allen Beteiligten längst klar sein, wenn es ihnen wirklich ernst damit war. Auch sind viele Fragen dabei, die längst geklärt hätten sein müssten. Manches waren rhetorische Fragen, manche unleserlich, manche doppelt. Die restlichen 59 Fragen hätte auch ein offenbar mit unendlicher Geduld ausgestatteter Habeck gerne längst beantwortet, wenn man sie ihm rechtzeitig gestellt hätte.
Habeck beantwortete 102 Fragen, bevor sie gestellt wurden
Das kann ich sagen, denn viele der Fragen hatte Habeck bereits beantwortet! Der STERN schrieb, dass Anfang Mai 2023 Habeck bereits Fragen aus allen Fraktionen beantwortet hatte:
„Eine Sprecherin verweist am Mittwochmittag auf die Gespräche mit den zuständigen Berichterstattern im Bundestag: ‚Wir stehen zur Beantwortung aller Fragen zur Verfügung.‘ Eine Fragenobergrenze nannte sie nicht. Die Berichterstattergespräche fanden übrigens Anfang des Monats statt. Dabei wurden Fragen aus allen Koalitionsfraktionen beantwortet, sagt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums dem Stern: ‚Es waren zufälligerweise genau 102.’“ [sic]
Robert Habeck sprach gar von „Wortbruch“ bei der FDP. Man muss leider sagen: zu Recht. Die FDP behauptet jedoch weiter, das Gesetz – dem sie schon viermal zugestimmt hat und das seit bald einem Jahr in wesentlichen Zügen existiert – sei „quick and dirty“ und man bräuchte ein „grundlegend anderes Gebäudeenergiegesetz“ (Johannes Vogel). Dabei ist nicht ersichtlich, was überhaupt die FDP auszusetzen hat. Alle wesentlichen, angebrachten Kritikpunkte waren längst geklärt. Es gab „Technologieoffenheit“ und Wasserstoff-Heizung bereits. Man wiederholte nur unermüdlich, dass etwas nicht passte. Was genau wurde nicht kommuniziert. Offenbar wohl wissend, dass das alles ohnehin nur ein PR-Stunt ist. Es reichte, wenn genug Leute darauf hereinfallen.
Dann wurde das Heizgesetz wieder entschärft
Im Koalitionsausschuss wurde dann am 12. Juni 2023 das Heizungsgesetz massiv entschärft. Das Datum solle jetzt erst ab 2026 bzw. 2028 gelten, erst, wenn ein Wärmepumpenplan der Gemeinde vorliege. Und man einigte sich, es noch in jener Woche in das Parlament zu bringen. Wurde es übrigens auch. Hier der Gesetzentwurf, der ins Parlament kam. Ja, es wurde im Juni bereits im Bundestag in einer ersten Lesung debattiert. Die Linke stellte einen Antrag zur Abschaffung der Modernisierungsfrage.
Dann, nach der ersten Runde und nach der fünften (!) Zustimmung der FDP, stellte die Ampel den überarbeiteten Entwurf Ende Juni vor. Man war ganz stolz, dass man jetzt mit Hybridheizung heizen könnte. Genau wie die ganze Zeit schon, aber irgendwie schaffte es kaum ein Medium, das zu erwähnen. Ich hatte ein Déjà-vu – alle paar Wochen erzählten mir die Medien erneut, dass die FDP jetzt endlich „Technologieoffenheit“ beim Gesetz erreicht hatte.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, es sei ein praktikables Gesetz auf den Weg gebracht worden, das niemanden überfordere. „Mit der neuen Fassung setzen wir das um, was die Koalition politisch vereinbart hat: keine Verbote, keine Eingriffe ins Eigentum – aber dafür viele Technologien.“ Klasse, dass sie genau das erreicht haben, was die FDP schon Monate zuvor mehrfach gelobt hatte.
Mehr Details hat zum Beispiel auch Malte Kreutzfeldt gesammelt. Die Abstimmung hätte am Freitag, den 7. Juli stattfinden sollen. Nachdem die FDP sich das 6. Mal zufrieden gezeigt hatte – zur Erinnerung. Auch FDP-Lobbyist Schäffler war am 4. Juli noch zufrieden.
Wollt ihr zum dritten Mal eine 180-Grad-Wende der FDP? Bekommt ihr!
Da der (aktualisierte) Gesetzentwurf jedoch so spät kam – weil die FDP ja zum 6. mal Dinge hereinverhandelte, die schon drin waren und es immer weiter abschwächte – war die Frist zur Abstimmung Anfang Juli 2023 zu kurz. Erfolgreich klagte dann die CDU gegen die Abstimmung. Verständlich, ja. Es war ja aber nicht so, als hätte die Ampel nicht mehr als genügend Zeit gehabt. Wie ich aber wohl deutlich gezeigt habe, war es die FDP, die pausenlos blockierte und verzögerte – und das massiv mit Lügen – bis es eben zu spät war. Genau einen Tag später freut sich der professionelle Desinformationsverbreiter Schäffler übrigens plötzlich über den Stopp und dass man „den Grünen auf den Leim gehe“. Nachdem er die einstimmige (!) Entscheidung auch seiner Partei gerade erst gelobt hatte. Die FDP kann uns allen so ins Gesicht lügen, weil sie weiß, dass es keinerlei Konsequenzen hat.
Alle diese Dinge haben Volksverpetzer und andere Medien übrigens die ganze Zeit damals geschrieben. Ich habe hier mehrere Volksverpetzer-Artikel zusammengefasst. Ich habe das alles auch in meinem Buch „Werbung für die Wahrheit“ verfasst. Es hatte keine Konsequenzen – außer, dass die Ampel dadurch massiv an Zustimmung einbüßte – und vor allem die FDP. Die dafür aber den Grünen die Schuld gab.
Bis heute kennt kaum jemand die Wahrheit
Bis heute wird der Mythos verbreitet, dass die FDP „Technologieoffenheit“ oder die Option Wasserstoff in das Gesetz hineinverandelt habe. Wenn das der Fall ist, ist das bereits bei der Regierungsbildung 2021 passiert. Die Union schafft es sogar noch im Juni 2024 auf ihrer Website zu fordern, das GEG erneut aufzusetzen, um „Technologieoffenheit“ möglich zu machen. Mit der Realität hat dieser Populismus nichts zu tun.
In einigen Medien wird sogar bis heute immer noch kolportiert, dass die Technologieoffenheit erst nachträglich hinzugefügt werden musste. Kritiker werfen ein, dass der Gesetzentwurf viele Menschen „verunsichert“ habe. Kaum jemand spricht an, dass die massive Desinformation Grund dafür sein dürfte. Man stiftet Verwirrung mit Falschbehauptungen, um damit erst eine Rechtfertigung dafür zu schaffen, warum man diese „Kritik“ getätigt hat.
Dass die Debatte verzerrt wurde, suggeriert auch eine Studie der Denkfabrik „Das progressive Zentrum“, das sich 2036 Zeitungsartikel dazu angeschaut hat. Das Gesetz wurde von allen überwiegend negativ bewertet, von BILD und rechten Medien, die sogar „überwiegend irreführende Informationen“ verbreiteten, auch wenn sie ausschließlich den Faktencheck untersucht haben, ob das Gesetz als pauschales „Heizverbot“ (ohne Austauschmöglichkeit) bezeichnet wurde, was ja doch eine beachtliche Leerstelle in Bezug auf die Desinformation darstellt, wie ich in diesem Artikel gezeigt habe.
Ein Großteil der Kritik richtete sich laut Studie auf „unspezifische Forderungen nach Nachbesserung des Gesetzes“ – jeder vierte Beitrag.
Den Preis für die Inszenierung zum Heizgesetz
Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje sieht in der negativen Betrachtung in den Medien das „Akzeptanzdefizit“ vorwiegend bei der Regierung, kritisierte er auch die Rolle der Medien und der Journalisten, denen „das nötige Fachwissen für die unverzügliche Zurückweisung solcher Falschbehauptungen“ fehlte.
Eine Studie des MCC kommt zum Schluss, dass allein die zusätzlichen Kosten durch den Emissionshandel für Gasheizungen für die nächsten 20 Jahre zusätzliche Kosten von ca. 16.000 € und für Ölheizungen ca. 23.000 € für eine Familie im Einfamilienhaus verursachen werden. Emissionshandel, den insbesondere die Union und auch die FDP fordern. Und die Gaspreise werden wohl auch nicht mehr sinken. Beide beschlossen mit Grünen und anderen im April eine Verschärfung des EU-Emissionshandels. Friedrich Merz hat recht, wenn er Wärmepumpen lobt.
Und das alles für 0,1 % der Heizungen?
Die FDP wurde für das selbstzerstörerische Lügen von der Wählerschaft abgestraft, aber die Union profitierte stattdessen davon und gewann die Bundestagswahl. Da man sich aber an der Inszenierung beteiligt hatte, und versprochen hatte, Habecks Gesetz abzuschaffen, obwohl da immer nur alles drinstand, was man auch selbst wollte, muss die neue Regierung das Schauspiel auch zu Ende spielen. Bereits in ihrer Antrittsrede erklärte Reiche, dass das ihr erstes Ziel sei.
Nun, Reiche log über den „Wärmepumpenzwang“, und ruderte dann auf das „de facto ein Betriebsverbot für Gasthermen, die vor 1991 eingebaut wurden“ zurück. Die parteiische Propaganda-Presse erfüllte ihre Rolle aber natürlich brav:
Im Podcast Table.Today sagte sie, sie würde das tun, „um wieder Ruhe in den Markt zu bekommen“. Wer war wohl mit seinen vielen Lügen für jene Unruhe verantwortlich? Malte Kreutzfeld von Table Media erklärte auf Bluesky:
„In Fachkreisen sorgte diese Äußerung für Verwunderung, denn dieses Verbot besteht seit 2020; die Heizungen, die davon betroffen waren, sind also in der Regel längst stillgelegt, sodass eine Streichung dieser Regel in der Praxis wenig verändern würde.“
Wie Kreutzfeldt weiter ausführt, richtet sich ihre Forderung nach Nachfrage beim Ministerium auf alle Gasheizungen, die älter als 30 Jahre sind, da § 72 GEG ihren Betrieb verbietet. Praktisch betroffen sind jedoch überwiegend Konstanttemperaturkessel, weil Ein- und Zweifamilienhäuser, die seit 2002 eigengenutzt sind, sowie Niedertemperatur- und Brennwertanlagen ausgenommen sind – letztere wurden laut Viessmann bereits seit den 1980er Jahren kaum noch eingebaut. Kreutzfeldt stellt also fest:
„Entsprechend niedrig ist die Zahl der Heizungen, die unter das Verbot fallen: Im nächsten Jahr sind es nach Angaben des [Bundeswirtschaftsministeriums] 16.100 Öl- und Gasheizungen – das entspricht weniger als 0,1 Prozent der insgesamt knapp 19 Millionen in Deutschland betriebenen fossilen Heizungen.“
Und Reiche lässt Habecks Novelle unberührt?
Das würde auch die Ölheizungen betreffen – bei Gas dürften es noch weniger sein. Und das ist weiterhin nicht alles: Reiche wollte „die Technologieverbote der letzten Novelle zurücknehmen“ – die, die es nie gab -, aber das Verbot, das sie jetzt für weniger als 0,1 % aller Heizungen zurücknehmen möchte, stammt gar nicht aus Habecks Novelle. Sondern aus dem Gesetz der CDU selbst.
Die Ampel wurde gesprengt, Millionen Bürger verunsichert, die AfD gestärkt, den Absatz der billigen und effizienten Wärmepumpe sabotiert – und das alles nur, damit die CDU ihr eigenes Gesetz minimal anpassen kann. Es bleibt im Grunde alles beim Alten – man wollte nur nicht, dass die Grünen die Politik machen. Man wollte sie selbst machen. Und eine Medienlandschaft, in der die rechte Hälfte der Medien gezielt Desinformation und Propaganda verbreitet und die andere Hälfte offenbar unfähig ist, diese auch als solche zu bezeichnen, hatte die Union damit Erfolg. Es hat sich nichts geändert, aber alle sind froh, dass Verbote, die es nie gegeben hat, gestoppt wurden.
Es bleibt zu hoffen, dass damit das letzte Kapitel dieser Farce geschlossen ist – und wir aus den Fehlern lernen, derartiger Desinformation Glauben zu schenken. Denn die Normalisierung von Lügen ist letztlich das, was die gesichert rechtsextreme AfD stark gemacht hat. Die nicht zufällig parallel zu dieser und anderen Kampagnen ihren letzten Aufschwung erlebte.
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