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Windkraft macht krank. Windkraft vertreibt Rehe. Windkraft zerstört das Klima....
Und jetzt neu: Windkraft zerstört sich selbst durch Wetter – sagen zumindest die selbsternannten YouTube-Meteorolog:innen und Telegram-Frequenzphysiker:innen.
Umso schöner, dass der MDR sich jetzt aufrafft, dem faktenfreien Dauerfeuer in den Kommentarspalten etwas entgegenzusetzen....
Dass man dafür im Jahr 2025 noch öffentlich-rechtliche Wissenschaftsredaktionen bemühen muss, ist eigentlich traurig.
Aber immerhin: Danke, MDR!
MDR Link: https://lnkd.in/eBwHQnZW 23. Mai 2025,
Windenergie Faktencheck: Erosionsschäden, Wettereinfluss und Belastung durch Infraschall
Der Ausbau der Windenergie in Deutschland hat Befürworter wie auch Gegner. Kaum eine Windkraftanlage wird geplant oder errichtet, ohne dass es Unmut, Widerstand und Protest durch Bürgerinitiativen gibt. Die Sorgen, Fragen und Einwände der Menschen sind nachvollziehbar und berechtigt. Doch wie steht es um die verwendeten Argumente von Windkraftgegnern zum Thema Erosionsschäden von Rotorblättern, Einfluss auf Klima und Wetter oder die Auswirkungen von Infraschall? Ein Faktencheck.
Inhalt des Artikels:
Behauptung: Jährlicher Materialabrieb von 1.300 Tonnen durch Erosion der Rotorblätter und Verbreitung im Umkreis von 100 Kilometern
Behauptung: Windräder verstärken Wolkenbildung, die zu Starkregen führt
Behauptung: Windräder führen zu Trockenheit und Dürre
Behauptung: Infraschall belastet und beeinträchtigt Mensch und Tier
Eine der Bürgerinitiativen ist die Thüringer "Waldbürger-Initiative". Sie setzt sich für den Schutz und Erhalt der durch Klimawandel und Borkenkäfer geplagten Thüringer Wälder ein – und gegen den Bau von Windrädern. Deshalb werden auf ihrer Website einige Vorteile der Windkraft angerissen, vor allem aber die Nachteile in einem Dutzend Punkte angeführt: "Das sind unsere Prüfparameter [...]. Wir schauen genauer hin", ist dort zu lesen. Doch schauen sie tatsächlich genauer hin?
"Die Expertisen, die ich anführe, sind nachlesbar in den Studien, auf die ich verweise", äußert sich Initiativen-Sprecher Andreas Schuster, der eine Physiotherapiepraxis in Erfurt betreibt und regelmäßig Vorträge bei Bürgerversammlungen und Infoabenden zu dem Thema hält. "Da es mir nicht darum geht, dass meine Zuhörer zu Rechtgläubigen werden, wie das die Klimademagogen mit moralischer Keule für ihre längst widerlegten Narrative von den Bürgern sogar als Schuldigkeit einfordern, füge ich meinen Ausführungen jedesmal an, dass man mein Referat keinesfalls glauben, sondern durch Eigenrecherche verifizieren oder widerlegen solle", so Schuster auf Nachfrage des MDR.
Behauptung: Jährlicher Materialabrieb von 1.300 Tonnen durch Erosion der Rotorblätter und Verbreitung im Umkreis von 100 Kilometern
Als Beleg verweist die Thüringer "Waldbürger-Initiative" dabei unter anderem auf ein Dokument der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (WD). Der dort angegebene gesamte Materialabtrag von 1.395 Tonnen pro Jahr für alle Windkraftanlagen in Deutschland ist laut Steffen Czichon, Leiter der Abteilung Rotorblätter am Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES), jedoch eine "sehr grobe obere Abschätzung", denn die Wissenschaftler sollten zum grundlegenden Verständnis des Problems eine vereinfachte Hochrechnung durchführen, heißt es auch in dem Bericht. Das bedeutet, "der tatsächliche Wert liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich darunter", so Czichon.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) hat für eine Berechnung des Materialabriebs die Firmen befragt, die die Rotorblätter reparieren: "Und die geben Werte so zwischen zwei und drei Kilogramm pro Anlage an", so Steffen Czichon. Dies decke sich auch mit den Ergebnissen einer Masterarbeit der Universität Hannover und des IWES, die kürzlich erschien. Auch hier wurden die Reparaturberichte von drei Windparks analysiert: "Und auch da kommen Werte raus, die ungefähr in dem Bereich liegen. Also ein, zwei, drei Kilogramm pro Anlage scheinen da realistisch zu sein."
Laut der Waldbürger-Initiative würden sich die erodierten Partikel zudem bis zu 100 Kilometer weit um das Windrad verteilen. Woher die Angabe der 100 Kilometer Umkreis stammen, wird nicht genau angegeben. "Ich kann mir schwer vorstellen, wie so etwas gemessen werden soll", sagt Rotorblatt-Experte Steffen Czichon. Zumal man bei einem solchen Umkreis zu einer Verteilungsfläche käme, die größer ist als das Land Brandenburg. "Dann kann man sich vorstellen, dass das nicht mehr so viel ist, was dann in 100 Kilometern Entfernung ankommen kann", so Czichon. "Denn man kann es sich ja nicht so vorstellen, dass der Partikelabrieb wie in so einem kleinen Sack 100 Kilometer transportiert wird und da an einer Stelle abgelegt wird."
Die Frage, wie giftig der Abrieb von Rotorblättern für die Umwelt sein kann, ist hingegen nicht so einfach zu beantworten, verdeutlicht auch ein Faktencheck-Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa).
Ja, durch die Erosion an Windrädern werden Materialien freigesetzt, die nicht in die Umwelt gehören. Besonders die Beschichtungen der Rotorblätter gelten als kritisch, da sie durch den Abrieb Mikroplastikpartikel freisetzen, die Schadstoffe wie Bisphenol A (BPA) und Weichmacher abgeben, toxisch auf Organismen wirken und sich in Nahrungsketten anreichern. Die genauen Folgen sind jedoch noch immer nicht ausreichend erforscht. "Die Frage, ob und inwieweit Bisphenol A die menschliche Gesundheit beeinträchtigt, wird seit Jahren wissenschaftlich diskutiert und ist bislang nicht abschließend geklärt", schreibt etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf seiner Website.
Dennoch plädiert Czichon dafür, auch diese Zahl in Relation zu setzen: Im Vergleich zu den 80 bis 170 Tonnen Abrieb durch Windräder werden vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) beispielsweise Abriebwerte von Reifen mit 102.090 Tonnen und von Schuhsohlen mit 9.047 Tonnen pro Jahr angegeben.
Behauptung: Windräder verstärken Wolkenbildung, die zu Starkregen führt
Windkraftanlagen stehen unter anderem auch in der Kritik unser Klima und das Wetter zu beeinflussen. Auf Facebook kursiert seit längerer Zeit ein Foto, dass ein Wolkenphänomen über dem Windpark "Horns Rev" vor der Küste Dänemarks im Februar 2008 zeigt. Immer wieder nutzen Windkraftgegner das Bild als vermeintlichen Beleg für eine "Wetterbeeinflussung" durch Windkrafträder. Dabei würden wasserreiche Luftschichten gebildet, die zu Starkregen beitragen könnten. Auch auf der Website der Thüringer Waldbürger-Initiative findet sich das Foto. Die Bildunterschrift: "Wolkenbildung durch Offshore-Anlagen in der Nordsee".
Ein Faktencheck-Bericht von CORRECTIV erläutert, woher genau das Foto ursprünglich stammt und warum das abgebildete Phänomen keinen Einfluss auf das Wetter oder das Auftreten von Starkregen hat.
Was genau auf dem Foto zu sehen ist, erklärt Astrid Lampert, Teamleiterin Fluggestützte Meteorologie und Messtechnik an der TU Braunschweig, in einem Faktencheck-Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa): "Wenn feuchtkalte Luft dort über relativ warmes Wasser strömt, entstehen gelegentlich solche Wolkenphänomene, die aber keinen Niederschlag produzieren."
Luftbildaufnahme eines Wolkenphänomens über dem Windpark "Horns Rev" vor der Küste Dänemarks im Februar 2008.
Bildrechte: Vattenfall/Christian Steiness
Zu jener Form der Wolkenbildung hat Stefan Emeis, emeritierter Professor für Meteorologie und ehemaliger Arbeitsgruppenleiter am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in Garmisch-Partenkirchen, auch einen wissenschaftlichen Artikel verfasst. An dem Tag im Februar 2008 sei kalte und sehr feuchte Luft vom nahen Land über die wärmere Nordsee geströmt, was zur Bildung einer flachen Dunstschicht über der Meeresoberfläche geführt habe. Die Turbinen hätten diese aufgewirbelt, so Emeis innerhalb des Faktencheck-Berichts. Eine Studie der Technical University Denmark bestätigt diese Einschätzung.
Auch Juliane Berger, Leiterin des Referats Klimaschutz beim Umweltbundesamt (UBA) hält das Phänomen hinsichtlich extremer Wetterereignisse wie Starkregen für "vollkommen irrelevant". Auf dem Foto sei die sogenannte "aerodynamische Verschattung" erkennbar, auch "Wake-Effekt" genannt. Dieser entstehe innerhalb von Windparks, also dort, wo viele Windenergieanlagen nah beieinanderstehen. "Beim Betrieb einer Windenergieanlage entsteht immer ein Windschatten auf der windabgewandten Seite (Leeseite), welcher die Windgeschwindigkeiten im Nachlauf der Windenergieanlage beeinflusst", so Berger im Bericht.
Behauptung: Windräder führen zu Trockenheit und Dürre
Das Argument, dass Windkraftanlagen unser Klima und Wetter beeinflussen, wird auch andersherum genutzt: So sollen Windräder dafür verantwortlich sein, dass es in bestimmten Regionen nicht mehr regnet, weil die Wolken durch die Windräder davon abgehalten werden weiterzuziehen.
Obwohl es in der unmittelbaren Umgebung von Windkraftanlagen zu einer minimalen Erhöhung der Bodentemperatur kommen kann, ist das keine Ursache für die globale Erwärmung. Der Effekt ist einfach zu gering. Denn durch Windkraftanlagen wird keine zusätzliche Wärme in die Atmosphäre gebracht, sondern Luftschichten mit verschiedenen Temperaturen werden lediglich durchmischt. Vorhandenes wird also umsortiert.
Wichtig ist, dass man versteht, dass es hinter den Windkraftanlagen nicht insgesamt wärmer wird. Kältere Luft vom Boden wird nach oben transportiert, es kommt also dort zu einer Abkühlung. "Betrachtet über die ganze Atmosphäre sehen Sie gar keine Temperaturveränderung, Sie sehen nur eine andere Verteilung der Wärme. Also unten wärmer, oben kühler – am Ende gleicht es sich wieder aus", erklärt Meteorologe Stefan Emeis.
Innerhalb eines Faktencheck-Berichts von BR24 erklärt der Deutsche Wetterdienst (DWD), dass Regenwolken ihre Basis meist 200 bis 1.000 Meter über dem Boden haben: "Die eigentlichen niederschlagsbildenden Prozesse laufen in den oberen Teilen der Wolke im Temperaturbereich unterhalb von -20°C ab (zur groben Orientierung ist das im Mittel in 6 km Höhe)." Windräder haben laut DWD aber nur Höhen bis 250 Meter: "Ihr Einfluss auf die Verlagerung von großräumigen Niederschlagssystemen in Verbindung mit Fronten und Tiefdruckgebieten dürfte nach jetziger Einschätzung eher ausgeschlossen werden."
Astrid Ziemann, Professorin für Meteorologie am Institut für Hydrologie und Meteorologie der TU Dresden, erklärt, dass unser Wetter meistens durch großräumige und langfristige Prozesse gesteuert wird. Es wird wie überall auf der Welt von Tiefdruck- und Hochdruckgebieten beeinflusst. "Ein Tiefdruckgebiet in unseren Breiten hat zum Beispiel einen typischen Durchmesser bis zu 2.000 Kilometern und eine Lebensdauer von bis zu einer Woche. Die damit verbundenen Niederschlagsprozesse laufen ebenso auf größeren Skalen ab. Die Auswirkungen von Windparks auf große Strukturen in der Atmosphäre ist zumindest fraglich."
"Da wird das Pferd von hinten aufgezäumt und Ursache und Wirkung vertauscht", ergänzt Bodo Wichura vom DWD. "Die Windkraftanlage ist diejenige, die reagiert und nicht diejenige die agiert. Die wird nicht angeschmissen und quirlt alles durch. Die dreht sich nur, wenn es Wind gibt. Wir haben bei uns üblicherweise Wind, wenn wir Tiefdruckgebiete haben", sagt Wichura. Und diese Tiefdruckgebiete bringen üblicherweise auch Wolken mit sich.
Obwohl sehr große Windparks einen kleinen Einfluss auf die Umgebungstemperatur in der Nähe der Anlagen haben, können Sie unser globales Klima und Wetter nicht beeinflussen – sie bilden also keine Wolken und sie halten sie schon gar nicht fern. Die zunehmende Trockenheit hat definitiv andere Ursachen.
Behauptung: Infraschall belastet und beeinträchtigt Mensch und Tier
Eines der Argumente gegen den Ausbau der Windenergie lautet: Infraschallbelastung und infolgedessen die "erhebliche neurogene und kardiogene Beeinträchtigung von Mensch und Tier."
Auf der Website der Thüringer "Waldbürger-Initiative" findet sich dazu auch ein Foto als angeblicher Beleg für die "neurogene Beeinträchtigung eines Pferdes durch Infraschall". Zu sehen ist ein Pferd, das am Boden liegt und mit der Hinterhand im Schlamm eines Grabens an einem Waldweg steckt. Das Foto stammt von einem Facebook-Post einer Bürgerinitiative gegen den Windpark Primsbogen im Landkreis Saarlouis (Saarland) Anfang Februar 2021.
Jedoch ging es bei diesem Vorfall nicht etwa um mögliche Auswirkungen von Infraschall, sondern um die aufwendige Rettungsaktion eben jenes Pferdes, das im Schlamm versackte und sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien konnte. Zuvor waren entlang des Wegs im Hüttendorfer Wald Bauarbeiten durchgeführt worden, aufgrund der Witterung der vorherigen Tage war dann das aufgefüllte Erdreich im Graben stark aufgeweicht, so die Meldung der örtlichen Polizei.
Die vermeintlich infraschallbelastende Windkraftanlage vor Ort wurde zudem erst neun Monate später in Betrieb genommen.
MDR hier 23. Mai 2025
Windenergie Faktencheck: Vogelschreddern, Insektenschwund und bedrohte Arten
Inhalt des Artikels:
Behauptung: Tonnenweise Insekten verenden jährlich an deutschen Rotorblättern
Behauptung: Hunderttausende Vögel und Fledermäuse versterben jährlich an deutschen Windrädern
Behauptung: Allein für den Naturpark "Thüringer Wald" sind rund 37.000 Arten bedroht
Behauptung: Tonnenweise Insekten verenden jährlich an deutschen Rotorblättern
Eines der Argumente gegen den Ausbau der Windenergie lautet: Rückgang der natürlichen Diversität. "1.200 Tonnen Insekten verenden jährlich an deutschen Rotorblättern", heißt es etwa auf der Website der Thüringer "Waldbürger-Initiative".
Bezogen wird sich hierbei auf eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu Wechselwirkungen von Fluginsekten und Windparks, wonach schätzungsweise 24.000 Tonnen Insekten während einer Sommersaison deutsche Windparks durchfliegen und davon etwa fünf Prozent, also 1.200 Tonnen, von Rotoren getroffen werden (das entspricht etwa 1.200 Milliarden Fluginsekten). Die Untersuchung schlug hohe Wellen.
Was auf der Website jedoch nicht angegeben wird, ist die kurz darauf folgende Einordnung der Befunde: "Aus den aktuell zur Verfügung stehenden Zahlen und der DLR-Modellrechnung kann man weder ableiten, dass die Windenergie eine nennenswerte Rolle beim Insektenschwund spielt, noch dass sie daran unbeteiligt ist", erklärt der beteiligte Forscher Franz Trieb vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Bislang könnten keine belastbaren Aussagen darüber getroffen werden, welchen Anteil die in der Studie berechneten Verluste am gesamten Insektenschwund haben. "Der Grund dafür ist: Wir wissen schlichtweg nicht, wie groß die Gesamtpopulation beziehungsweise der Insektenschwund in konkreten Zahlen ist", so Trieb. "Außerdem gibt es bisher keine absoluten Zahlen zu anderen negativen Auswirkungen auf die Insektenpopulation beispielsweise durch Pestizide, intensive Landwirtschaft, Klimawandel oder Urbanisierung, sodass wir unsere Zahlen nicht mit anderen Einflüssen vergleichen können."
Die errechneten Zahlen sollten also immer auch in Relation zum tatsächlichen Insektensterben betrachtet werden. Dies gilt auch für die folgenden Schätzungen zur Zahl der Vögel und Fledermäuse, die jährlich durch Windkraftanlagen in Deutschland umkommen.
Behauptung: Hunderttausende Vögel und Fledermäuse versterben jährlich an deutschen Windrädern
Es stimmt, Windkraftanlagen sind tatsächlich eine Gefahr für einige Vogelarten, bestätigt auch ein Faktencheck-Bericht von BR24. Als besonders gefährdet gelten dabei Greifvögel wie der Rotmilan, der Mäusebussard oder der Seeadler. Allerdings ist unklar, wie viele Vögel tatsächlich durch die Windenergieanlagen sterben, denn sowohl die Zahl der Todesfälle als auch die Todesursachen sind schwer messbar und lassen sich nur schätzen. So geht beispielsweise der Naturschutzbund Deutschland (NABU) von etwa 100.000 Vögeln im Jahr aus.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hält die bislang veröffentlichten Zahlen jedoch für unzulässig. Denn: "Die Vögel, die jährlich in Deutschland sterben, können nicht systematisch gezählt werden", erklärt Ruth Birkhölzer, Sprecherin des BfN. "Es können nur Zahlen der gefundenen Vogelkadaver dokumentiert werden."
Hinzu komme, dass die Schätzungen, je nachdem wie ein Vogel wahrscheinlich verendet ist, unterschiedlich gut funktionierten. Und dass nicht alle Vogelarten durch dieselben Gefahrenquellen gleichermaßen gefährdet seien. So verunglücken etwa "Rotmilane nie an Scheiben, während die Kohlmeise nie an Windräder gelangt", sagt Andreas von Lindeiner vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) im Bericht.
Deshalb halten es Experten für ebenso wenig zielführend, wenn vor allem seitens der Windkraft-Befürwortenden versucht wird zu vergleichen, wie viele Vögel alljährlich im Vergleich zu anderen Hindernissen sterben, etwa durch Glasscheiben und Strommasten, durch Katzen oder im Straßen- und Zugverkehr – hierbei fallen die Zahlen übrigens um ein Hundertfaches höher aus.
Dennoch sprechen sich auch Vogelschützer für die Windkraft aus. Denn die Bedrohung durch den Klimawandel sei für viele Vogelarten weitaus größer als durch Windkraft, so Andreas von Lindeiner vom LBV. Für viele Arten werde es dadurch schlicht zu trocken oder zu heiß, sodass sie nicht mehr ausreichend Nahrung finden oder in andere Regionen weiterziehen. Andere Arten seien davon betroffen, dass bestimmte Baumarten bei steigenden Temperaturen absterben und ihnen dadurch der Lebensraum fehle.
Wichtig sei, dass bei der Planung neuer Windräder Artenschutzrichtlinien eingehalten würden, um das Risiko für gefährdete Vogelarten zu minimieren. Nutzbare Fläche dafür gebe es genug, so Andreas von Lindeiner in dem Faktencheck-Bericht.
Behauptung: Allein für den Naturpark "Thüringer Wald" sind rund 37.000 Arten bedroht
Hierzu bezieht sich beispielsweise die Thüringer "Waldbürger-Initiative" auf Angaben der Roten Listen und verweist allein für den Naturpark "Thüringer Wald" auf rund 37.000 bedrohte Arten.
Woher diese Zahl stammt und wodurch genau die Arten bedroht sein sollen, wird nicht belegt. Auf Nachfrage des MDR beim Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) und dem Verein "Naturpark Thüringer Wald", teilte dieser mit, dass bereits eine konkrete Aussage darüber, wie viele Arten insgesamt im Naturpark leben und zu finden sind, nicht möglich sei. Grund dafür sei, dass die Kartierungen von Tier- und Pflanzenarten nur vereinzelt und zu bestimmten Zeiten im Rahmen einzelner Projekte erfolgen würden. Eine aktuelle und lückenlose Übersicht zu den Erfassungen liege daher nicht vor.
Deshalb sei es auch nur eingeschränkt möglich, konkrete Aussagen darüber zu treffen, wie viele der vorkommenden Arten laut Roter Liste tatsächlich gefährdet oder bedroht seien. Die vorliegenden Daten umfassen den Zeitraum 1990 bis 2025 und zeigen: Insgesamt wurden 3.433 Tierarten erfasst, von denen 884 in der Roten Liste als gefährdet eingestuft sind. Für Pflanzenarten wurden 1.936 Arten dokumentiert, davon gelten 771 als gefährdet.
Der Verein "Naturpark Thüringer Wald" teilte dazu mit: "Diese Zahlen beziehen sich jedoch nur auf die kartierten Arten – man kann also nicht daraus ableiten, dass ein bestimmter Prozentsatz aller im Naturpark vorkommenden Arten gefährdet ist. Zudem ist anzunehmen, dass gefährdete Arten häufiger und gezielter erfasst wurden als ungefährdete."
Das Biosphärenreservat Thüringer Wald, das bekanntlich einen Teil des Naturparks abdeckt, verweist innerhalb eines Antrags auf Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat darauf hin, dass dort bislang 193 Pflanzenarten sowie 245 Tierarten der Roten Listen nachgewiesen wurden.
Um außerdem die Frage zu beantworten, welche konkreten Einflussfaktoren die im Naturpark lebenden Arten gefährden, bräuchte es nach Aussage des Naturpark-Vereins "eine großflächige Studie über einen großen Zeitraum hinweg". Dennoch nennt der Verein als konkrete Gefahren bzw. mögliche Risikofaktoren: den Verlust artenreicher Kulturlandschaften durch den Wegfall kleinbäuerlicher Strukturen und den damit verbundenen extensiv bewirtschafteten Wiesen und Weiden; den starken Befall durch Borkenkäfer; invasive Pflanzen- und Tierarten, den Tourismus sowie den Klimawandel.
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