Verrückte Welt: Es sieht erst mal nach einer Niederlage aus, aber halt nur vordergründig. Es wird viel über das "Scheitern" geschrieben und in manchen Artikeln wird RWE gar als zu Unrecht verunglimpft dargestellt, da die doch solche Fortschritte gemacht haben.... Grund genug, sich mehr zum Urteil zu informieren.
Und vielleicht mal darüber nachdenken: Der Bergsturz in Blatten passt da ganz gut ins Bild.
WWF Deutschland @wwf.de 27.5.25
Ein historisches Urteil ohne juristischen Sieg?
Seit heute wissen wir: geht!
Ein peruanischer Landwirt scheitert in Hamm mit seiner Klage gegen #RWE. Warum der Richter:innenspruch dennoch wegweisend ist im Kampf für eine lebenswerte klimagerechte Zukunft
Worum ging es?
Der peruanische Bergführer und Landwirt Saúl Luciano Lliuya hatte mit Unterstützung von @germanwatch.bsky.social Klage gegen den Energiekonzern #RWE eingereicht.
Warum? Als einer der größten CO2-Emittenten Europas ist der Konzern mitverantwortlich für die Klimakrise. Und damit auch für die Gletscherschmelze &-flut in seiner Heimatstadt Huaraz. So die Argumentation der Kläger.
Obwohl das Gericht das konkrete Risiko in dem Fall als nicht ausreichend bewertet hat, erkannte es erstmals die zivilrechtl. Verantwortung von Unternehmen für globale Klimafolgen an.
Genau das ist ein bedeutender Schritt im Kampf für Klimagerechtigkeit.
Unternehmen agieren nicht im luftleeren Raum – sie tragen Verantwortung für die Folgen ihres Handelns. Und Großemittenten wie #RWE geraten weiter unter Druck, endlich Verantwortung zu übernehmen!
Kommentar dazu: Stefan Tintera
Was genau besagt denn nun das Urteil - also was wurde abgewiesen, was wurde trotzdem festgestellt und bedeutet den "eigentlichen Sieg" - kann das jemand mal aus juristischer Perspektive laienverständlich kurz erklären? Chan-jo Jun, Prof. Dr. Remo Klinger?
Antwort Prof. Dr. Remo Klinger:
Das OLG hat es in seiner PM eigentlich gut zusammengefasst: https://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/14_26_PE_OLG_VT-Lliuya_RWE/index.php
Stefan Tintera
Steckt der Grund für den als Niederlage "verkleideten" Sieg also in dieser Passage, verstehe ich das richtig?
"In der mündlichen Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter Dr. Rolf Meyer, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch nach § 1004 BGB gegen die Beklagte haben könnte."
NTV hier
Vielbeachteter Prozess: Peruanischer Bauer scheitert mit Klima-Klage gegen RWE
Das Oberlandesgericht in Hamm sendet eigens eine Delegation nach Peru. Sie soll herausfinden: Gibt es dort das Risiko einer Flutwelle durch den Klimawandel? Nun sprechen die Richter ihr Urteil in einer Klima-Klage gegen RWE.
Die Klima-Klage eines peruanischen Landwirts gegen den Energiekonzern RWE ist vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm gescheitert. Das OLG erklärte, die Berufung des Kleinbauern und Bergführers Saúl Luciano Lliuya werde zurückgewiesen. Eine Revision dieser Entscheidung ist nicht möglich.
Lliuya wollte erreichen, dass sich RWE wegen seiner CO2-Emissionen finanziell an Schutzmaßnahmen für sein Haus gegen Folgen der Gletscherschmelze in den Anden beteiligt. RWE hat dies zurückgewiesen, Lliuyas 2015 eingereichte Klage scheiterte 2016 vor dem Landgericht am Konzernsitz Essen. Die Umweltschutzorganisation Germanwatch, die den Peruaner auch im aktuellen Berufungsverfahren unterstützt, wertete schon die Zulassung der Beweisaufnahme durch das OLG als Erfolg.
Nun entschied das Gericht gegen Lliuya, der im März für Anhörungstermine nach Hamm gekommen war. Er argumentierte zusammen mit der bekannten Umwelt-Anwältin Roda Verheyen, dass CO2-Emissionen von RWE-Kraftwerken zu der Gletscherschmelze beigetragen und damit das Überschwemmungsrisiko für sein Haus erhöht hätten. Dies liegt unterhalb eines Gletschersees in der Stadt Huaraz am Fuße der Anden. Dort gab es 2022 einen Ortstermin mit zwei Richtern des OLG. Gutachter nahmen unter anderem Bodenproben und machten Aufnahmen mit Drohnen.
Lliuya und sein Team führten an, dass der Anteil von RWE am von Menschen verursachten Klimawandel laut Studien bei knapp 0,5 Prozent liege und sich der Konzern entsprechend mit rund 17.000 Euro an Schutzmaßnahmen für das Haus in Volumen von über drei Millionen Dollar beteiligen müsse. Der Anteil wurde nach Angaben des Gerichts im Verlauf des Verfahrens auf 0,38 Prozent und die Summe damit auf rund 13.000 Euro gesenkt.
RWE: Haben uns an geltendes Recht gehalten
RWE kritisierte im Verlauf des Verfahrens, die Kläger wollten einen Präzedenzfall schaffen, wonach jeder einzelne Emittent von Treibhausgasen in Deutschland für Auswirkungen des Klimawandels weltweit rechtlich verantwortlich gemacht werden könnte. Dies solle selbst dann gelten, wenn er sich immer an die Vorschriften gehalten habe, erklärte der Konzern. "Wenn es einen solchen Anspruch nach deutschem Recht geben sollte, könnte man auch jeden Autofahrer in Haftung nehmen", so der Energie-Riese.
RWE setzte sich 2016 durch, denn das Landgericht Essen erachtete eine individuelle Zuordnung von Klimarisiken angesichts der Vielzahl von CO2-Emittenten als unmöglich. Doch das OLG nahm die Berufungsklage 2017 an.
Germanwatch spricht von Signalwirkung
Damit entschied das OLG Rechtsexperten zufolge, dass es die Klage zumindest grundsätzlich für schlüssig hält - zur Freude der Unterstützer des Landwirts. Laut Germanwatch geht es dabei um die Feststellung, ob einzelne Unternehmen mit hohen Emissionen entsprechend ihres Beitrags zum globalen Klimawandel für den Schutz Betroffener vor Klimarisiken aufkommen müssen. Der Fall habe eine Signalwirkung entfaltet wie keine andere Klimaklage, erklärte die Umweltschutzorganisation. "Es handelt sich um die weltweit einzige Klage auf unternehmerische Haftung für Klimarisiken, die es in die Beweisaufnahme geschafft und damit bereits Rechtsgeschichte geschrieben hat."
In dem Berufungsverfahren in Hamm mussten die Richter nun zunächst entscheiden, ob die Gefährdungslage für das Haus des Peruaners eine weitere Beweisaufnahme rechtfertige. Hätten sie dies bejaht, wäre das Verfahren fortgesetzt worden und die Richter hätten im nächsten Schritt über den Anteil von RWE an den Klimarisiken für den Peruaner entscheiden müssen.
Ein Sprecher von RWE hatte erklärt, dass der Konzern es nicht für zulässig halte, "spezifische Auswirkungen einer Klimaveränderung juristisch einem einzelnen Emittenten zuzurechnen". RWE habe sich zu jeder Zeit an in Deutschland geltendes Recht gehalten.
Lliuya und Germanwatch legten für ihre Klage den Anteil des Energiekonzerns an den weltweiten Treibhausgasemissionen seit Beginn des Industriezeitalters zugrunde. Diesen bezifferten sie unter Verweis auf Studien auf 0,38 Prozent.
Christian Stoecker hier auf LinkedIn
Hier erklärt Roda Verheyen, warum sie nach dem „verlorenen“ Prozess gegen #RWE wegen der Verantwortung des Konzerns für Klimaschäden „Tränen, aber vor Glück“ vergossen hat.
Das ist ein Präzedenzfall, der die Fossilbranchen sehr nervös machen wird. https://lnkd.in/eJuV7kd8
Christoph Bautz auf Linkedin
Das ist riesig: Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm legt fest, dass große Treibhausgas-Emittenten wie RWE in der Pflicht sind, Betroffene weltweit vor der Klimakrise zu schützen. Das heutige Urteil sendet somit ein starkes Zeichen – und könnte auch international erfolgreiche Klagen anstoßen. Eine kurze Einordnung.
Hintergrund der Klage ist folgende Geschichte: Ein See in den Bergen Perus kann jederzeit ausbrechen, weil zu viel Schmelzwasser das System zum Kippen bringt – eine direkte Folge des Klimawandels. Die Folgen für die Anwohner:innen wäre verheerend.
Diese Entwicklung wird durch die CO2-Emissionen befeuert und ist eine direkte Folge von RWEs Kohleverstromung. Landwirt Saúl aus Peru will deshalb ein Zeichen setzen und hat den deutschen Konzern RWE verklagt, stellvertretend für emittierende Unternehmen. Dass das nicht übertrieben ist, zeigt folgende Statistik eindrucksvoll: Laut EU-Umweltbehörden hat allein RWE in den letzten Jahren mehr CO2 freigesetzt, als das Land Peru insgesamt.
Und damit kommen wir zum OLG in Hamm. Auf den ersten Blick sieht das heutige Urteil aus wie eine Niederlage. Das OLG Hamm hat die Klage von Saúl abgewiesen. Aber dahinter verbirgt sich mehr.
Saúls Forderung: Eine Beteiligung an den Kosten für Schutzmaßnahmen vor der Klimakrise, vor dem schmelzenden Gletscher. Die Abweisung dessen ist ein Aspekt. Der Erfolg aber trotzdem riesig, denn: Die Zulassung zur Beweisaufnahme. Sie macht klar: Es gibt die Grundlage dafür, dass große Emittenten die Betroffenen vor den Folgen schützen müssen. Der Grund für die Abweisung war hier nur das laut dem Gericht “zu geringe” Risiko für Saúl.
Diese Entscheidung schafft einen wichtigen Präzedenzfall. Deutsches Zivilrecht ist im Kontext der Klimakrise anwendbar. Das gibt Klimaklagen gegen fossile Riesen wichtigen Rückenwind und schafft finanzielles Risiko für all jene, die die Transformation behindern.
Diesen Fortschritt hat Saúl gemeinsam mit Germanwatch e.V., der Stiftung Zukunftsfähigkeit und der Rechtsanwältin Roda Verheyen erkämpft. Danke für euren Einsatz! Auf dieser Basis kann es nun weitergehen. Denn fest steht: Wir geben nicht auf. Wir werden weitermachen, wir werden klagen, wir werden den fossilen Wahnsinn stoppen. Das hier war ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.
Tim Bleeker hier auf LinkedIn
Just in: Deutsches Gericht öffnet Tür für Klimahaftung von Unternehmen
Nach zehn Jahren (!!) Gerichtsverfahren hat das Oberlandesgericht Hamm ein Grundsatzurteil im Fall des peruanischen Landwirts Saul Luciano Lliuya v. RWE. gefällt. Laut einer Pressemitteilung von Germanwatch hat das Gericht anerkannt, dass große Treibhausgasemittenten grundsätzlich nach deutschem Zivilrecht haftbar gemacht werden können, wenn sie zu klimabedingten Schäden beitragen.
Obwohl die konkrete Klage wegen unzureichender Gefährdung des Eigentums des Klägers abgewiesen wurde, schafft das Urteil Berichten zufolge einen wichtigen Präzedenzfall: Große Konzernemittenten können die Verantwortung für die Auswirkungen des Klimawandels tragen.
Das Gericht:
✅ erkennt an, dass sich die Umweltverschmutzer nicht hinter politischer Untätigkeit verbergen können
✅ Bestätigt, dass Klimaverantwortung über nationale Grenzen hinausgeht
✅ Klarstellung, dass die Einhaltung von Genehmigungen die Haftung aus unerlaubter Handlung nicht ausschließt
✅ stellt fest, dass eine Rechenschaftspflicht auch für einen geringen Anteil am Gesamtschaden möglich ist
Ich versuche eifrig, das vollständige Urteil zu finden, aber hier sind meine ersten Gedanken auf der Grundlage der verfügbaren Informationen:
- Der Fall bestätigt viele Grundsätze aus früheren Urteilen, aber sein bahnbrechendster Aspekt ist die Bestätigung, dass eine zivilrechtliche Haftung für Klimaschäden nach geltendem Deliktsrecht rechtlich denkbar ist.
- Bisher führten erfolgreiche Klimafälle in erster Linie zu einstweiligen Verfügungen, einem zukunftsweisenden Rechtsbehelf, der sich auf die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens selbst konzentriert.
- Für eine Entschädigung muss man aber auch nachweisen, dass das Verhalten dem Kläger einen konkreten Schaden zugefügt hat - eine viel höhere Schwelle.
Der Fall verdeutlicht, wie schwierig es nach wie vor ist, diesen Kausalzusammenhang nachzuweisen.
Trotz Fortschritten in der Attributionswissenschaft ist die Kausalkette nach wie vor lang und komplex, mit vielen unsicheren Schritten zwischen Emissionen und individuellem Schaden.
Mehr Infos: https://lnkd.in/ebyfsEpt
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