Samstag, 4. Februar 2023

BODENSEEKREIS: Schwachstellen im neuen ÖPNV-Konzept

Südkurier   02.02.2023  hier

Der Kreistag hat unter dem Titel „Vision 2024“ den Ausbau des ÖPNV beschlossen. Eigentlich müsste das von der CDU-Fraktion eingebrachte Konzept „Vision 2026“ heißen. Bis dahin sollen Busse und Bahnen zu Hauptzeiten im Berufsverkehr im 30-Minuten-Takt fahren. Zu den übrigen Zeiten soll es ein verlässlicher Stundentakt sein. Doch manche Aufwertung im Fahrplan bewirkt bei genauerer Betrachtung sogar Verschlechterungen. 

VON KATY CUKO KATY.CUKO@SUEDKURIER.DE  

Das neue Konzept hat noch Lücken

Unter dem Titel „Vision 2024“ hat der Kreistag vergangene Woche den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) beschlossen. Genau genommen müsste das von der CDU-Fraktion eingebrachte Konzept „Vision 2026“ heißen. Denn bis dahin sollen Busse und Bahnen zu den Hauptzeiten im Berufsverkehr im 30-Minuten-Takt fahren, und zwar im ganzen Bodenseekreis. Zu den übrigen Zeiten soll es ein verlässlicher Stundentakt sein. So will es das Land, so will es der Kreistag. Doch der Teufel steckt im Detail. Manche Aufwertung im Fahrplan ergibt bei genauerer Betrachtung sogar Verschlechterungen gegenüber dem heutigen Zustand. Der SÜDKURIER hat das Landratsamt detailliert um Stellungnahme zu fünf Thesen gebeten.

Gemeinden bleiben schlecht verbunden: Wenn der ÖPNV eine echte Alternative zum Auto sein soll, braucht es nicht nur Verbindungen in die Städte. Im Bodenseekreis gibt es immer noch Gemeinden, die untereinander mehr schlecht als recht verbunden sind. Wer beispielsweise von Oberteuringen nach Deggenhausertal oder nach Tettnang fahren will, muss mindestens zwei Mal umsteigen und ist bestenfalls anderthalb Stunden unterwegs. Daran bessert sich mit dem neuen Konzept nichts. ...... 

 Der Takt allein macht’s nicht attraktiv: Ein attraktiver Takt allein liefert noch keine attraktive Verbindung. Ein Beispiel: Die Seelinie 7395 zwischen Friedrichshafen und Überlingen wird von Fahrgästen gern und oft genutzt und soll künftig sogar alle 15 Minuten fahren. Bis vor zwei Jahren fuhren die Busse bis zum Landungsplatz in Überlingen und zum Hafenbahnhof in Friedrichshafen, also direkt bis zu den Schiffsanlegern. Jetzt allerdings hält die Seelinie nur noch einmal stündlich in den Häfen, also nur noch jeder dritte Bus......

 Die Verbesserungen zeigen sich noch nicht im Fahrplan: Das im Kreistag verabschiedete Konzept umfasst viele Linien, aber keine darauf aufbauenden Fahrpläne. Der Fahrgast will aber wissen, wie lange er von A nach B unterwegs ist und vor allem, wie oft er umsteigen und dann auf den Anschluss warten muss. Damit bleibt die „Vision 2024“ vorerst sehr unkonkret. ....

 Das neue Konzept betrifft fast nur RAB-Linien: Schon im Antrag der CDU-Fraktion im Kreistag zur „Vision 2024“ steht, das Landratsamt möge „mit der RAB die Umsetzung der nachfolgenden Fahrplanvorschläge besprechen“. Tatsächlich betreffen sämtliche Verbesserungen im Liniennetz nur Strecken, die von der RAB bedient werden, außer Linie 200. Damit bleibt der Ostteil des Bodenseekreises bei der „Vision 2024“ nahezu außen vor. ....

 Fahrgäste und Touristiker hätten einbezogen werden müssen: Der neue Fahrplan der Linie 100 ließ den Gemeinderat in Uhldingen-Mühlhofen dagegen protestieren. Laut Landratsamt wurden alle 23 Städte und Gemeinden im Kreis gebeten, die Vorschläge zu bewerten. .... Auf welcher Basis wurden die Verbesserungen beschlossen?

Fazit

Das Kreiskonzept wirkt streckenweise wie ein Schnellschuss und kann nur der Anfang sein. So sieht es die Kreisverwaltung im Prinzip selbst. Es handele sich um ein „atmendes System, das von uns laufend evaluiert wird, um aktuelle Entscheidungen vielleicht auch mal korrigieren, aber vor allem weiter verbessern zu können“. 

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