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Klimapolitik wird in Wien zu Wochenbeginn mit Frühstückgebäck verhandelt, mit Kipferln und mit Semmeln. Eigentlich wäre die Sache ziemlich unterhaltsam – wäre die Diskussion nicht gleichzeitig so frustrierend.
In Kurzfassung: Am ersten angekündigten Protesttag der Letzten Generation organisierte Staatssekretärin und Obfrau der Jungen ÖVP Claudia Plakolm eine Gegenaktion. Kurz bevor sich die Aktivistinnen und Aktivisten auf der Rechten Wienzeile auf Höhe des Naschmarkts auf die Straßen klebten, verteilte Plakolm am Schwedenplatz, einer anderen viel befahrenen Verkehrsachse, weiße Papiertüten mit Butterkipferl an wartende Autofahrer und Autofahrerinnen. Einen Fotografen hatte sie selbstverständlich mitgebracht. Es ging darum, ein Bild zu inszenieren. Die Ironie an der Sache: Sie war zu Beginn der Klebe-Aktion bereits wieder in ihrem Büro, mit den weißen Papiertaschen hatte sie den gewöhnlichen Frühverkehr bedient, nicht den Stau, den die Letzte Generation verursacht hatte.Die Junge ÖVP, mit der Plakolm die Aktion organisierte und die auch die Kipferl samt Flyer finanzierte, erklärte in einer Aussendung, sie sei für „Innovation“, statt „Provokation“.
An dieser Stelle reichte es Fridays for Future. Sie besuchten kurzerhand am Dienstag in der Früh die Parteizentrale der ÖVP in der Lichtenfelsgasse und brachten Semmeln mit, die sie allen anboten, die an dem Gebäude vorbeikamen. „Semmeln für eine versemmelte Klimapolitik“, erklärten die Aktivistinnen und Aktivisten. Technische Innovation alleine werde es nicht richten, ließen sie Plakolm wissen. Der Weltklimarat (IPCC) gibt ihnen recht. Die Forschenden betonen, dass Innovation und "sogar schneller technischer Fortschritt" nicht mehr reichen werden, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Sollten solche Basics nicht längst bekannt sein? Zumindest in Regierungsparteien?
Diese Frage haben wir vergangene Woche auch in unserem Podcast "Edition Zukunft Klimafragen" mit dem Politologen Reinhard Steurer diskutiert. Er spricht über Scheinklimaschutz und über falsch gestellte Fragen. Etwa in der Diskussion um Tempo 100 dürfe es nicht mehr bloß darum gehen, ob die Menschen lieber mit 100 oder mit 130 km/h unterwegs sind. "Die Frage müsste lauten: Sind Sie für Tempo 100 oder einen deutlich höheren CO2-Preis, der uns hilft, die Verkehrsemissionen bis 2030 zu halbieren?“, so Steurer. Irgendwie muss die Reduktion der Emissionen schließlich gelingen.
Davon, wozu das globale Versagen im Klimaschutz führt, erzählt uns diese Woche ein Oktopus aus der Antarktis. Und auf etwa halbem Weg zwischen der Erde und der Sonne suchen Forschende nach Möglichkeiten, um die Erderhitzung mit Mondstaub zu stoppen. Außerdem haben wir eine Geschichte zu eingeflogenem Obst recherchiert.
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