Frankfurter Allgemeine Zeitung hier Artikel von Hendrik Kafsack • 14.2.23
Die EU läutet das Ende des Verbrennungsmotors ein. Das Europaparlament hat am Dienstag in Straßburg mit 340 Stimmen, 279 Gegenstimmen und 21 Enthaltungen dafür gestimmt, von 2035 nur noch Wagen mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb neu zuzulassen. Für neue Autos und leichte Nutzfahrzeuge mit Benzin- und Dieselantrieb ist damit Ende 2034 Schluss. Das gilt auch, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels betrieben werden.
Als Zwischenziele soll der CO2-Ausstoß von Autos bis 2030 um 55 Prozent verglichen mit 2021 sinken. Für leichte Nutzfahrzeuge ist das Zwischenziel 50 Prozent. Das Parlament stellte sich damit hinter einen im Herbst mit dem Ministerrat der Mitgliedstaaten ausgehandelten Kompromiss zum Kommissionsvorschlag von 2021.
Viele Jobs seien gefährdet
Über die neuen CO2-Grenzwerte und das Verbrenner-Aus hatte es zuvor heftigen Streit gegeben. In der Bundesregierung hatte die FDP auf eine technologieoffene Lösung gedrungen, die es ermöglicht hätte, Verbrenner mit E-Fueles weiterzufahren. Das fand am Ende aber nur Eingang in einen rechtlich nicht bindenden, sogenannten Erwägungsgrund. Der fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, wie Autos nach 2035 doch noch mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werden könnten.
Wie das zu verstehen ist, ist umstritten, da das an Bedingungen geknüpft ist. „Die Kommission macht bisher nicht den Anschein, dass sie ernsthaft einen Vorschlag auf den Weg bringen will“, gestand der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen ein. „Das Parlament hat die letzte Ausfahrt verpasst“, sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke. Die Technologieoffenheit komme unter die Räder. Hunderttausende Jobs seien gefährdet. Das von Liberalen, Grünen und Sozialdemokraten gegebene Versprechen, dass auch neue Jobs entstünden, gehe nicht auf. Neue Batteriefabriken entstünden eher in Kanada und den USA. „Europa meldet sich zurück im Rennen um die reichweitenstärksten Batterien und modernsten Autos, da wir jetzt einen klaren Rahmen für die Autoindustrie haben, der Kurs auf die Elektromobilität nimmt“, sagte Michael Bloss von den Grünen.
Nach den Autos will die Kommission nun auch bei den CO2-Grenzwerten für Lastwagen und Busse nachsteuern. Sie will noch am Dienstag in Straßburg einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen. Anders als bei den Autos verzichtet sie dieses Mal dem Vernehmen nach allerdings auf ein faktisches Verbot des Verbrennungsmotors. Stattdessen soll der Ausstoß bis 2040 um 90 Prozent verglichen mit 2019 sinken. Zuvor soll der CO2-Flottengrenzwert bis 2030 um 45 Prozent zurückgehen. Bis 2035 sollen es 65 Prozent weniger sein.
Das ist verglichen mit derzeit geltenden Grenzwerten eine spürbare Verschärfung. Bisher sollte der Ausstoß bis 2030 „nur“ um 30 Prozent sinken. Auch dieser Vorschlag muss nun noch von Europaparlament und Ministerrat beraten werden. Erst wenn beide Institutionen eine gemeinsame Position gefunden haben, kann er in Kraft treten.
Die CO2-Vorgaben für Autos, Busse und Nutzfahrzeugen sind Teil einer Reihe von europäischen Gesetzesvorhaben für die Automobilindustrie. Für Aufregung haben zuletzt vor allem die neuen Abgasgrenzwerte für Autos und Lastwagen (Euro 7) gesorgt. Dabei geht es nicht um den Klimaschutz, sondern um Luftqualität und Gesundheit. Zu dem von der Kommission im Herbst vorgelegten Vorschlag hatte sich zuletzt sogar die grüne Umweltministerin Steffi Lemke kritisch geäußert, insbesondere mit Blick auf die kurzen Einführungsfristen. Die Automobilbranche warnt, dass die Kosten für die Verbesserung der Abgaswerte die nötigen Investitionen in die Elektromobilität bremsen.
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