Von Dorothee L. Schaefer in der Schwäbischen Zeitung hier
Auch Wangen war voll!
Informativ, empathisch und erkenntnisreich zeigt der Film die Geschichte der Klimaaktivisten
Glücklich über die Dokumentation von Bernadette Hauke und Christian Fussenegger (Mitte) sind die Aktivisten der Waldbesetzung und vom Klimacamp Ravensburg zusammen mit dem Publikum in der Linse.
Ausverkauft ist die Linse in Weingarten am Samstag zur „Weltpremiere“ der Filmdoku „Von Menschen die auf Bäume steigen“. Der große Saal brummt vor gespannter Erwartung und es gibt immer wieder spontanen Szenenapplaus während der Vorstellung. Eine Atmosphäre von Mitgehen, Sympathie, Nachdenklichkeit und viel aktivem Erleben nebst vermittelter Erkenntnis füllt den Raum und formt die Zuschauerinnen und Zuschauer zu einer gesprächsintensiven Gemeinschaft.
Durch einen Artikel über die Besetzung im Altdorfer Wald bei Vogt Ende Februar 2021 in der „Schwäbischen Zeitung“ war der Dokumentarfilmer und Regisseur Christian Fussenegger, aus Wangen stammend und in Berlin tätig, auf die Aktion der jugendlichen Aktivistinnen und Aktivisten aufmerksam geworden. Zusammen mit Bernadette Hauke, seit über 20 Jahren als Autorin und Regisseurin sowie Produzentin von Dokumentarfilmen für das Fernsehen bekannt, ist in eineinhalb Jahren eine Doku von 93 Minuten Dauer entstanden.
Zu zeigen, dass diese Jugendlichen, die bei Beginn der Aktion noch nicht einmal volljährig waren - wie der Initiator Samuel Bosch oder die nur ein Jahr ältere Charlie Kiehne -, keine verpeilten Spinner sind und auch keine Baumkletterer im Abenteuerwald, die den Thrill bei ihren Aktionen suchen, war nicht vordringliches Ziel dieses sehr sorgfältig gemachten Films, der einen sofort in seinen Bann zieht.Nur etwa fünf Prozent des gesamten Materials habe er für den Film verwendet, sagt Fussenegger. Und die haben es in sich und bleiben in jeder Sequenz spannend. Nach einem Drohnenflug über den Altdorfer Wald zeigt er eine Szene mit der Besteigung des Brandenburger Tors. Genial geschnitten, es gibt viel harte Cuts, Wechsel von öffentlichen Aktionen wie den Baumbesetzungen in Ravensburg und Weingarten zum Leben, Wohnen und Kochen im Wald, dem Entrollen eines Transparents an der Basilika oder dem Containern von weggeworfenen Lebensmitteln auf Supermarktgelände, von denen die Waldbewohner leben und die sie öffentlich verteilen.
Aber es gibt auch Gespräche mit Anwohnern und Betroffenen des donnernden Schwerlastverkehrs, die sich schon jahrzehntelang gegen den Kiesabbau wehren und voll hinter den Aktionen stehen. Oder eine „sehr freiwillige“ Diskussion mit drei Geschäftsführern von internationalen Unternehmen bei einer geführten Besichtigung im Wald.
Respekt und Bewunderung verlangen die Netzwerkbildung, die Unterstützung durch die Familie und Juristen und die zunehmende „Professionalisierung“ der Aktivisten ab: peinlich genau ergründen sie die Lücken im Gesetz, sind sie immer bedacht, Sachbeschädigung zu vermeiden, aber andere und sich selbst auch nicht in Gefahr zu bringen.
Erkenntnisreich sind die Statements von Betroffenen und Sympathisanten zur Wichtigkeit der Qualität des Wassers, zur Verschwendung von Lebensmitteln - wer könnte das nicht vollen Herzens unterschreiben? Getragen ist der ganze Film von diesem Respekt: vor der Natur, die in wunderschönen Landschaftsaufnahmen und in der Qualität der Stille überwältigt, vor den jungen und alten Menschen, die etwas Unwiederbringliches schützen wollen und vor einem Thema, das einfach alle Menschen angeht.Und wann wird endlich gehandelt?, wird sich jede und jeder Zweite im Kino gefragt haben. Es gibt Hoffnung, heißt die gelassene Antwort.
Weitere Vorführungen am Montag, 27. Februar, um 19.30 Uhr im Gemeindezentrum St. Ulrich in Wangen, am 28. Februar um 18 Uhr im Kino Seenema in Bad Waldsee, am 2. März im Stadtteilhaus Gaisental in Biberach und am Mittwoch, 31. Mai, im Humboldt-Haus in Achberg. Und man kann ihn ausleihen unter:
menschenaufbaeume. film@gmail.com.
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