BODENSEEKREIS: Bahnverkehr läuft ohne Chaos
Das durch das Neun-Euro-Ticket befürchtete Chaos im Bahnverkehr blieb über die Pfingstfeiertage zwischen Friedrichshafen und Überlingen aus. Während bei Stichproben am Sonntag und Montag auf verschiedenen Strecken noch viel Platz in den Zugabteilen war, kam es eher in den Bussen zu dicht gedrängten Verhältnissen. Fahrgäste zeigten sich gegenüber dem SÜDKURIER begeistert vom Ticket, nutzten es aber vor allem für Ausflüge.
06.06.2022 | KOMMENTARE: NEUN-EURO-TICKET : Segen statt Fluch
Das Wichtigste zuerst: Sylt steht noch. Und im Bodensee ist
auch noch Wasser.
Die per Neun-Euro-Ticket angespülten Gäste
hinterlassen keine bleibenden Schäden.
Im Gegenteil: Man kann sich auch
einfach mal freuen, dass diese Leute hierhin wollen.
Ja, auf die
Bahn kann man immer schimpfen, auch wenn sie an diesem Wochenende ihr
Möglichstes getan hat. Und es nervt, wenn in der vollen Schwarzwaldbahn
ein Mann mit seinem Fahrrad unangemessen viel des knappen Platzes
einnimmt – was der Autor dieser Zeilen miterlebt hat. Andererseits:
Dieser Radler war um fünf vor fünf Uhr in der Früh im mittelhessischen
Bad Nauheim aufgebrochen, nur um bis zum Nachmittag nach mehreren
Umstiegen irgendwie am schönen Bodensee anzukommen. Würde ich dasselbe
auf mich nehmen, um umgekehrt in den hessischen Kurort zu fahren? Sagen
wir mal so: selbst ausgeschlafen eher unwahrscheinlich.
In einer
touristisch attraktiven Region zu wohnen: Es ist und bleibt mehr Segen
als Fluch.
Große Reiselust sorgt für volle Züge
...Besonders hoch war die Auslastung im Regionalexpress 2 (RE 2), der Konstanz über die Schwarzwaldbahn mit Karlsruhe verbindet. Bahnreisende schilderten dem SÜDKURIER teils chaotische Szenen etwa in Villingen-Schwenningen und auf dem Abschnitt zwischen Singen und Konstanz. Dabei reichten die Erfahrungen von einfachem Gedränge bis hin zu Türen, die sich wegen des Gedränges nicht mehr schließen ließen.
Nach Auskunft von Reisenden waren Züge zeitweise zudem so voll, dass Kunden teilweise nicht mehr mitgenommen werden konnten. Auch mit der Fahrradmitnahme hat es abschnittsweise Probleme gegeben. ...
Nicht überall gleicher Andrang
Bei einigen Reisenden sorgten die teilweise entstehenden Verzögerungen für Frust, viele ließen sich die Laune jedoch trotz des Gedränges nicht verderben. .... Aber trotzdem: „Als wir den See gesehen haben, wurde es ruhig im Abteil, denn jeder hat nur gestaunt“, sagte Henn nach Ankunft am Konstanzer Bahnhof dem SÜDKURIER. Viele Reisende freuten sich auch schlichtweg über die teils deutliche Geldersparnis durch das Ticket. Auch am östlichen Bodenseeufer zwischen Lindau, Friedrichshafen und Überlingen waren die Züge am Wochenende gut gefüllt, hier blieb ein größeres Chaos jedoch aus, ebenso im Städteschnellbus zwischen Konstanz und Friedrichshafen. Eine Bahnsprecherin machte zudem darauf aufmerksam, dass das Pfingstwochenende ohnehin immer ein reisestarkes sei, gerade was touristische Ziele wie eben den Bodensee angehe. Auch die Bundespolizei zog für die Region ein recht positives erstes Wochenend-Fazit: Gedränge und Frust habe es gegeben, so ein Sprecher – aus polizeilicher Sicht sei es aber ruhig geblieben.
Zudem gibt es erste Gegenmaßnahmen gegen das Gedränge: Die Schweizer Bundesbahnen (SBB) haben angekündigt, dass ab 25. Juni mehr und längere Züge auf der Seehas-Strecke zwischen Konstanz und Engen eingesetzt werden. Das solle bis 11. September so bleiben, informierte ein Sprecher, Details folgen noch.
Bahnchaos über Pfingsten bleibt aus
Fr. Reiner und Fr. Santini haben die Reisenden interviewt und sind laut Artikel größtenteils auf Begeisterung gestoßen. Hier ein paar kurze Auszüge:
....Beide sind begeistert von den günstigen Tickets. „Ich zahle normalerweise von Singen nach Friedrichshafen schon mehr als 5 Euro”, sagt Kretschmer. Spateneder nennt 17 Euro von ihrem Wohnort nach München als Beispiel: „Und dabei fahre ich auch da mit dem Bummelzug.” Am Bodensee fahre ja gar nichts anderes, ergänzt Kretschmer. Somit sei das Neun-Euro-Ticket hier ideal geeignet.
... „Große Pläne gemacht habe ich nicht, aber das lohnt sich ja schon, wenn man hier damit rumfährt. Ich fahre öfter mit dem Städteschnellbus nach Konstanz, da hat sich das Ticket nach einer Hin- und Rückfahrt bereits gelohnt.” Dass Menschen sich bereits im Vorfeld beschwert hätten, dass die Züge zu voll werden könnten, kann sie nicht verstehen. „Ich finde es gut, dass es dieses Angebot gibt und man wirklich etwas davon hat”, sagt sie.
... „Aber hier im Bus haben wir uns direkt als Erstes die Tickets geholt”, erklärt sie, für das Herumfahren vor Ort sei das eine prima Möglichkeit.
....Walter Reiner steigt in Markdorf zu und freut sich darüber, dass viele Autofahrer durch das Angebot nun doch von der Straße auf die Schiene wechselten. „Mir geht es dabei nicht um die 9 Euro. Es hätten auch 20 Euro sein können; die hätte ich auch gerne bezahlt.” Er mache mit seiner Frau öfter Ausflüge, sei leidenschaftlicher Radfahrer. Eine große Umstellung bewirke das günstige Zugticket daher für sie nicht, sie nutzten es allerdings voll aus: „Wir haben zum Beispiel sonst die Fahrräder in unseren VW Bus gepackt und sind irgendwohin gefahren, um eine Tour zu machen. Jetzt fahren wir mit den Fahrrädern im Zug an den Startpunkt.”
..... Er findet das Ticket eine „tolle Sache“, auch wenn man nur die Regionalzüge und Busse nutzen darf. ....
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen