22.06.2022 DPA im Südkurier
Rülke wegen Falschbehauptung unter Druck
„Sie sind so ziemlich das Peinlichste, was Baden-Württemberg zu bieten hat“, kommentiert ein Nutzer am Mittwoch auf Facebook einen Beitrag von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. In dem Bild geht es um die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, um Elektroautos, Kobalt, Gold – und Behauptungen, die so gar nicht stimmen.
So wird etwa behauptet, Thunberg setze sich für eine Elektroauto-Pflicht ein und fördere damit auch gefährliche Kinderarbeit für die Produktion von E-Autos. Das zumindest suggeriert eine von Rülke kommentarlos auf Facebook verbreitete Bildkombination.Rülke ist nicht gerade zurückhaltend, wenn es um politische Angriffe geht. Und er sieht die Elektromobilität mehr als kritisch, warnt immer wieder vor einer einseitigen Festlegung auf diese Technologie, kritisiert schon lange eine angebliche Klima-Ideologie und die umweltschädliche Herstellung etwa der Batterien.
Nun postet Rülke diese Woche das Bild. Die obere Hälfte der Bildkombination zeigt Thunberg bei einer Rede vor blauem Hintergrund mit dem Satz „I demand everyone drive electric cars now!“ („Ich fordere, dass jeder sofort Elektroautos fährt“). In der unteren Hälfte sind dreckige Kinder in einer Schlammgrube in Afrika zu sehen, neben einem ernst dreinblickenden Jungen steht der Satz: „We’re mining the cobalt for your batteries as fast as we can, Greta.“ („Wir bauen das Kobalt für deine Batterien so schnell wie möglich ab, Greta.“). Die Bildkombination kursiert bereits länger im Netz. Es handelt sich dabei um Fake News.
Nach Recherchen der dpa-Faktencheck-Redaktion gibt es keine Belege dafür, dass Thunberg je eine Pflicht für Elektrofahrzeuge gefordert hat. Das Bild zeigt die Schwedin bei der UN-Klimakonferenz 2019 in Madrid. Bei ihrer Rede sprach sie allerdings nicht über E-Autos. Der Vorwurf, dass Fahrer von E-Autos für mehr Kinderarbeit sorgen, existiert schon länger. Dabei geht es vor allem um den Kobaltabbau im Kongo. Kobalt ist ein Metall, das unter anderem für Batterien in E-Autos benötigt wird, aber auch für Handy- und Laptop-Akkus. Der Kongo hat die weltweit größten Kobalt-Vorkommen. Kobalt wird dort oft auch von Kindern unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, wie etwa Amnesty International kritisiert.
Das Foto aus Afrika ist aber irreführend, denn es zeigt Kinder beim Abbau von Gold – und nicht von giftigen Materialien für die E-Auto-Produktion. Es wurde 2014 von einem Fotografen der französischen Nachrichtenagentur AFP in einer Goldmine in Afrika aufgenommen. Kritik an der Herstellung von Batterien gibt es durchaus – das gilt jedoch nicht nur für E-Autos, sondern auch etwa für Elektrogeräte. Der erweckte Eindruck, Thunberg sorge mit ihren Forderungen für mehr Kinderarbeit, ist nicht richtig.
Im Netz und vom politischen Gegner wird Rülke für den Post nun heftig kritisiert, ihm werden Populismus und AfD-Methoden vorgeworfen. „Die AfD im Land sucht einen neuen Vorsitzenden und Herr Rülke bewirbt sich via Facebook darauf“, schimpft die CDU-Generalsekretärin Isabell Huber. „Wenn dieser Mann noch einen Funken Anstand hat, muss er sich für diesen Post entschuldigen.“ Auch aus der SPD kommt heftige Kritik an dem Rülke-Post. „Wir halten diesen Beitrag für völlig inakzeptabel“, sagte der SPD-Generalsekretär Sascha Binder. Der FDP-Fraktionschef verlasse mit der Verbreitung solcher Beiträge den Grundkonsens einer demokratischen Debattenkultur.
Rülke aber denkt nicht an eine Entschuldigung. „Den Post habe ich nicht geschaffen, sondern geteilt“, teilte er am Mittwoch mit. „Solche Posts überspitzen immer. Es ging darum, ins Bewusstsein zu rücken, dass es beim Kobalt-Abbau in Afrika Kinderarbeit gibt, worüber zu wenig geredet wird. Wenn sich dies nun ändert, ist es gut!“
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