Um es vorweg zu nehmen: Es geht in die richtige Richtung, aber nicht alles, was Hr. Weizäcker zu sagen hat, finde ich so richtig gut. An manchen Stellen scheint er irgendwie nicht so richtig zu Ende gedacht zu haben....
Auch bei seiner Interpretation, Deutschland sei doch "nur" für 2% der CO2-Emissionen verantwortlich und daher seien CO2 -Einsparungen in Deutschland selbst nur von untergeordneter Bedeutung - da kräuseln sich bei mir die Zehennägel.
Weiß er etwa nicht, dass viele Emissionen in den Entwicklungsländern auf deutsche Verbraucher zurück zu führen sind? Ganz so bedeutungslos ist das für die Statistik nicht, will mir scheinen. (siehe dazu hier) Entscheidend ist der pro-Kopf-Verbrauch pro Einwohner (siehe dazu hier) und da sind wir Deutschen in der Spitzenklasse mit dabei. Unser Sparen wäre von sehr großem Nutzen für die Welt.
Dazu gibt es eine gute interaktive Demo vom Tagesspiegel: "Wer das Klima am meisten schädigt .." hier
Spannend finde ich seinen Blick zurück auf die Einführung der EEG-Umlage. Heute kann man sich gar nicht mehr so richtig erklären, mit welcher Begründung die Erneuerbaren damals so (erfolgreich) gestutzt wurden. Und sein Rückblick auf die Aussagen des Club of Rome (hier im Post herausgekürzt, aber durch den Link zu finden), das ist eine eigene Geschichte. Ich kann mich noch gut an die Thesen erinnern und kann mich nur wundern, wie er, als damals führender Wissenschaftler, heute darüber spricht - sowohl über eigene Fehleinschätzungen als auch über jahrzehntelanges politisches Versagen.
Im Großen und Ganzen scheint die Idee des CO-Budgets jedoch auch in anderen Köpfen Gestalt angenommen zu haben. Ich denke da an unsere Außenministerin Baerbock und an unsere Entwicklungsministerin Schulze, die sich, im Zusammenhang mit der 3. Welt, beide in dieser Richtung äußerten. Warum sonst sollte A. Baerbock den Posten der Außenministerin wählen - wenn den Grünen doch auch das Verkehrsministerium so sehr am Herzen lag... aus gutem Grund wie wir inzwischen wissen. Ich denke an die Anliegen von Wirtschaftsminister Habeck (hier) bei seiner Reise nach Israel.
23.06.2022, 14:29 Uhr hier in NTV
Klimaschutz mit Budget-Ansatz
Ernst Ulrich von Weizsäcker
macht bei Klimakonferenzen drei unterschiedliche Gruppen aus: Länder
wie Deutschland, die Niederlande oder Schweden, die ernsthaft
Klimaschutz betreiben. Länder wie China und Japan, die sich seit einiger
Zeit ebenfalls dafür interessieren. Und eine große Gruppe, die sagt:
"Macht ihr Klimaschutz, wenn euch das so wichtig ist. Wir wollen den
Hunger überwinden." Im "Klima-Labor" von ntv stellt der Physiker, Politiker und frühere Co-Präsident des Club of Rome
ein Konzept vor, mit dem er diesen Stillstand überwinden will: den
Budget-Ansatz. Daran würden sich nicht nur die wohlhabenden Länder des
globalen Nordens beteiligen, sondern auch die pazifischen Inseln,
Ägypten, Bangladesch oder Costa Rica, ist er überzeugt. Warum? "Weil sie
feststellen, dass sie durch Klimaschutz reich werden."
......Man hat plötzlich nach Alternativen gesucht?
Richtig. Es
ist schon ab 1977 ungefähr eine gewaltige Verbilligung der
Sonnenenergie eingetreten. Der zweite große Verbilligungsschritt war das
Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das ist dann aber schon wieder
konstruktiver Klimaschutz (?)
Wenn
man schon damals festgestellt hat, dass man die Energie der Sonne
nutzen könnte, ist dann rückblickend nicht vieles falsch gelaufen?
Deutschland hat die Solarenergie schließlich schon vor 20 Jahren
salonfähig gemacht, dann ist die komplette Industrie aber nach China abgewandert und jetzt suchen wir händeringend nach Solaranlagen, die wir aufstellen können.
Das
ist so nicht ganz richtig. Die Solarenergie war 2000, als wir das EEG -
ich war damals Mitglied im Deutschen Bundestag - beschlossen haben,
wahnsinnig teuer. Eine Kilowattstunde kostete zwei D-Mark, also einen
Euro. Jeder mit ökonomischer Vernunft sagte: Das ist viel zu teuer! Aber
mein Freund Hermann Scheer hatte eine geniale Idee: Das wird rasch
billiger, wenn wir eine kostendeckende Vergütung anbieten. Das hat sich
bewahrheitet. Heute kostet Solarenergie in Deutschland fünf Cent pro
Kilowattstunde. Eine gigantische Leistung. Dass die industrielle
Produktion, die Massenfertigung von Solarzellen, nach China ausgewandert
ist, ist für die Solarisierung irrelevant. Im Gegenteil. Für
Deutschland ist es gut, dass wir billige Zellen aus China kaufen können.
Kommen wir noch einmal auf die Ursprungsfrage zurück: Wir müssen unsere Klimabotschaft ändern. Wie soll die neue denn lauten?
Jetzt
kommen wir zu Klima-Außenpolitik. Bei den jährlichen Klimakonferenzen
sieht man, dass Länder wie Deutschland, die Niederlande, England,
Schweden oder auch Italien, Spanien und zunehmend auch China und Japan
ernsthaft an Klimaschutz interessiert sind. Aber drei Viertel der Welt,
die sogenannten G77-Länder, sagen: Wir haben andere Sorgen. Macht ihr
Klimaschutz, wenn euch das so wichtig ist. Wir wollen den Hunger
überwinden.
Mit Überredung und moralischem Zeigefinger wird sich
fast nichts bewegen. Wenn wir die globale Erwärmung ernsthaft stoppen
wollen, müssen wir Klima-Außenpolitik machen. Deutschland ist für zwei
Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Es reicht nicht,
die auf anderthalb oder ein halbes Prozent zu reduzieren. Das wäre
großartig, aber für den Wettergott sind die übrigen 98 Prozent viel
wichtiger....
Und wie soll diese Klima-Außenpolitik aussehen?
Wir müssen einen Club gründen, bei dem der reiche Norden und der ärmere Süden ein gemeinsames Ziel haben. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen"
hat dafür schon 2009 einen genialen Vorschlag gemacht: das
Budget-Prinzip. Man rechnet aus, wie groß das Budget der Verschmutzung
durch CO2 und dergleichen ist. Von dem Weltbudget erhalten alle Länder
einen pro Kopf gleich großen Anteil. In Deutschland, England, Italien,
Frankreich oder Polen stellt man dann sorgenvoll fest, dass das Budget
bereits verfrühstückt ist. Also müssten wir auf Länder wie Indien,
Paraguay oder Kamerun zugehen und sagen: Hättet ihr noch ein paar
CO2-Lizenzen, die wir kaufen können?
Eine Art Emissionshandel?
Ja. Aber nicht die hochproblematische Sorte, bei der die deutsche Industrie anfangs Zertifikate geschenkt
bekommt. Nein, wir haben kein Budget mehr und müssen uns Lizenzen
kaufen. Dann pendelt sich irgendein Marktwert ein, den man verhandeln
kann, und der indische Wirtschaftsminister, der jede Menge neue
Kohlekraftwerke plant, würde stattdessen vielleicht erneuerbare Energien
ausbauen
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