Donnerstag, 16. Juni 2022

ÜBERLINGEN: Starkes Engagement für Streuobstwiesen

Das vielfältige Engagement der Dorfgemeinschaft Hödingen in Sachen Pflege der Kulturlandschaft und Streuobstwiesen ist von Erfolg gekrönt. Um die 120 teils selten gewordenen Apfel- und Birnensorten gedeihen rund ums Dorf. Um ein gemeinsames organisatorisches Dach zu schaffen, wurde 2012 der Verein zur Erhaltung der Kulturlandschaft Hödingen gegründet. Dies erleichterte es, Fördergelder für die Landschaftspflege zu beantragen. 

14.06.2022  |  VON HANSPETER WALTER UEBERLINGEN.REDAKTION@SUEDKURIER.DE  hier

Sie pflegen die Kulturlandschaft

Runde Jahrestage kann Überlingens Panorama-Teilort Hödingen im Dreierpack begehen. Vor 15 Jahren begann die enge Kooperation mit dem Biotopverbund Bodensee der Heinz-Sielmann-Stiftung, vor zehn Jahren formierte sich der Verein zur Erhaltung der Kulturlandschaft Hödingen und vor fünf Jahren lernten die ersten kleinen Waldrappe beim Sportplatz fliegen, die schnell zum symbolischen Wappentier des Dorfes wurden. Hier identifizierte sich nicht nur der Verein schnell mit dem spektakulären Wiederansiedlungsprojekt, unterstützte das Waldrapp-Team bei der Standortsuche, betreute dieses zwei Mal während der Aufzucht der Jungen und warb viele Sympathisanten.

Vielfältige Aktivitäten

Die Aktivitäten und deren Ergebnisse zeigen, was eine Dorfgemeinschaft erreichen kann, wenn viele Bürger an einem Strang ziehen. Hin zu einem lebenswerten und naturverbundenen Ort, der seine Privilegien – die Panoramalage und die gewachsene Kulturlandschaft – mit Hilfe von Fachleuten gekonnt in die Waagschale wirft und an Attraktivität gewonnen hat. Nicht nur als beliebtes Ausflugsziel mit besonderem Ausblick für Einheimische und Gäste, sondern als Hort gepflegter Streuobstwiesen mit einer hohen Biodiversität, was Pflanzen und Tiere angeht.

Neben den Bemühungen um den Bestand wurden rund um das Dorf bis ins Jahr 2010 bereits 500 neue Bäume gepflanzt. Zahlreiche Nistkästen erleichtern Vögeln die Brut, das Beweiden mit Schafen sorgt für artenreiche Blumenwiesen. „Wir haben hier eine hochwertige Kulturlandschaft, die man allerdings auch pflegen muss“, sagt Ortsvorsteher Martin Keßler, zugleich Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Die Streuobstwiesen im Süden sind nur ein Teil davon, wenn auch der markanteste und mit seinen Ausblicken vom Hödinger Berg oder vom Spetzgarter Weg vielleicht beliebteste. „Man braucht hier nur einmal auf den See zu schauen und weiß, wofür man sich hier einsetzt“, sagt Keßler.

120 Apfel- und Birnensorten

Wobei die systematische Pflege der Wiesen und Weiden mit den alten Obstbäumen schon vor Gründung des Vereins begann. Thomas Hepperle, heute stellvertretender Vorsitzender des Vereins, hatte den Kontakt zur Heinz-Sielmann-Stiftung hergestellt und sie unter anderem für den Baumschnitt und später für ein Weideprojekt langfristig mit ins Boot geholt. Denn die offenen Wiesen drohten teilweise zu verbuschen und damit eine wichtige Qualität zu verlieren.

Zählen konnte Hödingen dabei stets auch auf die Unterstützung der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes und der Stadt Überlingen, wie Hepperle betont. Entscheidend war bei der Strategie allerdings die Bereitschaft der zahlreichen Grundeigentümer, sich an dem Gesamtkonzept zu beteiligen. Am Ende war es eine Win-win-Situation.

Um ein gemeinsames organisatorisches Dach zu schaffen, war schließlich im Jahr 2012 der Verein zur Erhaltung der Kulturlandschaft gegründet worden. Dies erleichterte es, Fördergelder für die Landschaftspflege zu beantragen. Denn aus dem Landesprogramm werden die genehmigten Maßnahmen über das Landratsamt zu 70 Prozent bezuschusst, den Rest übernahm die Heinz-Sielmann-Stiftung. Wobei der Verein seine Arbeit ehrenamtlich leistete.

Zugute kam Hödingen die große Fachkenntnis von Thomas Hepperle als Obstsortenspezialist. Dank seiner Kontakte kam es zu Untersuchungen einiger Baumriesen und zu wichtigen Erhaltungsmaßnahmen bei seltenen Birnbäumen. Erst im Herbst 2021 pflanzte der Verein in einer Sonderaktion eine seltene Sipplinger Klosterbirne – natürlich mit Blick auf den See.

Insgesamt wachsen rund um Hödingen heute noch 120 verschiedene Apfel- und Birnensorten. In Zusammenarbeit mit dem Landratsamt nimmt Hepperle derzeit eine digitale Kartierung dieser hochstämmigen Streuobstbäume vor. „Am Ende hat jeder Baum eine Nummer“, sagt er, „und die Standorte der einzelnen Sorten können abgerufen werden.“ Für den Experten ist deren Pflege und Erhalt umso wichtiger, als in ganz Baden-Württemberg binnen zwei Jahrzehnten rund zehn Millionen Bäume verloren gegangen seien.

Wichtig zum Erhalt einer gewissen Artenvielfalt bei Wiesenpflanzen ist eine kontrollierte Mahd und die Beweidung mit Schafen, für die in Kooperation mit der Sielmann-Stiftung größere Areale eingezäunt wurden. „Wir machen dies nicht nur für die Natur, wir machen das vor allem auch für die Menschen“, betont Hepperle. Dies könne man an jedem sonnigen Wochenende sehen, wenn sich Einheimische und Feriengäste an den Panoramawegen quasi ein Stelldichein geben. „Im Prinzip müssten wir am Beginn des Spetzgarter Weges und auf dem Hödinger Berg ein Kartenhäuschen aufstellen“, flachst der Hödinger, „um Eintritt für unser Landschaftskino zu kassieren.“ .....

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