Von der Greenpeace Homepage hier
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch (15.06.2022) das Windenergie-an-Land-Gesetz (WaLG) beschlossen: In Zukunft müssen zwei Prozent der Fläche in Deutschland für Windkraft zur Verfügung stehen. Doch was die Politik als weiteren Schritt in Richtung Energiewende feiert, ist eine Bedrohung für das Ökosystem Wald. Greenpeace warnt: Ohne rechtlichen Schutz könnten ökologisch wertvolle Wälder abgeholzt werden, um Platz für Windräder zu schaffen.
Die Klimakrise zwingt uns zum Handeln. Um die fortschreitende Erderhitzung aufzuhalten, ist es zwingend notwendig, erneuerbare Energien schnellstmöglich sowie sozial- und naturverträglich auszubauen. Gleichzeitig brauchen wir den massiven Ausbau der natürliche CO2-Senken. Dafür müssen wir etwa Wälder besser schützen und naturnäher bewirtschaften. Die Herausforderung der verschiedenen Nutzungsansprüche von Landfläche stehen also im direkten Konflikt damit, der Natur mehr und besseren Raum für Artenschutz und die Sicherung unserer Lebensgrundlagen durch widerstandsfähige Ökosystemleistungen zu gewährleisten.
Um Windenergie und Waldschutz miteinander abzustimmen, braucht es bei der Standortwahl für Windenergieanlagen auf der deutschen Landfläche daher neben ökonomischen (z.B. der sogenannten Windhöffigkeit, also der Frage, wie viel Wind an einem Standort weht) und sozialen (z.B. Gewinnbeteiligung für die umliegenden Gemeinden), insbesondere auch strenge ökologische Kriterien. Denn Windenergieanlagen (WEA) in Wäldern bedeuten immer auch einen Eingriff in schon stark geschwächte Ökosysteme und sollten daher möglichst naturverträglich geplant und gebaut werden. Sensible und schützenswerte Naturräume sollten beim Ausbau von WEAs ganz ausgeschlossen werden.
Wald braucht als artenreicher Naturraum und Kohlenstoffdioxid-Senke stärkeren Schutz. Derzeit ist rund ein Drittel der Fläche Deutschlands mit Wald bewachsen. Der Bau von WEAs (und anderen Bauwerken) in geschützten und ökologisch wertvollen Wäldern ist aus Greenpeace-Perspektive nicht akzeptabel. Auch ist es nicht vertretbar, wenn großflächig Waldgebiete abgeholzt oder zerstört werden, die für den Schutz von Natur- und Artenvielfalt, Wasserspeicherung und Bodenschutz von größter Bedeutung sind, aber auch für das Klima als sogenannte CO2-Senken.
Windkraft nur in kultur-bestimmten Nadelbaumplantagen
Mit einer Anlagenhöhe von über 200 Metern ist die Errichtung von WEAs über Waldflächen inzwischen theoretisch an vielen Standorten machbar. Der Koalitionsvertrag stuft den Ausbau erneuerbarer Energien als Maßnahme öffentlichen Interesses in der Schutzgüterabwägung übergangsweise höher als den Naturschutz ein. Damit dies nicht zu einem Ausbau in den Wäldern führt, der nicht naturverträglich gestaltet ist, braucht es dringend klare Kriterien, die über den Artenschutz hinaus auch den Schutz ökologisch wertvoller Wälder sichern. Die Bundesregierung plant derzeit Gesetzesänderungen, um den Ausbau rechtssicher naturverträglich zu gestalten.
„Windenergieanlagen im Wald sollten grundsätzlich nur in kultur-bestimmten Nadelbaumplantagen und unter bestimmten Voraussetzungen realisiert werden”, sagt Jannes Stoppel, Wald- und Klimaexperte. Greenpeace setzt sich deswegen für eine gesetzliche Regelung ein, die nur junge, industriell und monokulturell genutzte Nadelbaum-Forste außerhalb von Schutzgebieten für den Ausbau optional vorsieht, sofern sie nicht mit heimischen Laubbaumarten unterbaut sind, keine einsetzende natürliche Verjüngung zeigen oder durch Dürre geschädigt sind.
Da aber auch die Errichtung von Windkraftanlagen auf kultur-bestimmten Forsten kritisch gesehen werden muss, da jeder Baum in der zunehmenden Klima- und Biodiversitätskrise zählt, ist eine Installation an anderer Stelle vorzuziehen. Für den Fall, dass Waldflächen für die Windenergienutzung in Anspruch genommen werden, sollen infrastrukturell vorbelastete Forstflächen, wie beispielsweise durch bereits existierende Forstwege, vor unbelasteten Gebieten vorrangig ausgewählt werden. Dies gilt insbesondere für bereits genutzte Standorte in Hinblick auf Erneuerung und Ertüchtigung der Anlagen, so genanntes Repowering.
In Naturparks und in Landschaftsschutzgebieten sollte die Errichtung der Anlagen über Wald nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein – soweit es sich dabei nicht um ausgewiesene strengere Schutzzonen und gesetzlich geschützte Biotope handelt. Aspekte des Arten- und Biotopschutzes und der Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion müssen aber in Naturparks- und Landschaftsschutzgebieten bei der Standortfindung ausreichend geprüft werden. Infrastrukturell vorbelastete Flächen sollten vor unbelasteten vorrangig ausgewählt werden.
Die größere Nähe von Windenergieanlagen zu umliegenden Gemeinden ist der Schlüssel für einen waldschonenden Ausbau der Windkraft an Land. Deswegen müssen einheitliche Regeln für den Abstand zwischen Windkraftanlagen und Gemeinden im Sinne des Waldschutzes dringend nach unten korrigiert werden. Je mehr lukrative Angebote für ländliche Gemeinden geschaffen werden, Windparks im Einklang mit der Natur eigenmächtig zu gestalten und davon zu profitieren, desto weniger Druck auf ökologisch wertvolle Wälder entsteht. Anwohner:innen sollten beispielsweise die Möglichkeit haben, sich durch Genossenschaftsmodelle oder kommunale Modelle am Ertrag und Betrieb der Windenergieanlagen beteiligen zu können.
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