Inzwischen weiß so ziemlich jeder, in welchem desolaten Zustand die Deutsche Bahn sich befindet. Und trotzdem: das 9-Euro-Ticket hat gerade erst begonnen, noch ist es zu früh von einem Ende im Desaster zu sprechen. Angesichts der riesigen Herausforderung für die Bahn scheint es bisher doch noch einigermaßen verträglich abzulaufen. Wir werden in 3 Monaten alle klüger sein und das große Experiment analysieren.
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9-Euro-Ticket endet im Desaster
08. Juni 2022 | Tobias Stahl
Das bei Reisenden ohnehin schon beliebte Pfingstwochenende hat mit dem 9-Euro-Ticket noch mehr Menschen als sonst in die Züge gelockt. Das Ergebnis waren vielerorts teil heillos überfüllte Züge und Bahnhöfe sowie massig Verspätungen. Ein Aufsichtsratsmitglied des Konzerns ist sich jetzt sicher: Das Management der Bahn ist schuld.
Zu Beginn der Pfingstferien und nach der Einführung des 9‑Euro-Tickets waren nach Angaben der Deutschen Bahn die Regionalzüge am vergangenen Wochenende insbesondere zu touristischen Zielen sehr stark nachgefragt. Reisende berichteten laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Samstag von teils völlig überfüllten Zügen, es sei auch zu Verspätungen gekommen. Manche Bahnkunden hätten keinen Sitzplatz gefunden, in Regionalzügen hätten Reisende mit Fahrrädern mancherorts nicht einsteigen können, wie dpa-Reporter berichteten.
Zu Pfingsten herrscht in der Regel immer reger Betrieb bei der Bahn. In diesem Jahr kommt jedoch noch das 9‑Euro-Ticket hinzu, mit dem Inhaberinnen und Inhaber jeweils in den Monaten Juni, Juli und August mit dem öffentlichen Personennahverkehr durch ganz Deutschland fahren können. Das Pfingstwochenende galt als erste Bewährungsprobe für diese Rabattaktion – doch diese Probe hat die Deutsche Bahn wohl nicht bestanden.
Nun schaltet sich der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Enak Ferlemann ein. Ferlemann war bis vergangenen Herbst Bahnbeauftragter der Bundesregierung, heute ist er Mitglied im Aufsichtsrat des Konzerns. Entgegen der Gewohnheiten von Aufsichtsratsmitgliedern lässt er im Gespräch mit Zeit Online kein gutes Haar an der Deutschen Bahn. Ferlemann zufolge ist das Management Schuld an der Lage des Konzerns: "Das aktuelle Bahnmanagement agiert skandalös und unprofessionell". In diesen Tagen werde man kaum 9-Euro-Fahrer zum dauerhaften Einsteigen bewegen, so Ferlemann gegenüber der Zeit. "So fährt das System jedenfalls an die Wand."
Für das Aufsichtsratsmitglied sind die Fehler klar: Die Bahn modernisiert aktuell ihr Schienennetz samt Signalanlagen und Stellwerken. Jahrzehntelang wurde zu wenig saniert, nun versucht der Konzern die Versäumnisse schnell nachzuholen. Laut Ferlemann habe man dabei mit den Bauarbeiten begonnen und erst im Anschluss geprüft, welche Ausweichstrecken überhaupt befahrbar seien. Das hat nicht nur Folgen für private Fahrgäste, sondern auch für Unternehmen: "Welches Industrieunternehmen soll denn ernsthaft erwägen, von der Straße auf die Schiene zu wechseln?", so Ferlemann.
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