Dienstag, 21. Juni 2022

Mehr Schutz vor Starkregen

 17.06.2022  |  VON CHRISTINA STICHT, DPA   hier

Starkregen kann innerhalb von Minuten selbst harmlose Bäche anschwellen lassen, Straßen überfluten und Häuser zerstören. Tückisch ist, dass die Vorwarnzeit bei diesen Unwetter-Ereignissen im Gegensatz zu einem Flusshochwasser vielfach extrem kurz ist – trotz besserer Radar-Fernerkundung und verfeinerter Vorhersagemodellen der Meteorologen. Umso wichtiger sei es, dass die Informationsketten schneller und reibungsloser werden, sagt Thomas Kratzsch, vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach.

Ob und welche Fehler bei der Warnung vor der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 begangen wurden, wird derzeit politisch und juristisch aufgearbeitet. Durch Überschwemmungen als Folge des Starkregens im vergangenen Juli kamen in Belgien und Deutschland mindestens 220 Menschen ums Leben. Laut DWD ist zwischen Mai und September vermehrt mit Starkregen-Ereignissen zu rechnen, im Juli am häufigsten.

Die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle hat sich nach Berechnung eines internationalen Teams von Wissenschaftlern durch den Klimawandel um das 1,2- bis 9-fache erhöht. Der Schwerpunkt ihrer nach der Flutkatastrophe veröffentlichten Studie lag auf den Regionen um Ahr und Erft sowie der Region um den Fluss Maas in Belgien. Deutschland sei auf Starkregen-Ereignisse zu wenig vorbereitet, beklagen Forscher. „Es reicht nicht, Sirenen auf die Dächer zu stellen und Warn-Apps zu entwickeln“, kritisiert Christian Kuhlicke vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Am Anfang stehe die Kartierung: Welche Gefahren können wo auftreten? Mit welchen Folgen für die Infrastruktur, die Gebäude? Dann müssten konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel Rückhaltebecken geplant werden. Auch Evakuierungspläne seien notwendig.

Eine sehr große Fläche von Deutschland – die gesamte Mittelgebirgsregion – sei bei lokalen Starkregen-Ereignissen gefährdet, betont der Professor für Umweltrisiken und Nachhaltigkeit an der Universität Potsdam. In großen Städten müsse der Fokus vor allem auf potenziell lebensbedrohliche Fallen wie etwa Keller, Tiefgaragen sowie U-Bahn-Schächte liegen. Städte und Gemeinden müssten zu einem Starkregen-Risikomanagement verpflichtet werden und Gefahrenkarten erstellen, fordert Theo Schmitt, Autor der Studie „Starkregen und urbane Sturzfluten – Agenda 2030“ 

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