Ein Offener Brief zur Eskalation um die Klimaaktivisten 25. Mai 2021
Ich befürworte die Baumbesetzungen, auch die im Hambacher Forst und im Dannenröder Forst als regionale Mikrokosmen innerhalb der globalen Plünderung und Zerstörung unseres Planeten. Dennoch erlaube ich mir Kritik an Verwaltung, wie Baumbesetzern. Ich empfinde die gegenwärtige Eskalation als beängstigend und habe Fragen, auf die ich keine Antworten habe.
Ein Robin Halle bezeichnet in dem Anzeigenblatt „Südfinder“, der - dieses Blatt wird in haltloser Form zusammengemischt, und hat mit der Redaktion der „Schwäbischen Zeitung“ nichts zu tun - als „pubertierend“, fordert die Erstattung der Kosten für die Einsätze durch die Eltern. Da dieser Kommentar nichts mit Journalismus zu tun hat, möchte ich darauf nicht weiter eingehen, aber er ist Teil einer Diffamierung.
Herr Mohr, vom Kieskonglomerat "Mohr+Meichel", ruft in einem Beitrag des DLF nach dem Staat und bezeichnet die Baumbesetzungen als „Anarchie“.
Herr Franke vom Regionalverband behauptet in der Öffentlichkeit, die Baumbesetzer hätten erheblichen Schaden an Dach am Gebäude im Hirschgraben angerichtet. Dafür gibt es keine Beweise, keine Fotos eines Dachdeckers. Aber sie werden subtil kriminalisiert.
Bei der jüngsten Besetzung, bei der ein Seil über die Schussenstraße gespannt wurde (was ich durchaus kritisch sehe) kam ein SEK in beängstigender Montur zum Einsatz.
SEKs werden in der Regel gerufen, wenn besonders gewaltbereite oder möglicherweise bewaffnete Straftäter festgenommen werden sollen oder bei Razzien, wie etwa gegen hoch-kriminelle Organisationen wie die Ndragheta. Wofür bedurfte es dieses Einsatzes, der diese jungen Menschen in ein hoch-kriminelles Umfeld bringt? Die jungen Aktivisten wären gewiss ohne den Einsatz der Feuerwehr und des THW dazu zu bewegen gewesen, ihre Seilaktionen über der Schussenstraße zu beenden. Aber es entstehen Kosten, um potentiell die Eltern auch finanziell zu ruinieren.
Am erschreckendsten empfinde ich die Reaktion von Frau Heike Engelhardt, Bundestagskandidatin der SPD. Die Sprache der Baumbesetzer erinnere sie an die RAF. Die Rote Armee Fraktion! Eine Mörder-, eine Terrorbande. Deren Sprache hatte ein Ziel - wie jede Sprache: Gewalt, Terror, Mord. Dies ist ungeheuerlich und Frau Engelhardt distanziert sich bis heute nicht davon. Ein solcher Vergleich scheint niemanden in der SPD-Fraktion zu empören. Frau Engelhardt rechtfertigt sich damit, es sei im Umfeld der Aktivisten bei der Polizei in Friedrichshafen von „Politischen Gefangenen“ die Rede gewesen und dies sei untragbar für eine Demokratie. Dies hätte man in Gelassenheit durchaus sagen können. Aber ohne Bezug zur RAF. Frau Engelhardt zitiert ein Graffito in der Nähe der Baumcamps im Altdorfer Wald, „Die Bagger werden brennen“. Es gibt nicht den geringsten Beweis, dass dieses Grafitto von einem Samuel Bosch oder anderen Baumbesetzern stammt. Nach meinen Erkundigungen unter den Baumbesetzern war Frau Engelhardt nie vor Ort, hat kein Wort mit den jungen Aktivisten gewechselt. Ich war mehrfach im Altdorfer Wald und habe eine völlig gewaltfreie Sprache erlebt, ein brüderlich-schwesterliches Verhalten unter den Jugendlichen, die ein einmaliges Naturreservat vor der Abholzung bewahren wollen, wofür sie aus vielen angrenzenden Gemeinden und von diversen Bürgermeistern unterstützt werden. Dennoch kein Wort der Entschuldigung. Frau Engelhardt rechtfertigt nach wie vor ihren ungeheuerlichen Vergleich gewaltloser, um IHRE Zukunft (nicht meine, nicht die von Frau Engelhardt) zutiefst besorgte Klimaaktivisten.
Ich bin in den 1970er Jahren aus der SPD ausgetreten, als sie auf Kanzlerebene für die Stationierung der "Cruise Missiles" und für die Notstandsgesetze, und für die Berufsverbote stimmte. Dennoch hat sich diese Partei geprägt - Willy Brandt, Erhard Eppler, Dieter Lattmann, Klaus Thüsing, Herta Däumler-Gmelin. Und Rudolf Bindig ist für mich einer der entschiedensten und kompetentesten Kritiker des geplanten Regionalplans. Ich habe keine Aversionen gegen die SPD. Im Gegenteil. Und deshalb empfinde ich die Bezüge einer SPD-Bundestagskandidatin zu einer kriminellen Terrororganisation als unerträglich.
Am 24. Mai 2021 wurde einer der großartigsten Musiker und Poeten der letzten 560 Jahre - 80 Jahre alt - Bob Dylan. Hunderttausende kamen zu seinen Konzerten, die ein Protest waren gegen den Vietnamkrieg und ein früher Protest der amerikanischen Jugend gegen den irrwitzigen „American way of life“.
„Schöpfung bewahren“ heißt der Widerstand dagegen seit Jahren auf Kirchentagen. Und ich wünschte, die Kirchen in Ravensburg, die Joel-Jugendkirche insbesondere, stellten sich an die Seite der mutigen, aufrichtigen Baumbesetzer.
Wolfram Frommlet
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