Montag, 17. Mai 2021

Was bedeutet es Bauer zu sein?


Der Artikel in der neuen Zürcher Zeitung hier hat mich gefesselt: Wie konnte dieser spaltende Konflikt zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft entstehen? Wie konnte der Riss zwischen Bauern und Naturschutz schier unüberbrückbar werden und dann auch noch so eskalieren? In der Schweiz ebenso wie hier bei uns. Ich hab noch gut die Grünen Kreuze bei uns  in Erinnerung, ein  verzweifelter Hilferuf der Bauern gegen die genauso laut um Hilfe schreienden Naturschützer...... Verrückte Welt!

Auszüge:

"Die Frage, was «Bauer sein» bedeutet, beschwert jede Kritik an der Landwirtschaft. Für meinen Cousin bedeutet es: Milch produzieren. Dafür steht er sonntags, wenn «wenig» Arbeit ist, um viertel vor sechs im Stall. Mein Cousin richtet das Leben nach der Arbeit – so wie Philomena, wie fast alle Bauern der Schweiz. Darum sind die Bauern von der Kritik an ihrer Arbeit so verletzt. Sie kann formuliert sein als Kritik an einer Praxis, an einer Arbeitsweise. Sie wird verstanden als Kritik an Leben und Identität.

Bundesrat Guy Parmelin beklagte vergangene Woche im «Blick», die Gesellschaft habe sich von den Bauern entfremdet. Früher habe jeder einen Landwirt gekannt, einen Grossvater, einen Onkel. «Heute haben die Leute diesen Bezug verloren.»
Ich glaube, das stimmt. Die Bauern sind der Gesellschaft fremd geworden, ihre Arbeit, die Zwänge der Natur, die Tatsache, dass Natur und Kultur sich unterscheiden. Aber zu jeder Entfremdung in einer Beziehung gehören zwei.

Hätte mein Freund Philipp einen Grossvater beim Gewässerschutz, könnte er die Kritik am Pestizideinsatz eher nachvollziehen. Hätte in meiner Familie jemand Biologie studiert, würde mein Cousin vielleicht weniger düngen. Viele Bauern unterschätzen die Gefahren der intensiven Landwirtschaft. Viele Konsumenten unterschätzen ihren Nutzen.
Beides – Nutzen und Gefahr – ist wissenschaftlich belegt. Darum wäre der grosse Krach, würde er leise geführt, eine grosse Chance."


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