Aus der Kontext Wochenzeitschrift: Welt ohne Wachstum hier
Wenn das Klima geschont werden soll, kann es kein Menschenrecht auf Fliegen geben. Damit aber wird wieder das böse V-Wort unvermeidlich, das das Wachstum bedroht: Verzicht. Dieser müsste sich nicht allein aufs Fliegen beschränken, denn auch ansonsten lässt sich der Energieverbrauch nur reduzieren, indem weniger produziert wird. Alle Konzepte vom "nachhaltigen Wachstum" sind Mogelpackungen, weil es in Wahrheit kein Wachstum mehr gäbe, sondern mehr Nachhaltigkeit. Die richtige Bezeichnung wäre also "wachsende Nachhaltigkeit".
Zudem reicht es nicht, sich nur auf den Klimawandel zu konzentrieren. Der CO2-Ausstoß ist nicht das einzige Umweltproblem; genauso bedrohlich sind Flächenverbrauch, Wasserknappheit, Artensterben und giftige Abfälle. Der Verzicht ist alternativlos, wenn man die Ökosysteme retten will.
Es ist ein Dilemma: Ohne Wachstum geht es nicht, komplett grünes Wachstum gibt es nicht, und normales Wachstum führt unausweichlich in die ökologische Katastrophe. Der Kapitalismus erscheint wie ein Fluch. In dieser Zwangslage bleibt derzeit nur ein pragmatisches Trotzdem: trotzdem möglichst wenig fliegen, trotzdem Abfall vermeiden, trotzdem auf Wind und Sonne setzen, trotzdem biologische Landwirtschaft betreiben. Aber man sollte sich nicht einbilden, dass dies rundum "grünes" Wachstum sei. Wie man den Kapitalismus transformieren kann, ohne dass er chaotisch zusammenbricht – dies muss erst noch erforscht werden.
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