Montag, 24. Mai 2021

Nun kommt die Charme-Offensive

"Regionalplanerin plädiert für mehr Verzicht"

aus der Schwäbischen Zeitung hier für Abonnenten
Auszüge daraus in lila: Fragen von Fr. Vincenz, blau: Antworten von Fr.Kießling

Die Artikel von Fr. Vincenz sind vom Grundton her um Welten besser als diejenigen von Hr. Hautumm, doch sind sie leider genauso einseitig in der Berichterstattung und bedürfen daher einer zusätzlichen Kommentierung (auf die ich gerne verzichten würde).

Hr. Franke ist in der Wahrnehmung zurück getreten, eine junge Planerin, Fr. Kießling, soll den Sturm nun einfangen, den er mit seinen Bürgermeistern entfacht hat. Eine ganz schön schwere Aufgabe, die man da einer jungen Frau aufbürdet, die nach eigenen Angaben auch schon für fff auf die Straße gegangen ist.

Ich kenne Hr. Franke aus meiner Zeit als Landschaftsplanerin und damals, vor vielen Jahren, hatte ich große Hochachtung vor ihm. Das hat sich leider verändert. Von seiner Seite waren einige Halbwahrheiten und einige Zahlen-Tricksereien zu viel im Spiel, die man halt irgendwann doch mitkriegt. Und auch ein paar höchst unglückliche Bagatellisierungs-Versuche und ein paar Manipulations-Versuche in den Gemeinderäten, die ich ihm persönlich nicht nachsehen kann.
Und dann erst der Umgang mit den Einwendungen! 

Natürlich war und ist Hr. Franke im höchsten Maße abhängig von seinem Gremium, das von Bürgermeistern + Landräten mit starken Eigeninteressen dominiert wird. 
Hr. Franke wird bald Regionalverbands-Geschichte sein und seine Nachfolger mögen bitte ohne Halbwahrheiten und Tricksereien transparenter arbeiten, wir alle würden uns darüber freuen.

Doch im Moment ist es eben noch kein Neuanfang - der alte, ungenügende Regionalplan-Entwurf der unter Hr. Frankes Führung auf den Tisch kam, liegt weitgehend unverändert vor.
Und das Gremium des  Regionalverbands hält eisern daran fest, diesen schnell zu verabschieden, mit all seinen z.T. seit Jahren benannten Mängeln. Nichts hat sich verändert. 

Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts schlägt hohe Wellen. Passt Ihr aktueller Regionalplanentwurf da überhaupt noch, oder müssen Sie einiges umplanen?
Was nun die Auswirkungen des Urteils auf den Regionalplan-Entwurf Bodensee-Oberschwaben anbelangt, so ist es im Moment sehr, sehr schwierig, da konkret etwas zu sagen. Klimaschutz betrifft ja so viele politische Sektoren und Ebenen. Bis wir da konkrete Anhaltspunkte haben, wird es wohl noch etwas dauern.
Vielleicht wird da auch noch der neue Koalitionsvertrag mit reinspielen. Wichtig ist: Der Regionalplan ist kein Klimaschutzkonzept, sondern ein Entwicklungskonzept für die zukünftige räumliche Entwicklung einer Region und ein Instrument zur Sicherung und Ordnung von Raumnutzungen. Klimaschutz ist also nicht das Kernthema eines Regionalplans, sondern ein immens wichtiges Querschnittsthema, das in vielen Kapiteln eine Rolle spielt.

Zum Klimaschutz wurde die Aussage des Verbandsdirektors Franke vom 23.10.20  protokolliert wie folgt:
"Beim Klimaschutz fehle uns das Instrumentarium, da das Landesplanungsgesetz das nicht vorsehe.
Das müsse in den Regionalen Grünzügen versteckt werden - Schwerpunkte für Durchlüftung"
Dipl. Geogr. Beuerle bestätigt (Anmerkung: auf Nachfrage) dass die vorhandenen Flächenpotenziale bei der Ermittlung der Flächenpotenziale berücksichtigt wurden" 

Beide Aussagen zeigen die ganze Strategie der Verfechter der "kommunalen Planungshoheit" auf. Obwohl die Landesverfassung und das Klimaschutzgesetz BW die Verantwortung der Exekutive bei der Umsetzung des Klimaschutzes klar vorgeben,  soll kein verbindlicher Klimaschutz in die Bauleitplanungen der Kommunen in den Regionalplan aufgenommen werden. 
Diese Aussage galt schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, inzwischen hat sich die Lage weiter geklärt und zugespitzt. Der Regionalverband sieht bei sich weiterhin keinen Handlungsbedarf. 

Welche Instrumente haben Sie generell, um den Klimawandel zu beeinflussen?

  • Erstens trägt der Regionalplan zum Erhalt natürlicher Senken bei, die der Umwelt Schadstoffe – wie CO2 - entziehen. .....
  • Zweitens kann der Regionalplan Siedlungsstrukturen unterstützen, die eine sparsame Energienutzung befördern.
  • Drittens kann der Regionalplan wichtige Voraussetzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien schaffen. 

Zur Klimawandelanpassung, also zur Anpassung an unvermeidliche Veränderungen des Klimas, trägt der Regionalplan-Entwurf vor allem auf drei Arten bei.

  • Erstens kann er Tier- und Pflanzenarten dabei unterstützen, die ihren Lebensraum aufgrund des Klimawandels verlagern müssen. Das geschieht im Regionalplan-Entwurf durch die Vorranggebiete für besondere Freiraumfunktionen, weil sie den regionalen Biotopverbund sichern und damit bestehende Lebensräume vernetzen.
  • Zweitens sichert der Regionalplan Gebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz, denn wegen des Klimawandels müssen wir in Zukunft mehr mit Hochwasserereignissen rechnen.
  • Drittens sichert der Regionalplan über die regionalen Grünzüge -zäsuren wichtige Luftaustauschkorridore. Sie vermeiden, dass sich in Siedlungsgebieten im Sommer zu viel Hitze anstaut.

Als kleines Beispiel aus der Praxis sei eine öffentliche Veranstaltung in Salem 2019 genannt:
Auf die Frage, ob es denn neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse gäbe, warum ein  geschützter Grünzug zurückgenommen werden soll um einem Gewerbegebiet Platz zu machen, antwortete Herr Franke ehrlicherweise: es gebe keine neuen Erkenntnisse - aber es gebe andere Bedarfe.
Dieser Grünzug war 1996 explizit zum Schutz eines Luftaustauschkorridors in Richtung der höchst belasteten Bodenseesenke ausgewiesen worden, um an dieser Stelle eine weitere Bebauung auszuschließen. Damals erfolgte die Ausweisung einstimmig! sowohl im Gemeinderat als auch im Regionalverband. Heute soll dieser Schutz nicht mehr wichtig sein? 

Für viele dieser Aufgaben sind aber die Gemeinden zuständig, nicht der Regionalverband. Der Regionalplan-Entwurf unterstützt energiesparende Siedlungsstrukturen zum Beispiel über die Plansätze zur Förderung der Innenentwicklung und zu den Dichtevorgaben für Baugebiete.
Dazu hier eine
 Richtigstellung von C. Raach.

.... Natürlich könnten die Dichtewerte im Regionalplan noch höher sein, aber das könnte an der Akzeptanz der Gemeinden scheitern, denke ich.

Deren Bürgermeister-Vertreter ja bekanntlich das Sagen haben im Regionalverband. Jede missliebige Einschränkung kann dadurch sofort wieder ausgehebelt werden.

Durch die verpflichtend einzuhaltenden Mindest-Bruttowohndichten und durch die Festlegung im Regionalplan, dass Kommunen erst ihre verfügbaren Flächenreserven in Anspruch nehmen müssen, bevor sie auf weitere Flächen gehen dürfen, hoffe ich, dass wir dem Problem des hohen Flächenverbrauchs durch Einfamilienhäuser etwas Einhalt gebieten können. Wir können es definitiv besser als mit dem rechtsgültigen Regionalplan 1996.
Ich persönlich hoffe, dass die Baugebiete nach Paragraf 13b Baugesetzbuch, die ja gerade so in der Kritik stehen, dadurch nicht mehr überall möglich sind

Aussage eines RV-Mitgliedes: Weiter sollen die bisher in der Raumnutzungskarte der Region als Vorranggebiete für die Landwirtschaft ausgewiesenen Schutzgebiete ganz entfallen. Dadurch erweitert sich der Speckgürtel an den Siedlungsrändern, da nun nicht mehr geschützt. Das werden dann weitere Bauflächen im Schatten der vereinfachten Bauleitplanung (bisher § 13 b BauGB und Nachfolgegesetz bis Ende 2022 bereits im Entwurf auf Bundesebene), die dann noch on top kommen.

 





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