25.03.2022 |
Wie funktioniert das Neun-Euro-Ticket?
Überrumpelt von der Entscheidung des Koalitionsausschusses, ein Neun-Euro-Monatsticket einzuführen, waren viele Verkehrsverbünde der Region zwischen Schwarzwald, Alb und Bodensee, wie Antworten auf SÜDKURIER-Anfragen einen Tag nach dem Beschluss zeigen. „Wir begrüßen, dass die Regierung gezielt auf den ÖPNV setzt. Überrascht wurden wir natürlich schon“, schrieb etwa Ralf Bendl, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Hegau-Bodensee.
.Ist damit schon alles geklärt? Keineswegs, wie aus der Stellungnahme von Bendls Kollegen vom Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar, Geschäftsführer Stefan Preuss, hervorgeht. Er betonte: „Es fehlen den Verbünden wesentliche Informationen zur Umsetzung und Finanzierung dieser Idee, sodass man derzeit keine sinnvolle Bewertung vor Ort abgeben kann.“
...Erste Informationen zur Umsetzung des Beschlusses lieferte nun am Freitagnachmittag eine Pressekonferenz im Anschluss an eine außerordentliche Sitzung der Landesverkehrsministerkonferenz, an der auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) teilnahm. Das Fazit: Erste Antworten sind da, vieles bleibt aber offen.
....Der Koalitionsausschuss habe sich am Donnerstag ebenfalls mit einer solchen Null-Tariflösung befasst, erklärte Bundesverkehrsminister Volker Wissing in der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Landesverkehrsministern. Wissing betonte aber, man habe sich abschließend für die Neun-Euro-Variante entschieden.
Im Gegensatz zu einer Nulltarif-Lösung lasse sich durch das Neun-Euro-Ticket auch die Kundennachfrage deutlich besser nachvollziehen, so Wissing. „Bei dem Neun-Euro-Ticket kennt man die Zahl der zusätzlichen Fahrgäste und kann entsprechend disponieren und vermeidet dadurch, dass es zu punktuellen Überlastungen kommt“, sagte der Bundesverkehrsminister.
.Wann kommt das Ticket? Egal ob Nulltarif oder neun Euro: Ab wann ÖPNV-Kunden davon profitieren können, ist noch nicht klar. ....
.Wo soll das Ticket gelten? Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Wissing soll das Neun-Euro-Monatsticket von den einzelnen Verkehrsverbünden innerhalb ihres jeweiligen Verbunds angeboten werden. „Wir wollen das Neun-Euro-Ticket für die Geltungsbereiche der Verkehrsverbünde anbieten.“
---- „Ich bin sehr unzufrieden“, sagte der baden-württembergische Landesverkehrsminister Winfried Hermann in der Pressekonferenz. Mit Blick auf die kleinteilige Verkehrsverbündestruktur seines Landes sprach Hermann von einem „großen Gerechtigkeitsproblem.“
Denn in Baden-Württemberg würde das Neun-Euro-Ticket je nach Verbund nur zur Fahrt im ÖPNV innerhalb eines Kreises berechtigen, während damit andernorts, wo größere Verbünde bestehen, teilweise Busse und Bahnen länderübergreifend genutzt werden könnten. „Damit muss sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nochmals befassen“, so Hermann.....
Bundesverkehrsminister Wissing sprach von Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern voraussichtlich erstatten werde. Wenn das Ganze doch mehr koste, werde sich der Bund nicht verweigern, erklärte Verkehrsminister Wissing weiter. Nach Schätzungen von Baden-Württembergs Landesverkehrsminister Winfried Hermann würde ein einfaches umsetzbares Nulltarif-Ticket nur 750 Millionen bis eine Milliarde Euro mehr kosten.
Pro Bahn skeptisch
Der Fahrgastverband Pro Bahn hat das geplante 9-Euro-Ticket im ÖPNV scharf kritisiert. „‚9 für 90’ ist aus unserer Sicht ein populistischer Schnellschuss ohne nachhaltige Wirkung“, sagte Sprecher Karl-Peter Naumann. Es sei sinnvoller, die Mittel in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu investieren. Der Fahrgastverband monierte auch, dass zu viele Fragen offen seien. Die Allianz pro Schiene kritisierte, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung dieser Gelder noch nicht erfolgt sei. (dpa)
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