Donnerstag, 17. März 2022

Update: Heftige Kritik an Tankrabatt - „Völlig aus der Zeit gefallen“

Südkurier  hier

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekommt für seinen Vorstoß zum Tankrabatt heftigen Gegenwind von Wirtschaftsexperten, Sozialverbänden und aus der Politik. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach von einem „ökonomisch und ökologisch unsinnigen“ Vorschlag, der zudem noch „enorm teuer und sozial ungerecht“ sei. „Statt reichen SUV-Fahrern die Tankfüllung zu bezahlen, sollten wir besser ein Mobilitätsgeld für ökologisch ausgerichtete Mobilität an wirklich Bedürftige zahlen“, sagte DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert.

Die Expertin verwies darauf, dass sich 20 Prozent der Haushalte gar kein Auto leisten können. Besser wäre daher ein „einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld oder eine Pro-Kopf-Klimaprämie“, bei der die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an alle Haushalte rückerstattet werden. Davon könnten insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen profitieren. Zudem diene jede vierte Autofahrt der Freizeit – hier gelte es, Alternativen zu finden.

Lindner hatte am Montag vor dem Hintergrund explodierender Preise an den Zapfsäulen einen „Krisenrabatt“ direkt an der Tankstelle vorgeschlagen. Dieser könne drei Monate befristet ausgezahlt werden, was mehr als sechs Milliarden Euro kosten würde. Tankstellenketten könnten auf der Basis der Gesamtmenge des verkauften Sprits die Erstattung beim Staat beantragen, schlug er vor.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband wies das zurück. „Für die Höhe staatlicher Unterstützung sollte die Bedürftigkeit, nicht der Hubraum entscheidend sein, den sich jemand leisten kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Er warnte vor einkommensunabhängigen „Geldgeschenken nur an Autofahrer“ und forderte gezielte höhere Energiezuschüsse für einkommensarme Haushalte.

Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sprach von einer „milliardenschweren Subvention“, für die er keine Rechtsgrundlage sehe. Er gab zudem zu bedenken, dass dadurch eine „riesige Rückzahlungsbürokratie“ entstünde, deren Aufbau viele Monate kosten würde. In den Behörden fehle dafür das Personal.

Lindners Chefvolkswirt und Berater Lars Feld sprang dem Finanzminister hingegen zur Seite: „Wenn Nichtstun keine Option ist, bleiben nur ordnungspolitisch unschöne Lösungen“, sagte Feld. Anders als eine Senkung der Mehrwert- oder Energiesteuer könne ein solcher Rabatt schnell eingeführt und schnell wieder gestoppt werden. 


Business Insider hier

„Völlig aus der Zeit gefallen“ — führende Ökonomen kritisieren Lindners Vorschlag für Tank-Zuschuss

Mit einem Tankzuschuss will Christian Lindner Autofahrer von hohen Spritpreisen entlasten. Ökonomen halten davon jedoch wenig.

„Entlastungen sollten nicht mit der Gießkanne erfolgen, sondern gezielt“, kritisiert etwa Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts. Er halte den Tankrabatt nicht für das richtige Instrument.

Die Wirtschaftsexpertin Veronika Grimm wiederum befürchtet, dass der Tankrabatt vor allem Gutverdienende stärker entlastet, „weil diese mehr Autos besitzen und weitere Strecken fahren.“

Tagesspiegel    hier

40 Cent Tankrabatt wegen Putins Krieg? Christian Lindner kündigt den Ampel-Konsens auf

Der Finanzminister sorgt mit seinem „Krisenrabatt Kraftstoff“ für Koalitionsärger - auch weil es Hinweise gibt, dass die Ölkonzerne die Lage ausnutzen.

...Die Parlamentarische Wirtschafts-Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) mahnt: „Neben gezielten Entlastungen sollten wir stärker schauen, wer sich da gerade eine goldene Nase verdient. Das sind Raffinerien, die zum Teil überwiegend im Besitz russischer Konzerne sind.“ Die größte davon steht in Schwedt, mehrheitlich im Besitz des russischen Rosneft-Konzerns. Aufsichtsratsvorsitzender ist ein alter Bekannter: Gerhard Schröder. Übrigens ist der Ölpreis inzwischen auch wieder deutlich gesunken.

Brantner und andere wie DIW-Chef Marcel Fratzscher weisen auf eine bemerkenswerte Statistik hin: Demnach ist seit Kriegsbeginn am 24. Februar der Überschuss der Anbieter von rund 38 Cent auf 84,5 Cent je Liter Diesel gewachsen (bei einem Dieselpreis von 2,30 Euro - 1,46 Euro seien die Kosten für Öl und Steuern).

"Der wichtigste Grund für den starken Anstieg der Spritpreise sind die viel höheren Gewinnmargen der Mineralölkonzerne. Die Politik sollte nicht mit einer Spritpreisbremse oder Steuersenkungen den Konzernen noch höhere Gewinne bescheren, sondern das Marktversagen bereinigen", betont Fratzscher. ...

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