Dienstag, 22. März 2022

"Zwischen Klimaschutz und dem Traum vom Einfamilienhaus"

Unsere junge, jetzt studierende Generation will langfristig  Abschied nehmen von der "Großen Stadt". Sie will wieder ins Ländliche zurück und ganz konservativ leben wie ihre Eltern und Großeltern, mit Garten, mit viel Platz und Abstand zum Nachbarn. Die jungen Leute wollen durchaus Nachbarn, die Anteil an ihrem Leben nehmen, aber das mit ausreichendem Sicherheitsabstand.
So kann man die Ergebnisse der Masterarbeit wohl zusammenfassen. Vielleicht hat die Corona-Erfahrung hier einen  Ausdruck gefunden, wer weiß das schon.

Im Moment kommt das ziemlich ungelegen, denn neue Einfamilienhäuser stehen den Flächen- und  Klimazielen entgegen. Wenn heute noch gebaut wird, dann sollte das verdichtet und flächensparend sein. Und die Städte mit ihren Stadtplanern haben das auch verinnerlicht.

Vielleicht ist die Zukunft aber gar nicht so gespalten, vielleicht sind die Ziele gar nicht so unüberbrückbar, denn wo gibt es schon wirklich erlebbare Vorbilder für gelungene Alternativprojekte? In großen Städten vielleicht vereinzelt, nicht aber hier auf dem Land. Woher soll diese Generation denn wissen wie es sich anders lebt? 

Ich möchte behaupten: Im Moment leiden wir alle unter diesem Mangel an Vorstellungsvermögen, wie man denn anders leben könnte. Beim Verkehr, beim Bauen und Wohnen, beim Essen......  doch höchst wahrscheinlich werden  wir uns schon in wenigen Jahren über unser lange eingeschränktes Sichtfeld wundern. Es gibt viele Aspekte, die nahelegen, dass wir unser Lebensumfeld in großen Bereichen verbessern könnten, auch wenn es dann nicht mehr ganz so bequem sein wird.

Schwäbische Zeitung hier  Birgit van Laak

Wohnwünsche junger Menschen: Zwischen Klimaschutz und dem Traum vom Einfamilienhaus

Klimaschutzgerechtes Bauen heißt flächen- und ressourcenschonend zu bauen und damit Abstand zu nehmen vom freistehenden Einfamilienhaus. Aber sehen so auch die Wohnträume der jungen Generation aus? Christina Lohr, Studentin im Studiengang Betriebswirtschaft Immobilien und Bau an der Hochschule Biberach, hat für ihre Masterarbeit Studierende befragt.

Lohr: Die Städte überarbeiten ihre Bebauungspläne. In Kempten wird seit einigen Jahren vermehrt auf den Geschosswohnungsbau gesetzt und das Einfamilienhaus bei Neubauflächen weitestgehend reduziert.

Auch in Sonthofen und Memmingen ist der Anteil der Einfamilienhäuser innerhalb der Bebauungspläne deutlich geringer, bleibt jedoch auch in verringertem Umfang weiterhin Bestandteil der zukünftigen Baukultur. Regensburg hingegen sieht das Einfamilienhaus allgemein nicht mehr als Bestandteil klassischer Bebauungspläne vor.

...Die Städte haben einerseits Angst vor Zersiedelung, andererseits vor Abwanderung. Sie beschäftigen sich mit der Frage, wie sie Familien halten können, und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Große Städte sagen: Wer ein Einfamilienhaus möchte, findet bei uns nichts.

Mittelgroße Städte versuchen, ungenutzte Bestandsflächen aufzuarbeiten. Wenn das gelingt, stehen sie vor der Frage, ob sie daraus Grundstücke für wenige Einfamilienhäuser schneiden oder die Flächen für den Wohnungsbau für viele nutzen sollen. Je größer die Stadt, desto stärker neigt sich das Pendel dahin, Abwanderung in Kauf zu nehmen.

... Das Ganze wird sich zu einem über den Preis regeln, zum anderen über die Demografie. Wenn die Babyboomer in den Ruhestand kommen, wird einem großen Teil von ihnen das große Grundstück zu viel Arbeit werden. Sie werden verstärkt in die Stadt ziehen, wodurch Bestandsgebäude auf dem Land auf den Markt kommen.

...Da Sanieren so stark gefördert und Bauen immer noch teurer wird, wird sich so mancher damit gezwungenermaßen anfreunden müssen. In den Fokus sollte auch das Tauschen rücken. Die ältere Generation tauscht mit der jungen, die mehr Wohnraum braucht. Familiengerecht gegen altersgerecht also.

Beyerle: Im ländlichen Raum gab es früher das Altenteil. Die Idee des Generationenwohnens sollte dort wieder in den Blick genommen werden. Wenn ein Einfamilienhaus saniert wird, kann man eine zusätzliche Wohnung einbauen. Die Senioren wohnen barrierefrei unten, die junge Familie oben. Ich denke, das wird breite Akzeptanz finden.

....Der Wunsch nach dem Einfamilienhaus wird bleiben. Limitierender Faktor wird jedoch, wie gesagt, das Geld sein. Egal, wie sehr man diese Wohnform anstrebt, man wird nicht die Möglichkeit haben, den Wunsch zu verwirklichen, es sei denn, es gibt im Familienbesitz ein Einfamilienhaus oder eines mit großem Grundstück, auf dem man ein weiteres Haus bauen kann.

Lohr: Vorausgesetzt es kommt nicht zu einem Verbot, wird das Einfamilienhaus auch in absehbarer Zukunft Bestandteil der deutschen Baukultur bleiben. Aber durch die gesteigerten Kosten, die begrenzten Flächen, die Frage der Nachhaltigkeit wird das Einfamilienhaus insbesondere im Neubausektor eine deutlich begrenzte Möglichkeit darstellen.

Das Umdenken wird in der jungen Generation zunehmen. Das Bestreben, bewusster und nachhaltiger zu leben, wird dazu führen, dass man sich eventuell doch in einer Wohnung im Mehrfamilienhaus oder einer Doppelhaushälfte verwirklicht.


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