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Kommentar Rico Grimm 02.04.2025
Klimageld sollten Bürger:innen im Ausgleich für die CO2-Steuer bekommen. Jetzt kommt es nicht.
Dabei hätte es ein grundlegendes Problem der Klimapolitik lösen können.
Es war das Jahr 2019 – der Höhepunkt der Klimaproteste von Fridays for Future. Auf Facebook gründete sich in Reaktion auf die Klimabewegung eine Gruppe mit dem frechen Namen „Fridays for Hubraum“. Dieser Gruppe traten innerhalb weniger Tage 400.000 Menschen bei – sechsmal so viele wie damals in der Fridays-for-Future-Gruppe auf Facebook waren.
Viele Medien interviewten den Gründer der Hubraum-Gruppe, Chris Grau. Vor allem die CO₂-Steuer lehnte er ab, also die gezielte Besteuerung von fossilen Brennstoffen, die auch das Tanken verteuert. „Das Problem daran ist, dass die Kosten letzten Endes dem Bürger aufgebrummt werden“, sagte er etwa gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Alles werde einfach teurer.
Schon damals wiesen Experten immer wieder darauf hin, dass das nicht stimmen muss. Denn die Einnahmen könnten an die Bürger in Form eines sogenannten Klimagelds ausgezahlt werden, auch Klimadividende genannt. Aber dieses Argument verfing bei den Hubraum-Aktivisten nicht. Für sie blieb die CO₂-Steuer einfach eine weitere Steuererhöhung auf Kosten der kleinen Leute.
Das Klimageld ist eine Idee mit einem Clou
Denn mit dem Zynismus des Fridays-For-Hubraum-Gründer konnte ich damals nicht viel anfangen. Nun aber, kurz vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD, sehe ich das anders.
Ich bin für mehr Klimaschutz, aber muss mich den Verbrenneraktivisten anschließen. Denn die nächste Regierung wird kein Klimageld an die Bevölkerung auszahlen. Das untergräbt den Kampf gegen die Erderwärmung
Ich bin für mehr Klimaschutz, aber muss mich den Verbrenneraktivisten anschließen. Denn die nächste Regierung wird kein Klimageld an die Bevölkerung auszahlen. Das untergräbt den Kampf gegen die Erderwärmung
Dabei ist das seit mehr als einem Jahrzehnt diskutierte Klimageld eine einleuchtende Idee: Der Staat verteuert fossile Brennstoffe gezielt mit einer Steuer. So werden Unternehmen und Bürger dazu gebracht, sich nach klimaneutralen Alternativen umzuschauen.
Die Einnahmen aus dieser Steuer teilt der Staat durch die Zahl der Menschen in Deutschland und überweist jedem eine Kopf-Prämie. Das Umweltinstitut München e.V. rechnet damit, dass aktuell jeder Bürger 300 Euro pro Jahr erhalten würde.
Der Clou daran ist: Wer reich ist, zahlt unter dem Strich drauf. Denn Reiche und Vermögende haben einen CO₂-intensiven Lebensstil: Erstauto, Zweitauto, Auto für die Tochter zum 18. Geburtstag, großes Haus, Flugreisen, Ferienhaus, abends dann Wagyu-Rinderfilet auf dem Grill, das Übliche.
Für all das werden CO₂-Steuern anteilig fällig. Steuern, die ein armer Mensch nicht zahlt. Er erledigt seinen Einkauf zu Fuß, im Warenkorb liegen Käse und Brot, die letzte Flugreise ist schon 20 Jahre her und den klapprigen Dacia hat er verkauft, als die fällige Reparatur mehr gekostet hätte, als das Auto überhaupt wert war.
Für all das werden CO₂-Steuern anteilig fällig. Steuern, die ein armer Mensch nicht zahlt. Er erledigt seinen Einkauf zu Fuß, im Warenkorb liegen Käse und Brot, die letzte Flugreise ist schon 20 Jahre her und den klapprigen Dacia hat er verkauft, als die fällige Reparatur mehr gekostet hätte, als das Auto überhaupt wert war.
CO₂-Steuern ohne Klimageld treffen die Armen härter als die Reichen
Da aber beide Menschen den exakt gleichen Klimabonus bekommen, läuft es darauf hinaus, dass der Reiche mit seinen Autos und dem Wagyu-Filet den armen Menschen belohnt. Wer die Atmosphäre stark verschmutzt, bezahlt denjenigen, der sie eher schont. Brillante und vor allem gerechte Idee, nicht?
Das finden auch Experten. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigen sie sich mit der Einführung eines Klimageldes, gerade weil sie fürchten, dass die Erhöhung von CO₂-Steuern im Zweifel ärmere Menschen härter trifft, die einen größeren Anteil ihres Einkommens zum Beispiel für Strom ausgeben müssen. Beispielhaft dafür ist hier eine Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Dezember hatte ein breites Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden die Einführung des Klimageldes gefordert....
Kein Klimageld zu zahlen sendet eine klare Botschaft: Der Staat vertraut den Bürgern nicht
Auf mich wirkt es so, als ob Regierungen alles tun wollen, nur nicht den Menschen direkt und ohne Bedingungen Geld zu überweisen. Geld, das ihnen zusteht, weil die CO₂-Steuer immer als Lenkungsinstrument gedacht war, niemals als Einnahmequelle. Sie sollte die Klimatransformation beschleunigen, aber nicht Politikern mehr Mittel für ihre jeweiligen Lieblingsprojekte in die Hand geben. Der Staat sollte hier nur koordinieren und helfen.
Hinter all dem steckt die Botschaft: „Wir wissen schon, was gut für euch ist. Lasst uns das Geld mal!“ Wer arm ist, muss das schlucken, zahlt die CO₂-Steuer und kann dann die geförderten E-Autos vor der Haustür anderer bewundern. Das ist wie eine Beleidigung, der flugs noch eine Ohrfeige folgt.
Das Vertrauen in politische Parteien ist am Boden. Dem Staat traut in Deutschland aktuell kaum noch jemand etwas zu. Mit dem Klimageld hätten Parteien und Staat beweisen können, dass sie anders denken und handeln können, als sie das 100 Jahre lang getan haben. Eine einfache Idee einfach mal umsetzen! Keine Ausreden und Ja-Aber suchen. Einfach machen!
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