Freitag, 4. April 2025

Massive Realitätsverweigerung innerhalb der Koalitionsverhandlungen

Die Leaks aus den Koalitionsverhandlungen bezeugen eine nicht fassbare Realitätsverweigerung der verhandelnden Parteien in Bezug auf Gas und  blauem Wasserstoff. Während in Baden-Württembergs grüner Regierungsführung  eine weitere Verlängerung der Abhängigkeit von Gas strikt abgelehnt wird, verhandelt die Gasfreundliche  Moskau-Connection hart mit bei den Koalitionsgesprächen.

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg

Die EnBW hat eine interessante Studie zum klimaneutralen Umbau des Energiesystems in Auftrag gegeben (durchgeführt von Aurora Energy Research). ⬇️ 

Diese hält ein Einsparpotenzial von bis zu 700 Mrd. Euro bis 2045 für möglich: Durch eine Kombination aus Effizienzsteigerungen und einem bedarfsgerechten Ausbau von Erzeugungskapazitäten.

💡 Die wertvollen Anregungen werden wir als Landesregierung BW ergebnisoffen prüfen. Kritisch sehen wir allerdings den Vorschlag, die Abhängigkeit von Gas durch eine verstärkte und längere Nutzung von blauem #Wasserstoff.

Energieministerin Thekla Walker warnt: 

💬 „Gas birgt unkalkulierbare Kostenrisiken. In naher Zukunft könnte uns neben Putin auch Trump mit Gas erpressen. Wir sollten daher die Nutzung von blauem Wasserstoff nur für eine möglichst kurze Übergangszeit in Erwägung ziehen. Ein schneller und gegenüber den heutigen restriktiven Bedingungen erleichterter Umstieg auf grünen Wasserstoff stärkt die Planungssicherheit der industriellen Abnehmer. 

Grüner Wasserstoff macht uns unabhängiger von fossilen Machtspielen und Marktschocks. Blauer Wasserstoff aus Gas erfordert zudem eine Abscheidung von CO2 und die anschließende dauerhafte Speicherung, z.B. durch Verpressung unter dem Meeresboden. Dafür braucht es eine teure Pipeline-Struktur, die von den Stromkunden zu bezahlen wäre. Schneller Umstieg auf grüne Zukunftstechnologien spart diesen Posten ein.“


Till Irmisch auf Linkedin 2.4.25

Referent für die kommunale Klimawende am Umweltinstitut München

Der Leak aus der Arbeitsgruppe Energie/Klima enthält eine brisante Kuriosität. Während unstrittig zu sein scheint, dass die Vorgaben aus dem EU-Gaspaket “zügig” umgesetzt werden sollen und dass man einen Fahrplan für "defossilisierte Energieträger" erarbeiten möchte, herrscht Uneinigkeit bei der Frage nach dem Erhalt von Gasnetzen. 👀 

Die SPD schlägt vor, für eine sichere Wärmeversorgung “nur notwendige Gasnetze” nicht stillzulegen und die CDU schreibt ganz simpel: “Dafür müssen Gasnetze erhalten bleiben”. 

💭 Jetzt kann man sich fragen, warum die Parteien sich überhaupt zu Aussagen über Entscheidungen hinreißen lassen, die am Schluss sowieso auf kommunaler Ebene getroffen werden. Haben die Parteien mit dem Bekenntnis zur Umsetzung der EU-Richtlinie nicht bereits zugesagt, den Rechtsrahmen für die Transformation und Stilllegung von Gasnetzen anzupassen? Warum streiten sie zusätzlich über solche Formulierungen, die in der Realität wenig Auswirkung haben werden?

💥 Es ist ein Kampf um die Deutungshoheit und ein letztes Aufbäumen der Gasbranche.
Natürlich ist längst klar, dass ein Großteil der Gasnetze überflüssig wird, denn Wasserstoff und Biomethan stehen nur in geringen Mengen für Industrie zur Verfügung. Diese Realität müsste eigentlich mittlerweile auch in CDU-Kreisen ankommen (auf Fachebene ist sie das vermutlich auch). Gerade wieder hat eine Umfrage des Fraunhofer CINES gezeigt, dass nur 1% der Kommunen aktuell Maßnahmen zur Umstellung von Gas- auf Wasserstoffnetze umsetzen. Was meint die CDU also mit ihrem Satz “Dafür müssen Gasnetze erhalten bleiben”?

🥤 Sollen ALLE Gasnetze erhalten bleiben? Sollen nur BESTIMMTE Gasnetze erhalten bleiben, aber mehr als nur die, die für eine sichere Wärmeversorgung notwendig sind?
Meint die CDU mit “Erhalt”, dass die Netze nur STILLGELEGT werden sollen, anstatt sie RÜCKZUBAUEN? Ist ihr wichtig, dass überflüssige Netze zukünftig für CO2, Wasserstoff, oder Strom- und Telekommunikationsleitungen weitergenutzt werden können? Oder sind die Gasnetze wortwörtlich der letzten fossile gasführende “Strohhalm”, an den sich die CDU klammert? 

Nun denn, wir werden es bald herausfinden. Erstmal sollten wir uns darüber freuen, dass den politischen Entscheider:innen zumindest bewusst geworden ist, dass sie einen Umgang mit dem Ende der Gasversorgung finden müssen - ob das ohne ein größeres Wärmepaket durch den Bundestag gehen wird, halte ich allerdings gerade für fraglich. Meinungen dazu?

Umweltinstitut München auf Linkedin

Realitätsverweigerung bei der CDU: Ein Leak aus der Arbeitsgruppe Energie/Klima zeigt, wie sehr die Partei am fossilen Geschäftsmodell festhalten will. Sie fordert explizit, dass #Gasnetze erhalten bleiben sollen. 

Und das, obwohl längt klar ist, dass ein Großteil der Gasnetze nicht mehr benötigt wird, wenn Schritt für Schritt alle Haushalte auf klimafreundliches Heizen umstellen. Denn aus fossilem Gas wollen wir aussteigen. Und teure alternative Gase wie Wasserstoff und Biomethan stehen für Heizungen nicht zur Verfügung. 🚫 

🔬 Eine kürzlich erschienende Fraunhofer-Umfrage unter 267 Städten und Stadtwerken bestätigt das: Nur 1% der Befragten berichteten im Zuge der Wärmeplanung von Maßnahmen, die eine Weiternutzung der Gasnetze mit Wasserstoff ermöglichen sollen.

Ein kleiner Lichtblick: Trotzdem wollen die Verhandler:innen die bald fällige EU-Gasrichtlinie umsetzen, die das Stilllegen von Gasnetzen überhaupt erst ermöglichen wird.

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