Sonntag, 6. April 2025

Auch für Deutschland als Wirtschaftsstandort wäre ein Windkraft-Aus fatal

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Studie zeigt erstaunliche Zahlen: So teuer wäre unser Strom ohne Windräder

Immer wieder wettern Politiker insbesondere der AfD gegen Erneuerbare Energien, allen voran gegen die Windkraft. Ein Abriss der Windkraftanlagen hätte jedoch immense negative Auswirkungen für Deutschland – und steigende Strompreise wären nur eine dieser Auswirkungen.



Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel bezeichnete Windkraftanlagen bereits als "Windmühlen der Schande", die allesamt abgerissen werden sollen. Im Wahlkampf versprach sie: "Wir werden die hässlichen Dinger niederreißen. Wir werden sie niederreißen, wo sie nicht hingehören und wiederaufforsten."

Von der unpassenden Wortwahl abgesehen, hätte ein Abriss der Windkraftanlagen jedoch immense negative Auswirkungen für Deutschland.

Ein Ausstieg aus der Windkraft würde zunächst unmittelbar steigende Stromkosten bedeuten, warnt der Energiemarktexperte Lion Hirth im Gespräch mit ZDF Heute: "Den Ausbau der Windenergie zu stoppen oder gar bestehende Anlagen zurückzubauen, würde sofort den Strompreis für private Haushalte und Unternehmen in die Höhe treiben".

Greenpeace-Studie: Ohne Onshore-Windkraft wäre der Strom rund 50 Prozent höher

Würde man die insgesamt 28.766 Onshore-Windkraftanlagen in Deutschland abreißen, wäre das extrem teuer: Rund 7,91 Milliarden Euro würde allein der Rückbau der deutschen Onshore-Windräder kosten. Die Umwelt- und Klimaschutzorganisation Greenpeace kommt im Rahmen einer Studie zum Windkraft-Rückbau zwar zu anderen, aber ähnlich hohen Kosten: Da die Betreiber von Windkraftanlagen juristischen Bestandsschutz genießen, würde laut den Berechnungen eine durchschnittliche Gesamtentschädigungssumme für die Betreiber in Höhe von 64 Milliarden Euro anfallen. 

Diese Entschädigungszahlungen beinhalten zumindest die anteilige staatliche Übernahme von Rückbaukosten, da die Betreiber rechtlich verpflichtet sind, finanziell für den Rückbau vorzusorgen, ihre finanzielle Vorsorge jedoch über die geplante Betriebsdauer der Anlagen verteilen. Sofern die Rückbaukosten nicht von der Entschädigungssumme gedeckt wären, schätzt Greenpeace die Rückbaukosten für deutsche Onshore-Windkraftanlagen auf etwa 5,5 Milliarden Euro.

Da Windkraft im vergangenen Jahr die wichtigste Stromquelle für Deutschland war und rund 33 Prozent zur heimischen Stromerzeugung beitrug, würde die Menge an verfügbarem Strom mit einem Windkraft-Aus entsprechend stark schrumpfen. Das würde sich in immensen Preissteigerungen bemerkbar machen. Zu beobachten war das auch während der Dunkelflaute im vergangenen Dezember: Im Winter können Photovoltaik-Anlagen nur sehr begrenzte Mengen Strom produzieren, umso wichtiger sind Windkraftanlagen in der kalten Jahreshälfte, in der mehr Energie verbraucht wird. Tritt eine Dunkelflaute mit Windstille ein, macht sich der Windkraft-Ausfall sofort mit rapide steigenden Preisen an der Strombörse bemerkbar.

Windkraftanlagen wegreißen hieße "dauerhaft hohe Strompreise", erklärt Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, in einem Beitrag für Klimareporter. Diese dauerhaft hohen Strompreise gäbe es aber wohlgemerkt nur dann, wenn unser Stromnetz einen Windkraft-Stopp überhaupt überstehen könnte: "Wir könnten nicht mal garantieren, dass unsere Stromversorgung weiterhin stabil bliebe", erklärt Quaschning.

Greenpeace rechnet in der Studie zum Windkraft-Rückbau vor, dass der Börsenstrompreis – also der reine Strompreis ohne anfallende Steuern, Gebühren und Abgaben – im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 78,51 Euro je Megawattstunde (MWh) beziehungsweise 7,9 Cent/kWh lag. Im modellierten Szenario ohne Onshore-Windstrom hätte der Großhandelspreis hingegen im Durchschnitt bei 117,68 Euro/MWh oder 11,8 ct/kWh gelegen. Der durchschnittliche Großhandelspreis wäre somit um 39,17 Euro/MWh gestiegen, was einer Preissteigerung von rund 50 Prozent entsprochen hätte.

Auch für Deutschland als Wirtschaftsstandort wäre ein Windkraft-Aus fatal

Konsequenzen gäbe es aber auch für den Arbeitsmarkt, so Quaschning weiter. Würde man alle Windkraftanlagen in Deutschland wieder abbauen, würden auch rund 120.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Windbranche wegfallen, Milliarden Euro an Umsätzen und auch die damit verbundenen Steuereinnahmen. Ähnlich wie beim politisch forcierten Einbruch des Solar-Booms, bei dem zwischen 2012 und 2015 rund 80.000 Arbeitsplätze hierzulande abgebaut wurden, würde Deutschland erneut eine nachhaltige, wachsende und die Energieunabhängigkeit stärkende Zukunftstechnologie ans Ausland verlieren.

Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie Offshore, kritisierte die AfD-Forderungen laut einem Bericht der Welt ebenfalls scharf: Die AfD nehme damit den wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands in Kauf. Die Vorschläge der AfD stärkten die Abhängigkeit von Gas und Öl, Nutznießer wäre der russische Staatschef Wladimir Putin, meint Thimm.

Energieökonom Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum erklärt laut Bild :"Egal, mit welcher Brille man auch auf die Windkraft schaut, sie wird eine zentrale Säule des zukünftigen Energiesystems sein - nicht nur in Deutschland. Und das aus rein wirtschaftlichen Gründen." Es könne also nicht darum gehen, Windkraftanlagen abzubauen – im Gegenteil: Mehr Windkraft würde auch günstigeren Strom bedeuten.

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