hier Rico Grimm February 04, 2025
Letzter Schwung für die Energiewende
Diese Woche schauen wir in den Bundestag. Dort haben Union und Rot-Grün in den letzten Tagen bewiesen, dass sie in wichtigen Politikbereichen konstruktiv zusammenarbeiten können. So etwas gilt gerade ja schon als Nachricht an sich. Die drei Fraktionen haben mehrere Energiewende-Gesetze gemeinsam beschlossen.
Die neuen Gesetze betreffen Solaranlagen, Biogas-Anlagen, Windkraft und den Emissionshandel.
Aber ein viel diskutiertes Gesetz fehlt.
Solarspitzengesetz - Was im Gesetz steht
- Neue PV-Anlagen erhalten bei negativen Strompreisen keine Einspeisevergütung. Stattdessen werden die Stunden negativer Preise an die 20-jährige EEG-Förderzeit angehängt.
- Besitzer kleinerer PV-Anlagen haben mehr Möglichkeiten, ihren Strom direkt zu verkaufen. Bisher konnten das nur Anlagen mit mehr als 100 KW Leistung.
- Das Gesetz ermöglicht die Fernsteuerung von Solaranlagen und Großverbrauchern (z. B. Wärmepumpen) ab 7 kW Leistung, um Netzüberlastungen zu vermeiden.
Balkonkraftwerke sind ausgenommen.
- Solange PV-Anlagen bis 25 KW nicht per Smart Meter angeschlossen sind, müssen sie ihre Erzeugungsleistung auf 60% begrenzen.
- Beim Einbau intelligenter Messzähler („Smart Meter“) werden Abnehmer mit mehr als 6000 kWh/Jahr und Betreiber von PV-Anlagen mit mehr als 7 KW zuerst bedient.
Seit Jahresbeginn gibt es ein Recht auf den Einbau von Smart Metern. Das Gesetz verteilt die Kosten für diesen Einbau neu. Fortan kann das bis zu €100 (statt bis zu €30) kosten. Hinzu kommt eine jährliche Pauschale von bis zu €30.
🍏Was ich denke
Wir sehen immer häufiger negative Strompreise. Sie sind Zeichen eines kaputten Marktes und untergraben die Akzeptanz der Energiewende, weil genug Strom da ist, die Allgemeinheit aber weiter Einspeisevergütung zahlt.
Wenn diese kleinen Änderungen die Zeiten negativer Preise verkürzen, ohne den privaten Solarenergieausbau zu verlangsamen, wäre das ein Erfolg. Aber ich bezweifle es.
Ohne flächendeckenden Ausbau von Smart Metern bleiben viele Ideen (z.B. virtuelle Kraftwerke), den Strom kleinerer Anlagen besser zu nutzen, Theorie.
Die Regierung hat diesen Einbau verteuert. Profitieren dürften erstmal die Anbieter von großen Netzspeichern.
Ältere Biogasanlagen erhalten längere Förderung - Was im Gesetz steht
Immer mehr alte Biogas-Anlagen fallen aus der staatlichen Förderung, die Rot-Grün im Jahr parallel zu Solar und Wind eingeführt hatte.
Die Bundesregierung hat nun die Ausschreibemengen für Energie aus Biogasanlagen für die nächsten zwei Jahre erhöht.
Sie will künftig Biogasanlagen belohnen, wenn sie flexibler fahren. Dafür gibt es höhere Zuschläge und eine neue Berechnungsmethode.
🍏 Was ich denke
Biogasanlagen könnten als flexible Langfristspeicher im deutschen Strommarkt agieren. Ich habe das am Beispiel des Startups Reverion gezeigt.
Der Vorteil: Viel Infrastruktur steht schon. Allerdings belohnen Markt und Regierung diese Speicherung bisher nicht. Das neue Gesetz ist eine kurzfristige Hilfe, nicht Ausdruck langfristiger Strategie. Ich vermute: Biogasanlagen werden in den nächsten Jahren wieder Thema sein.
Mehr Platz für Windkraft - Was im Gesetz steht
Der Entwurf stammt von der Union. Er hat zum Ziel, den Windkraftausbau in wenigen, speziell ausgewiesenen Flächen zu konzentrieren – ohne dabei an den Flächenzielen selbst zu rütteln.
🍏Was ich denke
Es ist schwer abzuschätzen, da jede Kommune anders mit den neuen Planungsrechten verfahren kann. Theoretisch haben sie jetzt mehr Mittel, um den Windkraftausbau zu verlangsamen. Das muss aber nicht geschehen.
Wichtiger Kontext: Das Gesetz gilt als „Lex Sauerland”, weil Friedrich Merz sich persönlich dafür eingesetzt hatte. Ähnliche Gesetze hatten Gerichte in NRW zweimal gekippt.
Was die Regierung noch beschlossen hat
Eine Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes war lange überfällig. Deutschland überführt damit europäische Beschlüsse in nationales Recht. Mit diesem Gesetz kann der Emissionshandel schrittweise ausgeweitet werden. (Gesetzestext, Stimmen der Experten)
Eine Reform des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes zielt darauf ab, die Förderung von entsprechenden Anlagen, Wärmenetzen und -speichern sowie E-Heizern zu verlängern und zu verbessern. (Gesetzestext)
Welches Gesetz fehlt
Das Gesetz, das einen Kapazitätsmarkt in Deutschland einrichtet. Zur Erinnerung: Bei einem Kapazitätsmarkt sollen Energieerzeuger Geld dafür bekommen, Kraftwerke aller Art in der Reserve zu halten für Dunkelflauten oder Vorfälle.
Vor allem die Betreiber von Gaskraftwerken hatten auf eine zügige Verabschiedung des Gesetzes gedrängt, da sie mit dem Bau neuer Kraftwerke beginnen wollen.
Mein frommer Wunsch: Durch die Verzögerung wird immer Politikern deutlich, dass auch große Speicher helfen können. Sie werden im Vergleich zum Gas mit jedem Monat wettbewerbsfähiger.
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