Mittwoch, 19. Februar 2025

So gestalten Tiere die Landschaften der Erde

Spiegel hier  18.02.2025,

Sie formen Flussbette um und erschaffen Ökosysteme: Eine neue Studie zeigt auf, wie groß der Einfluss von Tieren auf die Gestaltung der Erdoberfläche ist – und wie dramatisch ihr Verlust wäre.

Menschen formen die Welt um sich herum oft aus Beton und Asphalt. Bei Tieren sieht das ganz anders aus – und trotzdem sind viele von ihnen echte Baukünstler. Biber schaffen ganze Feuchtgebiete, Termiten erbauen meterhohe Hügel, Lachse formen Flussbetten um. Wie sehr sie die Erdoberfläche gemeinschaftlich umgestalten, haben Forschende der Queen Mary University of London nun erstmals in einer Studie analysiert.

»Diese Forschung zeigt, dass die Rolle der Tiere bei der Gestaltung der Landschaften der Erde viel bedeutender ist als bisher angenommen«, sagte Hauptautorin Gemma Harvey. Die meisten Studien, die bisher erstellt worden seien, betrachteten nur einzelne Tierarten. Für die Analyse trug das Forschungsteam systematisch Informationen über Süßwasser- und Landökosysteme zusammen.

»Süßwasserkrebse verändern die Ufererosion und den Sedimenttransport«, nennen die Forschenden ein Beispiel. »Ameisenhügellandschaften beeinflussen die Bodenerosion und den Abfluss.«

Würden Biber in bestimmten Gegenden wieder angesiedelt oder daraus entfernt, habe das starke Auswirkungen darauf, wie Flusslandschaften aussehen. Jüngst hatte eine Biberfamilie in Tschechien gar einen Damm errichtet, der die Naturschützer 1,2 Millionen Euro gekostet hätte. Auch grabende Skorpione und zahlreiche Fische wirkten auf die Landschaft ein, genauso wie Flusspferde, deren Spuren den Beginn von Entwässerungsnetzwerken darstellen könnten.

Biberbauten, Ameisenhügel – diese »vielfältigen natürlichen Prozesse« seien für den Planeten »unerlässlich, und doch laufen wir Gefahr, sie mit dem Rückgang der biologischen Vielfalt zu verlieren«, sagt Harvey.

Die Studie, die in den »Proceedings« der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass Wildtiere zusammengenommen unglaublich viel Energie zur Gestaltung der Erdoberfläche aufwenden. Diese Energie entspreche »Hunderttausenden von extremen Überschwemmungen«.

Das Forscherteam hat Effekte von mehr als 500 Wildtier- und fünf Nutztierarten zusammengetragen, darunter Insekten, Säugetiere, Fische, Vögel und Reptilien. Fast 30 Prozent der identifizierten Arten seien selten, endemisch oder bedroht, mahnen die Forschenden an. »Dieser Verlust könnte tiefgreifende Folgen für die Ökosysteme und die von ihnen unterstützten Landschaften haben«, heißt es in einem Auszug der Studie .

Die Wissenschaftler merken zudem an, dass gerade Tiere in den Tropen und Subtropen durch mangelnde Forschung unterrepräsentiert seien – es global gesehen somit viel mehr Tiere gebe, welche die Landschaften umgestalten.

Einfluss von Nutztieren auf geomorphologische Prozesse enorm
Nutztiere – also Rinder, Yaks, Ziegen, Schafe und Pferde – dürften die geomorphologischen Prozesse sogar noch viel stärker beeinflussen, schreiben die Forschenden, weil es weltweit derart viele davon gebe und es sich um große Säugetiere handele. Ihr Beitrag wird in der Studie auf das 450-Fache von Wildtieren geschätzt.

Zahlreiche tierische Akteure werden von der Studie wahrscheinlich übersehen, geben die Forschenden zu bedenken. Insekten etwa seien zu klein, andere Tiere leben unter Wasser oder unter der Erde. Bei wieder anderen seien die Auswirkungen vielleicht nicht so offensichtlich.

Die Berechnungen stellten deswegen »ein Minimum und wahrscheinlich eine erhebliche Unterschätzung« dar. Auch Küsten- und Meeresgebiete wurden nicht betrachtet. 


Tagesspiegel hier 17.2.25

Biberdamm und Termitenhügel: Tiere als Landschaftsarchitekten

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