Freitag, 7. Februar 2025

Mit der Nähe wächst die Akzeptanz: „lokale finanzielle Partizipation als Akzeptanzhebel“

3 Texte zur Windkraft beleuchten die Situation. Falschinformationen sind weit verbreitet und der Faktencheck zu Weidels Aussagen bezeugen ihre Aussagen als "populistischer Unsinn". Mit der Nähe wächst die Akzeptanz - selbst bei  AFD Anhängern.
Ziemlich spannend finde ich diese Aussage: "Dennoch ist die Windkraft in Deutschland schon jetzt ein Job-Motor: 124.000 Menschen arbeiteten 2024 in der Windbranche, mehr als in der Solarbranche (84.000) und weit mehr als in der Kohle-Industrie, die mittlerweile weniger als 17.000 Menschen Arbeit gibt."

ARD
hier 06.02.2025  Von Katha Jansen, SWR

Falschinformationen zur Windkraft weit verbreitet

 Klima-Fakten: Etwa ein Drittel des Stroms ist in Deutschland zuletzt mit Windrädern erzeugt worden. Für oder gegen Windkraft gibt es eine Reihe sachlicher Argumente - aber es gibt auch etliche Desinformationen.


Sucht man im Netz zum Thema Windkraft, begegnen einem früher oder später Statements wie: "Windräder verursachen mehr CO2 als sie einsparen" oder "Die Fundamente der Windräder schädigen unser Grundwasser". Diese Aussagen werden von der Wissenschaft so nicht gestützt.

Warum es ausgerechnet rund um die Windkraft besonders viel Desinformation gibt, dazu hat Kevin Winter von der Universität Hohenheim eine Theorie. Es gehe einerseits darum, worauf die Akteure, beispielsweise die fossile Industrie oder konservative Thinktanks, die solche Falschinformationen verbreiten, ihre Schwerpunkte legten, so Winter gegenüber dem SWR.

Andererseits habe es damit zu tun, dass Windräder sehr präsent im Landschaftsbild sind. Die Menschen seien sehr direkt von Windrädern betroffen. Und schließlich spielt seiner Meinung nach auch ein zunehmendes Misstrauen gegenüber der Regierung oder politisch Verantwortlichen eine Rolle.

Viele Menschen glauben die Falschinformationen

Winter hat dazu geforscht, wie sich die falschen Informationen zur Windkraft verbreiten und wie viele sie glauben. Ergebnis: Über ein Viertel der Befragten stimmt einer Vielzahl von Falschinformationen zu. Etliche glauben sogar an geheime Machenschaften beim Bau von Windrädern. Wie empfänglich Menschen für irreführende Behauptungen über Windräder sind, hängt laut der Studie vor allem von den Weltanschauungen der Befragten und weniger von fehlendem Wissen ab.

Befragt wurden im Rahmen der Untersuchung auch Menschen in Australien, Großbritannien und den USA. Auffällig bei den deutschen Befragten ist die hohe Zustimmung bei Falschinformationen zu Gesundheitsproblemen. Etwa 30 Prozent glauben, dass der Lärm von Windrädern Gesundheitsschäden wie Kopfschmerzen oder Impotenz bei Menschen auslösen kann.

Und das, obwohl es zahlreiche Studien gibt, die belegen, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den (hörbaren und nicht hörbaren) Geräuschen von Windrädern und Gesundheitsrisiken gibt.

Vogelschutz ist möglich

"Windräder rotten geschützte Vögel aus, und man kann nichts dagegen tun!" Auch das ist eine Falschinformation, die immer wieder aufs Neue verbreitet wird. Wie bei vielen Falschinformationen, gibt es auch hier einen wahren Kern. Es sterben tatsächlich etliche Vögel und auch Fledermäuse durch Windräder. Wie viele es genau sind, lässt sich laut Experten schwer beziffern und noch schwerer mit anderen Todesursachen, wie Glasscheiben oder Kollisionen mit Autos, vergleichen.

Das liegt unter anderem daran, dass Windräder zum Beispiel für Greifvögel wie Rotmilane ein großes Risiko darstellen, Fensterscheiben eher ein kleines. Von "Ausrottung" zu sprechen, hält aber unter anderem das Bundesamt für Naturschutz nicht für angebracht. Und auch Vogelschützer halten die Klimakrise für eine deutlich größere Bedrohung für die Artenvielfalt. Hinzu kommt: Es gibt Möglichkeiten, die Tiere zu schützen. Das fängt schon bei der Standortwahl der Windräder an. Aber auch Abschalt- oder Geschwindigkeitssteuerungen helfen, Kollisionen zu vermeiden.

Windräder sind keine heimlichen CO2-Schleudern

Eine weitere populäre Falschinformation zur Windkraft behauptet, dass die Technologie mehr CO2 erzeugt, als durch ihre Nutzung eingespart werden kann. Auch hier gebe es einen wahren Kern, erklärt Winter. Denn betrachtet man den gesamten Lebenszyklus, von der Produktion der Windkraftanlagen bis zur Entsorgung, dann erzeugt auch Windenergie CO2. Allerdings sei die Bilanz nach weniger als einem Nutzungsjahr wieder ausgeglichen, so Winter.Das Umweltbundesamt kommt in einer Studie sogar zu dem Schluss, dass Windenergie an Land von allen erneuerbaren Energieträgern den größten Beitrag zum Klimaschutz leistet, weil vergleichsweise große Mengen an Treibhausgasen eingespart werden.

Zahlreiche Verbreitungswege für Falsch- und Desinformationen

Die Liste solcher falschen Fakten rund ums Thema Windkraft ist lang. Grundsätzlich kann man die falschen Aussagen in zwei Gruppen unterteilen: Falschinformationen, die aus Unwissenheit weiterverbreitet werden, und Desinformationen, also wirklich bewusst gestreute falsche Fakten. 

Die Verbreitung erfolgt durch ganz verschiedene Akteure. Teilweise kommen solche Aussagen aus der fossilen Industrie oder von konservativen Thinktanks. Sie finden sich aber zum Beispiel auch im Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl wieder. Über die sozialen Medien verteilen sie sich dann schnell weiter. Julius Schmidt arbeitet für das Dialogforum Energiewende und Naturschutz, ein Gemeinschaftsprojekt von BUND und NABU. Er betont, dass auch manche Bürgerinitiativen eine entscheidende Rolle spielen. Diese setzen Desinformationen ganz gezielt ein, um Windkraftprojekte bei sich vor Ort zu verhindern, sagt er.

Mehr Beteiligung hebelt Des- und Falschinformationen aus

Ein gutes Mittel gegen falsche Informationen und für mehr Akzeptanz sehen viele Experten in mehr Beteiligung. So sieht es auch Schmidt. Denn wer finanziell vom Windpark um die Ecke profitiert und bei Planung und Konzeption mitreden konnte, der hat oft einen ganz anderen Blick auf die Windräder als Unbeteiligte.

Auch Kevin Winter sieht in der Beteiligung der Menschen Chancen. Zudem verweist er auf die Notwendigkeit, beim Thema Windkraft bewusster zu kommunizieren. Es sei wichtig, Menschen in ihrer Lebensrealität abzuholen und im Zweifel zunächst über eine gesicherte Energieversorgung oder finanzielle Vorteile durch Windkraft zu reden - und erst dann über Umweltschutz.


RND hier  Frank-Thomas Wenzel  28.01.2025, 

Windkraft: Mit der Nähe wächst die Akzeptanz – auch bei AfD-Anhängern

Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft

Vorbehalte gegen die Windenergie sind weit verbreitet. Doch die Skepsis ist dort deutlich schwächer, wo moderne Mühlen schon stehen. Finanzielle Beteiligung an den Erträgen ist dabei ein wesentlicher Faktor.

 Es sind fast reflexhafte Reaktionen: Sobald irgendwo in Deutschland Windmühlen aufgestellt werden sollen, ist große Aufregung unter den Bewohnern und in der Kommunalpolitik garantiert. Doch eine aktuelle Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Sobald die Anlagen erst mal stehen, ist die Akzeptanz weiterer Windräder erheblich höher. Das trifft sogar auf Anhänger der windkraftkritischen und in Teilen rechtsextremen AfD zu.

Mehr als 50 Prozent der Bürger wollen mehr Windkraft

Generell gilt: Fast 55 Prozent der gut 2100 bundesweit vom IW Befragten befürworten einen Ausbau der Windkraft. Gut ein Fünftel (22,2 Prozent) will davon nichts wissen. Und 23,2 Prozent antworteten in der Studie, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, mit „teils/teils“.

Frühere Studien haben gezeigt, dass die Skepsis gegenüber der wichtigsten erneuerbaren Energiequelle vor allem in Ostdeutschland besonders hoch ist. Das ist pikant, weil sich dort bereits heute etwa ein Drittel der Mühlen befindet, die derzeit Strom erzeugen, und der Ausbau der Windenergie an Land in den nächsten Jahren noch erheblich beschleunigt werden soll. Ohne einen massiven Zubau in den dünner besiedelten Regionen zwischen Ostsee und Sächsischer Schweiz wird die Energiewende kaum gelingen.

Das Wohnumfeld ist entscheidend

Mit Blick auf die Parteianhängerschaft zeigt sich auch in der IW-Befragung zunächst Erwartbares: Fast 90 Prozent der Grünen-Anhänger wollen den Ausbau. Bei AfD-Sympathisanten sind es nur knapp 23 Prozent.

Die IW-Forscher haben aber auch Überraschendes zutage gefördert: So liegt Zustimmung bei rund zwei Drittel, wenn sich Rotoren bereits im eigenen Wohnumfeld drehen. Wo noch keine Mühlen stehen, finden lediglich vier von zehn Befragten die Windräder gut. Diese Aufteilung lässt sich tendenziell über die Parteigrenzen hinweg erkennen. Und das gilt auch für viele Bürger, die der AfD nahestehen: Mehr als ein Drittel stelle sich „gegen den Appell ihrer Parteichefin, Windräder zurückzubauen“, so die IW-Autoren. Alice Weidel hat gefordert, die „Windmühlen der Schande“ samt und sonders abzureißen.

Ein wichtiger Faktor für ein Jawort zur Windkraft sei „lokale finanzielle Partizipation als Akzeptanzhebel“, heißt es in der Studie. Doch nur ein Drittel der Befragten fühle sich über den Ausbau ausreichend informiert. Es sei nun an den Ländern, für den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung zu sorgen: „Verschiedene Bundesländer haben vorgelegt und ermöglichen ihren Bürgern eine Beteiligung sowie jährliche Finanzspritzen für klamme Kommunen von bis zu 20.000 Euro pro Windrad.“


NTV hier  Von Oliver Scheel  18.01.2025

"Windmühlen der Schande niederreißen" - eine gute Idee?

Weidel-Vorstoß im Realitätscheck

Ein Ausschnitt der Parteitagsrede von AfD-Spitzenkandidatin Weidel schlägt hohe Wellen: Alle Windkraftwerke müssten weichen, wenn die Partei an die Regierung käme. Dabei irritiert nicht nur der harsche Tonfall der AfD-Chefin. Gegen den Plan sprechen erhebliche praktische Gründe.

Es waren markige Worte, die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf dem Parteitag in Riesa in den Raum rief: "Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!" Weg mit der Windkraft - kann das wirklich funktionieren? Wo stünden wir in Deutschland ohne Windkraft, wie effizient ist die Energie aus Wind? Und ist die Windkraft nicht auch ein Wirtschaftsfaktor, wie viele Menschen arbeiten eigentlich in diesem Bereich?

Kurz gesagt: Ohne Windkraft wird es schwierig, denn Wind ist bei der Stromerzeugung in Deutschland die Nummer eins. 

Wind ist unser wichtigster Energieträger. Ein Drittel der inländischen Stromproduktion kam im ersten Halbjahr 2024 aus Windkraftanlagen - Tendenz steigend. Blicken wir mal zurück: Im Jahr 1998 lag der Anteil der Windenergie am Strommix bei 0,8 Prozent. Deshalb kann die Windkraft mit Fug und Recht als riesige Erfolgsstory tituliert werden. Ende 2023 standen 28.667 Windenergieanlagen auf deutschem Land und Mitte 2024 noch einmal 1602 vor der Küste.

Deutschland ist also ein Windland. Auch bei den Investitionen liegt Wind gut im Rennen. In Europa hat kein Land mehr Windleistung installiert als Deutschland - das macht das Land interessant für Investoren. Weltweit liegen wir auf Rang drei nach China und den USA, laut Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung flossen 2023 7,4 Milliarden Euro an Investitionen in die Windenergie. Das waren aber nur 21 Prozent der Gesamtinvestitionen in erneuerbare Energien. Vor allem die ausufernde Bürokratie, die Zubau-Beschränkungen und komplizierte Bewerbungsverfahren sind hier die größten Hindernisse für Investoren. Hier hat der Zweig also Luft nach oben.

Es wird massiv in Wind investiert

Dennoch ist die Windkraft in Deutschland schon jetzt ein Job-Motor: 124.000 Menschen arbeiteten 2024 in der Windbranche, mehr als in der Solarbranche (84.000) und weit mehr als in der Kohle-Industrie, die mittlerweile weniger als 17.000 Menschen Arbeit gibt. Mit einer Beschäftigtenquote von 32 Prozent ist die Windenergie auch der größte Arbeitgeber unter den Erneuerbaren.

Wer hier also Windkraftanlagen niederreißt, der zerstört auch Jobs. Es arbeiteten zwar schon mal viel mehr Menschen in diesem Sektor, doch mit dem Koalitionsbeschluss von 2013 deckelten CDU und FDP die Windkraft, es kam zu massiven Jobverlusten in Deutschland. Vor allem im Offshore-Bereich, also der Windkraft, die auf See erzeugt wird, steigen die Zahlen aber derzeit wieder an.

Und die Windkraft ist generell auf dem Wachstumspfad

2023 wurden 745 neue Windenergieanlagen mit einer Leistung von 3.567 Megawatt neu installiert und an das deutsche Stromnetz angeschlossen. Auf See wurden 27 neue Anlagen mit einer Leistung von 257 Megawatt in Betrieb genommen und 74 Fundamente installiert. Damit lag der Gesamtzubau 2023 33 Prozent über dem Vorjahresniveau. Es wird also in Wind investiert.

Windenergie unschlagbar günstig

Und wie steht es mit der Effizienz der Windenergie, die Weidel ja kritisiert? Tatsächlich sind die Anlagen im Laufe der letzten Jahre wesentlich effizienter geworden. Sie wurden größer und leistungsfähiger. Die sogenannte "Energy Payback Time", also die Zeit, bis die eingesetzte Energie amortisiert ist, liegt unter einem Jahr. Laut einer Recherche des Bayerischen Rundfunks liegen die besten Windkraftanlagen schon nach zweieinhalb Monaten im Energieplus.

Außerdem ist mittlerweile überall bekannt, dass Photovoltaik und Wind den günstigsten Strom produzieren. An die 4 bis 6 Cent pro Kilowattstunde für Windenergie an Land - Offshore-Wind ist ein wenig teurer - kommt keine fossile Energie heran. Atomkraft übrigens schon gar nicht, allein schon, weil die Baukosten so exorbitant sind. Laut aktueller Berechnungen ist die Kilowattstunde Atomkraft viermal teurer als Wind.

Daher reagieren Wirtschaftsverbände, höflich formuliert, irritiert auf Weidels Wahlkampfrede. Zu behaupten, erneuerbare Energien würden nicht gebraucht, sei "fundamentale Volksverdummung", sagte der Vorstandsvorsitzende des Oldenburger Energieversorger EWE, Stefan Dohler. "Das ist purer Populismus, der die Fakten einfach negiert und den Wirtschaftsstandort Deutschland massiv schädigen würde", so Dohler, der auch Präsident des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft ist.

AfD-Plan ginge mit Enteignungen einher

Vom Bundesverband Windenergie Offshore hieß es, erneuerbare Energien und Klimaschutztechnik seien für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entscheidend. Alles andere erhöhe nur die Abhängigkeit von Gas und Öl, Nutznießer wäre der russische Staatschef Wladimir Putin, sagte Verbandsgeschäftsführer Stefan Thimm.

Ein Rückbau würde uns auch teuer zu stehen kommen, denn es käme neben den Rückbaukosten zu Entschädigungszahlungen an die Betreiber. Und die bereits investierten Milliarden in die Stromtrassen wären teure Milliardengräber. Abgesehen davon würde der Strompreis natürlich stark in die Höhe getrieben werden, weil Strom zur Mangelware würde und die Importe enorm anstiegen.

Übrigens: Wollte die AfD die Windkraftanlagen wirklich niederreißen, dann würde sie sich ziemlichen Ärger zuziehen, denn die meisten Windparks befinden sich in Privatbesitz von Firmen und Investoren. Das wären dann streng genommen Enteignungen, und gegen die hat sich die AfD bisher immer sehr laut ausgesprochen.

Wer also in Deutschland Windkrafträder niederreißen will, der legt massiv Hand an einen wachsenden Wirtschaftszweig, an unsere Stromversorgung und nicht zuletzt an Privatbesitz. Insofern ist Weidels Rede entweder als Wahlkampfgerassel zu verstehen oder schlichtweg als populistischer Unsinn.

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