Der Schock sitzt tief, so schnell wird nicht vergessen sein, was Merz angerichtet hat. Ob er über seinen Schatten springen kann darf bezweifelt werden. Ob die Omas ausgerechnet mit ihm Kaffee trinken wollen ebenfalls.
Denn wie schreibt die Frankfurter Rundschau:
"Was für eine Führung sollte man von derart fragilen Männlichkeiten wie Merz, Linnemann & Co. erwarten, die bei der kleinsten Kritik sofort nach der Inquisition rufen? Die sich mit seitenlangem Antragsunfug an vermeintlichen Gegnern rächen, inmitten einer globalen Polykrise?"
hier Zeit Ein Kommentar von Bernd Ulrich 28. Februar 2025,
Friedrich Merz: Der verdeckte LinksruckFriedrich Merz ist stärker auf die linken Kräfte im Land angewiesen, als ihm lieb ist. Er sollte sehr bald mit den Omas gegen Rechts Kuchen essen.
Im Sauerland mit seinen streng symmetrischen Baumplantagen denkt man gerne "gerade", wie Friedrich Merz das nennt. Das Leben in der Politik hingegen ist überwiegend krumm, kurvenreich und dialektisch. Und der dialektischste Vorgang dieser Tage spiralisiert folgendermaßen:
Bei der Bundestagswahl gab es numerisch einen Rechtsruck und – zugleich – politisch-strategisch einen Linksruck. Pardauz. Das muss dem möglichen neuen Kanzler nicht gefallen, Merz darf sich darüber sogar mächtig ärgern. Er muss damit aber schnellstmöglich klarkommen, sonst wird der Sauerländer nämlich nicht lange Kanzler bleiben – oder es gar nicht erst werden.
Um es vorwegzunehmen: Friedrich Merz wird noch mit den Omas gegen Rechts Kuchen essen gehen müssen. Kuchen, den er selbst gebacken hat.
Der relative Linksruck hat eine Fülle von Gründen:
- Zum einen hat die CDU und – ja, Markus Söder – auch die CSU bei der Wahl zu schwach abgeschnitten, um nun wirklich auftrumpfen zu können, obwohl Auftrumpfen die Lieblingsbeschäftigung der neuen Unionsführung ist.
- Zum Zweiten hat die SPD, auf die man zum Regieren nun mal angewiesen ist, dermaßen schlecht abgeschnitten, dass man ihre Schwäche und ihren Schmerz mit enormen Zugeständnissen wird kompensieren müssen.
- Verschärfend kommt, drittens, hinzu, dass die SPD es nun mit einer grünen Partei in der Opposition zu tun hat, die von allen Amtsbürden befreit ist und, wann immer es ihr beliebt, links von der SPD auftauchen kann.
- Noch gravierender ist, viertens, dass es links von SPD und Grünen seit vergangenem Sonntag erstmals seit langer, langer Zeit wieder eine ernst zu nehmende und obendrein provozierend gut gelaunte Linkspartei gibt.
Man stelle sich nur vor, die SPD wird mit massivem öffentlichem Druck (Verantwortung für das Land!) in eine Koalition mit einer sich rechts gerierenden Regierung und einem sozial unausgewogenem Koalitionsvertrag geprügelt und zwei Monate später sinkt die Sozialdemokratie in den Umfragen unter zehn Prozent und die Linke steigt über diese Marke. Dann ist die Steuerungsfähigkeit der Merzschen Regierung rasch dahin.
- Fünftens, und hier wird es so richtig interessant, wird Friedrich Merz es trotz aller nostalgischen Unvereinbarkeitsbeschlüsse seiner Partei, auch direkt mit der Linken zu tun bekommen, wann immer er im Bundestag eine Mehrheit braucht, um das Grundgesetz zu ändern. Und das wird aller Voraussicht nach nicht nur bei der Reform der Schuldenbremse passieren, sondern etwa auch, wenn neue Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt werden müssen, oder wenn die Wehrpflicht, diesmal mit Frauen, wieder eingeführt wird, oder falls der Verteidigungsfall ausgerufen werden muss.
- Und auch das ist noch nicht alles. Siebtens nämlich befindet sich dieses Land, ja der ganze Kontinent, in einer Art historischem Notstand, sicherheits- und geopolitisch, ökonomisch und ökologisch, aber auch demokratisch. Um das alles zu überstehen, bedarf es gewaltiger Kraftanstrengungen der Deutschen, möglichst vieler Deutschen oder wenigstens aller Gutwilligen darunter. Auch als Patriot und als Europäer braucht Merz also den linken Teil der Republik und immer mal wieder sogar die Linkspartei. Er wird mit ihr reden müssen, zur Not auch hart, etwa wenn sie sich in ihrer alten Russland-Freundschaft verlieren oder sich auf einen überholten Pazifismus berufen.
Um an die Macht zu kommen und um dort eine Weile zu verweilen, hat Friedrich Merz nun also eine sehr wichtige und anspruchsvolle Aufgabe vor der Brust, um nicht zu sagen ein Versöhnungswerk von historischem Grad: Er muss der gesamten Republik links von sich selbst die Hand reichen, er muss sie integrieren und anlächeln, er muss mit ihnen ringen, aber bitte immer schön fair und freundlich bleiben dabei. Das sagt nicht der menschliche Anstand, das sagt die schiere Physik der Macht.
Beginnen müsste Merz dieses Projekt "die Linke lieben" schon in der eigenen Partei, indem er sich den liberalen Flügel der CDU eng an die Seite holt, der ihn nebenbei auch bei den zu erwartenden Angriffen und Intrigen seitens der innerparteilichen Rechten (Söder, Dobrindt, Spahn) schützen könnte. Wer etwa ist für den Posten des Kanzleramtschefs vorgesehen?
Hat die Union, hat Friedrich Merz das verstanden, auch nur ansatzweise? Den Eindruck hat man leider gar nicht. Merz' Auftritt in München vor der Wahl spricht schon mal dagegen. Da hat er dermaßen verächtlich über Linke und Grüne gesprochen, dass man fürchten musste, das sei nicht nur Wahlkampf gewesen, sondern tatsächlich ernst gemeint. Auch der dort herausgeschleuderte Satz "Links ist vorbei" lässt nichts Gutes ahnen. Nee, nee, möchte man ihm zurufen, linke Politik wird dein täglich Brot.
Na gut, das war vor der Wahl. Dass die Union dann allerdings am Montag danach einen kulturkämpferischen Vorstoß in Gestalt einer 551 Fragen starken Kleinen Anfrage startete, wirft schon die Frage auf, ob die Herren bei der Führung der Union noch alle taktischen Tassen im Schrank haben. Wieder möchte man den Mann warnen: Leg dich mit Putin an, Friedrich Merz, oder mit Trump, aber doch nicht mit den Omas gegen Rechts! Pick your battles! Auch das herrische Memorandum, eigentlich ein Benimm-Katalog, das Merz dem amtierenden Bundeskanzler zukommen ließ, lässt befürchten, dass er sich keineswegs auf dem schnellsten Weg ins Kanzleramt befindet, sondern noch im schwarzen Wolkenkuckucksheim hockt.
Also, Friedrich Merz sollte sich schon mal ein paar Rezepte für den Kuchen raussuchen, den er den Omas gegen Rechts backen will. Vegane Variante nicht vergessen, Süßlupinenmehl gibt's bei Rewe.
hier Frankfurter Rundschau 27.02.2025, Von: Leo Fischer
Merz gegen die NGOs: Ein Würstchen ohne Haut
Die NGO-Attacke der Union legt keine Weltverschwörung bloß, sondern vielmehr die erbärmlich fragile Männlichkeit der Antragssteller. Die Kolumne.
Mit einigem Getöse haben die Unions-Fraktionen im Bundestag der scheidenden Bundesregierung eine Kleine Anfrage gestellt. Genauer gesagt, eine große. 551 Fragen lang ist der Text, der die „Neutralität“ von Vereinen, NGOs und Menschenrechtsorganisationen infrage stellt. Es geht um deren Finanzierung, staatliche Zuwendungen – vor allem aber um „Parteipolitik“.
Der Hintergrund: Die CDU/CSU ist sauer, dass NGOs im Wahlkampf zu Protesten gegen ihre Abstimmung mit der AfD aufgerufen hatten, und möchte diese jetzt dafür bestrafen.
Vorbereitet hatten diese Aktion rechte Medien: darunter Springers Welt sowie Nius, das Portal für alle, denen Springer nicht abgefeimt genug ist. In einem völlig abgedrehten Meinungsbeitrag raunte der Welt-Leitartikler gar von einem NGO-„Deep State“, der im Land die Fäden ziehe – in Anlehnung an ähnliche Verschwörungsmythen der US-MAGAs.
Methoden a la Trump und Orbán: Sieht so Deutschlands politische Zukunft aus?
Ja, Sie haben das richtig gelesen: In der Fantasie dieser Leute sind Organisationen wie „Omas gegen Rechts“, „Correctiv“ oder die „Amadeu-Antonio-Stiftung“ machtvolle Strippenzieher, ohne deren Manipulation die Leute niemals auf die Idee kämen, gegen Merz’ Wortbruch und sein Einreißen der Brandmauer zu protestieren. Teilweise wurde diese Kolportage dort sogar als brisante „Recherche“ ausgegeben. Dabei ist die staatliche Finanzierung von NGOs kein aufregendes Geheimnis, sondern seit Jahrzehnten etabliert, wurde sogar von CDU-Minister:innen angestoßen und gefördert.
Man kann sich lustig machen über Konservative, die gegen Sprechverbote wettern und zugleich NGOs das Demonstrieren verbieten wollen. Man kann das traurige Weltbild beklagen, in welchem die Leute nicht aus eigenem Antrieb heraus auf die Straße gehen, sondern nur, weil ihnen das eine NGO befohlen hat. Man kann auf den fragwürdigen Demokratiebegriff verweisen, in welchem Organisationen, die staatliche Förderung erhalten, fortan zu allem Politischen schweigen sollen. Man kann die Gefahren benennen, die darin bestehen, wenn eine künftige Kanzlerpartei die kritische Zivilgesellschaft auf eine Weise angreift, die man bisher nur von Trump und Orbán kannte.
Man kann aber auch ganz anders fragen – beispielsweise so:
Habt ihr eigentlich alle den Arsch offen?!
Fragiler Merz: Sind das souveräne Konservative, überlegene Staatsmänner?
Die Leute, die in Vereinen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen seit Jahren den Karren aus dem Dreck ziehen, die größten Versäumnisse der Politik auffangen, die Demokratie wieder und wieder vor dem Schlimmsten bewahren, auf prekären Stellen und in Gehaltsstrukturen, für die ein CDU-Amtsträger nicht mal ein Grußwort schreiben würde – auf die geht Ihr jetzt los?! Das ist euer Hauptgegner nach der Wahl – die Omas gegen Rechts? Nicht Putin, nicht das irrlichternde Amerika, nicht die Wirtschaftskrise, sondern der Naturschutzbund? Schämt Ihr euch eigentlich für nichts?!
Zur Person: Leo Fischer ist Autor und war Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“.
Und weiter: Was für eine Führung sollte man von derart fragilen Männlichkeiten wie Merz, Linnemann & Co. erwarten, die bei der kleinsten Kritik sofort nach der Inquisition rufen?
Die sich mit seitenlangem Antragsunfug an vermeintlichen Gegnern rächen, inmitten einer globalen Polykrise? Sind das souveräne Konservative, überlegene Staatsmänner? Oder sind das Würstchen ohne Haut? Die Vorstellung, solche Gestalten könnten künftig Weltpolitik gestalten, sollte uns alle mit Furcht erfüllen.
Heinrich Strößenreuther Linkedin 26.2.25
Keynote Speaker, Serial NGO-Founder u.a. Baumentscheid / KlimaUnion / GermanZero / Changing Cities, Spindoctor, Klima-& Verkehrslobbyist/-aktivist, Autor, ausgezeichnet u.a. mit Deutschem Fahrradpreis und -FahrgastpreisKeynote Speaker, Serial NGO-Founder u.a. Baumentscheid / KlimaUnion / GermanZero / Changing Cities, Spindoctor, Klima-& Verkehrslobbyist/-aktivist, Autor, ausgezeichnet u.a. mit Deutschem Fahrradpreis und -Fahrgastpreis
Die CDU Deutschlands greift nun Hashtag#OmasGegenRechts an, aber auch andere NGOs und die Gemeinnützigkeit an. Während Putin und Trump die Welt zerlegen, legt die Hashtag#CDU/ Hashtag#CSU Hand an die Zivilgesellschaft – ein Boomerang .... ?
Ich würde dann doch CORRECTIV und Co empfehlen, einmal die Konrad-Adenauer-Stiftung, andere parteinahe Vereinigungen, aber auch die Friedrich-Ebert-Stiftung anzuschauen, denn für Gesetzesveränderungen braucht es am Schluss ja immer zwei. Denn ob hier die Mittel immer so ausgegeben wurden, dass das Programm ein Programm ist, dass nicht nur der CDU hilft? Schon die einseitige Auswahl an Referenten, an Themen, an Runden – das müsste eigentlich ein Eldorado sein und so manches Finanzamt in Verzückung geraten lassen.
Schofelig ist das alle mal, denn unsere Gemeinschaft baut auf Ehrenamt, auf vielfältigen Einsatz, auf viele Extrameilen, die Millionen von Menschen neben ihrem Job gehen – für ein gutes Miteinander, gegen Diskriminierung, für die Paragraphen des Grundgesetzes.
Dass die CDU Deutschlands nun nichts eiligeres zu tun hat, kaum ist sie gewählt, via ChatGPT Hunderte von Fragen, genauer gesagt 551 Fragen per Kleiner Anfrage von der Bundesregierung beantworten zu lassen, zeigt von deren Trump'schen und Putin'schen Politikverständnis.
Die Union zielt und fragt u.a. auf CORRECTIV foodwatch Hashtag#ATTAC Omas gegen Rechts e.V. Campact e.V. Rosa-Luxemburg-Stiftung Heinrich-Böll-Stiftung Friedrich-Ebert-Stiftung Hashtag#AmadeuAntonioStiftung PETA Deutschland e.V. Animal Rights Dezernat Zukunft - Institut für Makrofinanzen Deutsche Umwelthilfe Agora Agrar Agora Energiewende Greenpeace Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND Bundesgeschäftsstelle) Netzwerk Recherche Neue deutsche Medienmacher*innen e. V. .
Ich bin entsetzt bis sprachlos – ob dieser Gegner und Kritiker mundtod- und einschüchternd-machenden Attacke, einer staatstragenden Partei unwürdig.
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