Dienstag, 4. Februar 2025

Nichts als Scheinlösungen: Wenn alle Geflüchteten Deutschland verlassen würden, wäre kein Einziges der drängenden Probleme gelöst.....

 hier  Riffreporter Ein Kommentar von Rainer Kurlemann  31.01.2025

Der Scherbenhaufen des Friedrich Merz

Der Kanzlerkandidat der Union ist hohes Risiko gegangen. Er stellt sich als Macher dar, der seine Ideen durchsetzt. Zweimal benötigte er die AfD für seine Mehrheiten. Die zweite Abstimmung ging verloren, doch die demokratiefeindliche AfD freut sich über Aufmerksamkeit. Und die Deutschen sind mit den KandidatInnen nicht zufrieden. Warum der Wahlkampf auf eine falsche Bahn geraten ist. 


Dieser Wahlkampf hätte viele Themen haben können, denn zahlreiche Menschen bewerten die Lage Deutschlands als schlecht.

  • Die Wirtschaft wächst nicht mehr, fast drei Millionen Arbeitslose. 
  • Die Kosten fürs Wohnen steigen. 
  • Die Finanzierung der Renten, des Gesundheitssystems und der Pflegekasse: nicht gesichert. 
  • Bahn und Brücken: marode. 
  • Die Digitalisierung: verpasst.
  • Jedes Jahr verlassen mehr als 40.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss. 
  • Und dann gibt es noch den Krieg in der Ukraine, 
  • zu viel Bürokratie,
  •  den Streit um die Schuldenbremse und 
  • die Bitte um mehr Zusammenhalt in der EU gegen den neuen US-Präsidenten. 
Hinzu kommt die Klimakrise, die nicht nur Deutschland und unsere Lebensgrundlagen betrifft, sondern den gesamten Planeten. Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gesellschaft, fordert, die hiesige Forschung endlich wieder an die Weltspitze zu bringen, mit zukunftsträchtigen Themen wie Batterieforschung, Wasserstoff und der Energiewende.

Warum also hat sich Friedrich Merz und seine CDU/CSU für den Aufsehen erregenden Fünf-Punkte-Plan ausgerechnet die MigrantInnen als Thema ausgesucht? Selbst wenn alle Geflüchteten Deutschland verlassen würden, wäre keines der drängenden Probleme gelöst, sondern es entstünden neue, weil Personal fehlt. Die eingesparten Kosten für geflüchtete Menschen sind zu gering, als dass sie Haushaltslöcher stopfen könnten. 

Deutschland sucht seine Zukunft - und die soll ausgerechnet darin bestehen, dass wir Grenzkontrollen zu den Niederlanden, zu Frankreich und Dänemark einführen? Wer in der Nähe der Grenze wohnt, weiß, dass sich die Kontrollen abseits der zentralen Verkehrswege leicht vermeiden lassen, aber das nur nebenbei.

Migration ein Thema, obwohl Zahlen sinken

Angeblich sind es die Toten von Magdeburg und Aschaffenburg, die den von Merz beschriebenen Zwang zum schnellen Handeln auslösen. Doch rechtfertigen sie einen Aktionismus, wie ihn der Bundestag in dieser Woche durch zwei Anträge der Unionsfraktion erlebte? Aktuelle Zahlen belegen, dass die Zahl der Asylanträge 2024 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 30 Prozent gesunken ist. Die meisten Zuwandernden kommen zudem auf legalem Weg, mit Pässen und Visa oder durch die Personenfreizügigkeit in der EU nach Deutschland. Und hundertprozentige Sicherheit ist ohnehin eine Illusion.

Mit Toten allein sollte man keine Politik begründen. Politik soll Zukunft gestalten. Und wenn schon die Opfer in den Wahlkampf gezogen werden, warum dann nicht auch anderen Gewalttaten und Unfällen Aufmerksamkeit schenken?  2023 starben 360 Frauen und Mädchen durch Gewalt gegen Frauen. Im gleichen Jahr verloren 446 Radfahrende hierzulande bei Verkehrsunfällen ihr Leben.


2023 in Deutschland:

360 Frauen und Mädchen starben durch Gewalt gegen Frauen.

446 Radfahrende verloren bei Verkehrsunfällen ihr Leben.


Merz bedient den Populismus

Der CDU-Chef hat sich aber für ein taktisches Manöver entschieden. Er sucht nach Sündenböcken, nach Menschen, die stellvertretend für schlechte Entwicklungen stehen sollen. Das ist kein Plan für die Zukunft, sondern das typische Muster des Populismus. Er täuscht Lösungen vor und spielt mit Emotionen, die bei denjenigen aufkommen, die sich anderen Menschen überlegen fühlen

Und er will diejenigen fangen, die sich nicht mehr vertreten fühlen oder scheinbar nach mehr Durchsetzungsvermögen und Führung verlangen. Merz präsentiert sich als energisch, als einer, der nicht lange redet, sondern seinen Fünf-Punkte-Plan unter allen Umständen durchsetzt, auch wenn andere demokratische Parteien dagegen sind. Das ist ihm nicht gelungen. Bei der Abstimmung sah alles nach einer knappen Mehrheit aus, doch die Mehrheit der DemokratInnen wollten dann doch nicht mit der AfD stimmen.

Merz’ Problem: Die von ihm gewählte Strategie ist schon besetzt. Es ist die Strategie der AfD. Eine Strategie der leeren Versprechungen. Eine Strategie, in der Wahrheit keinen Wert hat, und deren Parolen Rassismus und Ausgrenzung auf die Tagesordnung setzen. AfD-Chefin Alice Weidel hat es deshalb leicht, sich noch besser zu positionieren. Merz habe seine Forderungen zur Begrenzung der Migration bei der AfD abgeschrieben, sagte sie. Und sie wird diesen Satz liebend gern in den kommenden Wochen wiederholen, wenn sie für ihre Partei Stimmen sammelt. Ein perfides Spiel, das Merz in Kauf genommen hat.

Kritik aus den eigenen Reihen an Merz

Merz grundlose Eile, ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag im Bundestag einen Antrag vorzulegen, der auf die Zustimmung der AfD zielt, hat sogar Ex-Kanzlerin Angela Merkel aufgeschreckt. Zu ihren Stärken gehören kurze und leicht verständliche Botschaften. Für Merz hatte Merkel nur ein Wort: Sein Vorgehen sei „falsch“. Zwei Holocaust-Überlebende wollen ihr Bundesverdienstkreuz zurückgeben. Und selbst der Zentralrat der Katholiken, quasi das „C“ in der CDU, ist empört. Und Europa wundert sich mancher, dass ausgerechnet das Land, das am meisten von der EU profitiert, auf engstirnige nationale Lösungen setzt.

Friedrich Merz hat das falsche Thema gewählt und falsche Partner in Kauf genommen. Und nichts Zählbares gewonnen. Denn der Beschluss vom Mittwoch ist kein Gesetz, sondern nur eine Entschließung, der die Regierung nicht folgen wird. Der Gesetzentwurf von diesem Freitag hätte der Zustimmung des Bundesrats bedurft, wo er selbst von Unions-Ministerpräsidenten abgelehnt worden wäre. All das hat der CDU-Kanzlerkandidat gewusst. Merz hat den hohen Einsatz für eine politische Luftnummer riskiert und dafür sehenden Auges die Zustimmung einer demokratiefeindlichen Partei akzeptiert.

Kompromisse der Demokraten zählen, nicht die AfD

Mehr noch: Merz hat das Narrativ gestärkt, dass nach dem Scheitern der Ampel-Koalition von der AfD täglich verbreitet wird. Nämlich, dass die demokratischen Parteien abgelöst werden müssen, weil mit ihnen keine Veränderung erreicht werden kann. Merz hat sich klar an die Adresse von SPD und Grünen gerichtet: Wenn ihr nicht wollt, dann eben jemand anders.

Das Narrativ ist übrigens völlig falsch. Viele erfolgreiche Landesregierungen mit demokratischen Parteien in unterschiedlichen Koalitionen zeigen: Kompromisse und gutes Regieren im Sinne von Problemlösung sind politischer Alltag. Genauso soll Demokratie sein und so hat sie sich in Deutschland seit über 70 Jahren bewährt. Merz musste von Ministerpräsidenten aus der eigenen Partei an die Stärke der Demokratie erinnert werden. „Zeigen wir gemeinsam Handlungsfähigkeit aus der demokratischen Mitte“, sagte Hendrik Wüst aus NRW am Donnerstag. Daniel Günther aus Schleswig-Holstein sagte, „wir haben jetzt echt eine historische Verantwortung, vor der wir stehen.“ Berlins Bürgermeister wurde ähnlich deutlich: Der Berliner Senat werde niemals einem Gesetz im Bundesrat zustimmen, das nur in Abhängigkeit von den Stimmen der AfD zustande gekommen sei, so Kai Wegner. Der Parteichef wird von der eigenen Partei beobachtet. Doch die Union hat aus dem Absturz von Armin Laschet gelernt. Sie wird die Demontage ihres Kandidaten nicht noch einmal wiederholen.

Debatte um Brandmauer führt in die Irre

Zur Wahrheit gehört auch, dass die in diesen Tagen so intensiv geführte Debatte über die Brandmauer in die Irre führt. Der Begriff wertet die AfD auf. Die Diskussion erweckt nämlich den Eindruck, als ob hinter der Brandmauer eine Partei stehe, die regierungsfähig sei.

Die AfD ist keine ernsthafte Alternative. Mit einer Partei, die Fakten leugnet, gut begründete Analysen ignoriert, die regelmäßig mit Lügen, eigenen Wahrheiten, Hetze und Hass arbeitet, kann keine sinnvolle Politik entstehen. Dieser Weg führt immer in eine Diktatur. Sie beginnt damit, den Feinden der Demokratie die ersten kleinen Zugeständnisse zu machen. Wer erfolgreiche Politik macht und sie gut erklärt, muss nicht über Brandmauern sprechen, weil er keine Hilfe von Rechtsaußen braucht.

Der bessere Wahlkampf beschäftigt sich mit guter Politik. Damit, Probleme zu lösen. Die Vorschläge sollten einer Bewertung durch Fachleute standhalten und sich nicht als Luftnummer entpuppen. Wahlkampf lebt von neuen Ideen und nicht vom muffigen Blick zurück, dass alles schlecht sei. Persönliche Vorwürfe und hasserfüllte Sprache lösen keine Probleme

Ein besserer Wahlkampf macht auch mehr Spaß. Er kann auch dazu führen, dass Menschen ihr Interesse an der Politik wiederfinden, weil es um ihr eigenes Leben und Wohlergehen geht. Davon sind wir - leider - weit entfernt. Das zeigte auch die lautstarke Debatte am Freitag, bei der es über weite Strecken nur um Schuldzuweisungen ging.

Deutsche sind mit den KandidatInnen nicht zufrieden

Friedrich Merz hat den Wahlkampf auf einen Dauerbrenner mit erwartbaren Konflikten reduziert: die Migration. Er hat mit dem Feuer gespielt und der AfD eine Bühne geboten. Wohlwissend, dass andere Probleme eine größere Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Landes haben. Die Menschen warten darauf, dass die drängendsten Probleme Deutschlands gelöst werden

Daran sollten sich die WahlkämpferInnen in den verbleibenden Wochen orientieren. Die Liste ist lang - und der Frust groß. Der ARD-DeutschlandTrend meldete gestern, dass es erstmals in der Geschichte der seit 1997 erhobenen Umfrage keinen Kanzlerkandidaten gibt, mit dem mehr Menschen zufrieden sind als unzufrieden. Kein Kandidat erreicht mehr als 29 Prozent Zufriedenheit. Es ist höchste Zeit, darauf zu reagieren.


Volksverpetzer hier von Thomas Laschyk | Feb. 1, 2025

Die wahren Ursachen für Merz‘ Desaster

Merz und seine Union haben ihre Versprechen gebrochen und einen Tabubruch historischen Ausmaßes begangen. 

Angela Merkel kritisiert ihn dafür, CDU-Landeschef und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisiert ihn, die Kirchen kritisieren ihn dafür, der Holocaustüberlebende Albrecht Weinberg gibt aus Protest sein Bundesverdienstkreuz zurück. Er sagte buchstäblich: „Es ist bald wie in meiner Kindheit, als die Nazis die Macht übernommen haben„. Die rechtsextreme AfD jubelt und spricht von einer „neuen Epoche“. Und wofür das alles?

Und wofür das alles? Für einen rein symbolischen Antrag, der in Wahrheit nichts verändert. Hier ging es nicht um das Wohl der Deutschen, hier ging es nicht um einen ernsthaften Vorschlag. Mit Faschisten zusammenarbeiten – für reine Show. Selbst wenn man der Meinung sei, dass die Vorschläge sinnvoll seien oder irgendetwas verbessern würde – der Antrag würde eh nicht umgesetzt werden, weil er im Bundesrat scheitern würde, wenn es beschlossen wird, weil es die deutschen und die EU Gerichte einkassieren würden, weil es de facto die Freizügigkeit, eine der zentralen Errungenschaften der EU abschaffen würde. Genauer analysiert haben wir das in einem neuen Artikel hier

Doch dieser Verrat der Konservativen reicht noch viel tiefer, als man zuzugeben wagt. Kaum ein Medium spricht die Wahrheit aus. Auch Grüne und SPD, die die gebrochenen Versprechen von Merz laut zu Recht kritisieren – Merz versprach buchstäblich im November keine Anträge einzubringen, die nur mit AfD-Zustimmung durchkommen könnten – selbst die Parteien spielen die große, rechte Show mit. Das war ein unglaublicher Dammbruch, eine Zäsur der deutschen Politik. Und es ist noch viel schlimmer, als es jemand ausspricht. 

Deutschland ist sicher

Denn der vorgeschobene Grund für diese Anträge ist schon eine Lüge, die gar nicht mehr hinterfragt wird. Es gibt nämlich absolut keine Notwendigkeit dafür. Keine der Vorfälle der letzten Monate wäre durch diese Gesetze und Anträge verhindert worden. Diese Gesetze brechen EU-Recht, behandeln Menschen mit Migrationshintergrund wie Menschen zweiter Klasse, brechen mit den Menschenrechten. Und sie würden unser Land kein bisschen sicherer machen. Es ist reine Propaganda. 

Und ich spreche jetzt Fakten aus, die der neue rechte Mainstream nicht hören will. Fakten, die wahr sind, aber die niemand mehr traut, sich auszusprechen, weil das Gift der Nazi-Propaganda schon so tief in unseren Köpfen steckt. Deutschland ist sicher. Mehr Migration führt nicht zu mehr Kriminalität. Wir werden alle gerade gehörig verarscht. 

Die sichersten Jahre aller Zeiten

Wusstest du, dass Deutschland zwischen 2017 und 2022 so sicher war wie nie zuvor? Selbst die Gewaltkriminalität lag auf einem historischen Tiefpunkt. Auch 2023 gab es nicht mehr Kriminalität als 2010. 2010 – hat damals irgendjemand behauptet, Deutschland würde untergehen? 1991 gab es 1,6 Morde pro 100.000 Einwohner. 2023 waren es halb so viele: 0,8. Ja, genau auf die Jahre, nachdem über eine Million Menschen zu uns geflohen waren, 2015 und 2016, waren die sichersten Jahre seit der Wiedervereinigung.

 In Sachsen liegt die Mordrate bei 0,7 – bei nur 8,5 % Menschen mit Migrationshintergrund. Rheinland-Pfalz hat 28 % und kommt trotzdem auf eine niedrigere Mordrate von gerade einmal 0,4. Wie passt das zusammen? Und in Sachsen, genau dort, wo so viele AfD wählen, angeblich wegen der Migranten, leben kaum welche.

98,7 % aller anerkannten Schutzsuchenden fällt nie strafrechtlich auf. Deutsche unter 30 sind rein statistisch viel krimineller als anerkannte Schutzsuchende. Migration führt nicht zu mehr Kriminalität. Aber über Jahre haben BILD und AfD unsere Köpfe vergiftet. Studien zeigen, dass die Medien fast nur noch negativ über Migration sprechen, und fast nur noch über die Minderheit (!) der Straftaten, die von Migranten begangen werden. Alle anderen Fälle, die fast täglich passieren, werden tot geschwiegen. Natürlich begehen die absolut meisten Straftaten und Gewalttaten die Deutschen selbst. Wir werden hier gerade kollektiv gehirngewaschen. Wie die Statistiken und die Polizeiliche Kriminalstatistik genutzt werden, um euch was Falsches einzureden, haben wir hier sehr ausführlich erklärt, lest nach: hier

Dieses Gesetz hätte uns nie sicherer gemacht

Migration stabilisiert unsere Rentenkasse – denn dadurch wird Deutschland im Schnitt jünger, arbeitet mehr und bremst den demografischen Wandel. Auch die meisten Schutzsuchenden von 2015 arbeiten und zahlen in die Sozialsysteme ein. Die größten Sozialausgaben sind die für die Rente, Migranten sind aber in der Regel jung, arbeiten und zahlen ein. Migranten zahlen im Schnitt mehr in die Sozialkassen, als sie bekommen. Niemand redet darüber. Die meisten arbeiten hier, sind unsere Nachbarn, Freunde, Steuerzahler.

Beinahe jeder hält sich an Recht und Gesetz. Deutschland erlebt eine seiner sichersten Phasen der Geschichte. Es kommen auch kaum noch Schutzsuchende, wir schieben auch schon so viele ab wie rechtlich möglich, und die Grenzen werden bereits kontrolliert. Nicht, dass das nicht auch alles absolut nichts an unserer Sicherheit ändert, außer, dass es den Faschisten recht gibt. Die sich dann sicher fühlen, die nächste Terrorgruppe zu organisieren und mehr Gewalt zu verüben – 2024 stieg die Zahl der rechtsextremen Straftaten auf den Höchststand.

Studien zeigen, dass hier krass die Realität verzerrt wird durch die Medien – erst Recht, wenn es die rechtsradikalen Medien komplett darauf ansetzen, uns mit ihrer Propaganda zu indoktrinieren.

Ihnen sind die Opfer egal. Sie wollen nur Rassismus

Und wir lassen uns kollektiv von den rechten Parteien und Medien einreden, dass wir gerade eine Krise hätten, die so nicht existiert. Das ist eine riesige Ablenkung, damit wir betäubt sind, wenn der Faschismus wieder die Macht ergreift. Genau so wie Arbeitnehmerrechte eingeschränkt werden sollen, in dem Arbeiter gegeneinander ausgespielt werden sollen. Jeder dieser Fälle ist eine riesige Tragödie, aber diejenigen, die hier nach Migrationsverschärfungen schreien, sind diese Tragödien in Wahrheit egal. Denn keine dieser Maßnahmen hätte diese verhindert.

Keine dieser Maßnahmen hat irgendetwas mit Sicherheit zu tun. Keine hätte die Tragödien, die der angebliche Grund dafür sein sollen, verhindert. Das sind Scheinlösungen, weil es wieder salonfähig ist, den „Ausländern“ die Schuld zu geben. Was machen wir mit den meisten Straf- und Gewalttaten, die von Deutschen begangen werden? Sind die weniger schlimm? Muss man da nichts dagegen tun? Wir wollen die Grenzen schließen, aber die meisten Taten, in einer Zeit historisch niedriger Kriminalität, werden von denen verübt, die hier geboren und aufgewachsen sind? Merken wir überhaupt noch etwas? Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt? Wollen wir uns hier das wirklich noch einmal einreden lassen? 

Genau das ist der eigentliche Skandal. Die Wahrheit stirbt, wenn wir sie nicht mehr aussprechen. Darum: Seid laut, teilt diese Fakten, verteidigt unsere Demokratie. Und lasst uns alle anprangern, die diese Entwicklung verharmlosen oder bejubeln – denn ohne Wahrheit kann unsere Gesellschaft nicht bestehen. Wer wissen wollte, wie er sich an der Stelle seiner Großeltern verhalten hätte: Jetzt ist es Zeit, es herauszufinden.


hier WAZ  Artikel von Theresa Martus 2.2.25

CDU verspricht konservative Wende – und vergisst die Realität

Schon das Wort soll Entschlossenheit und Tatendrang signalisieren: Sofortprogramm. So steht es über einem Papier, das die CDU auf ihrem Parteitag beschlossen hat und das auf zwei knappen Seiten ausrollt, was als Erstes passieren soll, sollte die Partei nach der Bundestagswahl den nächsten Kanzler stellen.

Sofortprogramm, das klingt nach: Jetzt sind wir dran, jetzt’s geht richtig los. Niedrige Stromsteuern, weniger Bürokratie und vor allem weniger Migration, unter anderem mit dem Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz – das Papier verspricht CDU pur. Was nicht drin steht: dass nach der Wahl nicht nur die CDU, sondern noch mindestens eine andere Partei als Koalitionspartner ebenfalls Teil der Regierung sein wird. Und wenn es dabei bleibt, dass eine aktive Zusammenarbeit mit der AfD für die Union keine Option ist, dann wird diese Partei SPD oder Grüne heißen.

Wahlkampf heißt Partei-Position pur, aber Raum für Kompromisse muss bleiben
Es liegt in der Natur des Wahlkampfs, dass die Parteien ihre Positionen darstellen und nicht jetzt schon auf einen Kompromiss hinarbeiten. Aber die Tür dafür, dass ein Kompromiss möglich ist, sollte offenbleiben.

Doch weder der Kanzlerkandidat noch das Sofortprogramm lassen dafür Raum. Beim Fünf-Punkte-Plan zu Migration seien keine Kompromisse möglich, das hat Merz selbst betont. Aber wie sollen Koalitionsverhandlungen an diesem Punkt aussehen, wenn eine Seite vorab sagt, dass es nichts zu verhandeln gibt? Selbst wenn man außen vor lässt, dass Experten große Bedenken haben, etwa bei dauerhaften Grenzkontrollen: Wie sollen SPD oder Grüne sich darauf einlassen?

Wenn die Union sich einen Partner unter den Parteien der Mitte sucht, wird sie zu Kompromissen bereit sein müssen. Das Sofortprogramm allerdings ist damit sofort überholt.

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