Eine britische Studie zeigt, dass Wölfe bei der Regeneration von Wäldern helfen können – und so CO2 sparen. Das hängt mit ihren Nahrungspräferenzen zusammen
Die Begriffe "Wolf" und "Klimaschutz" tauchen selten im selben Satz auf - auch wenn es bei Wolfs- und Klimaschützern große Überschneidungen gibt. Eine deutlichere Verbindung stellt nun eine Studie her. Wie das Forschungsteam um Dominick Spracklen von der University of Leeds im Fachblatt Ecological Solutions and Evidence schreibt, wäre es für die CO2-Bilanz vorteilhaft, das Raubtier in den schottischen Highlands wieder anzusiedeln.
Auch dort war der Wolf einst beheimatet. Die Spezies war das Landsäugetier mit dem größten Verbreitungsraum, bevor Menschen sie töteten und zurückdrängten, um sich selbst und die Nutztiere zu schützen. Mitte des 20. Jahrhunderts war der Wolf in weiten Teilen Westeuropas ausgerottet. In Schottland dürfte das bereits Ende des 17. Jahrhunderts weitgehend der Fall gewesen sein, teils wurden Wälder verbrannt, um die darin befindlichen Wölfe zu töten.
Wölfe schützen Wälder
Doch sowohl Wölfen als auch Wäldern könnte es in Schottland bald besser gehen. Denn die Wiederansiedlung würde sich positiv auf das Baumwachstum auswirken. Gerade im schottischen Wildland fressen Rothirsche so viele Baumsetzlinge, dass sich die Baumbestände nur schlecht regenerieren können. Rotwild hat keine natürlichen Feinde mehr und wird lediglich durch Jagd reguliert.
Weil Rotwild wiederum auf dem Speiseplan von Wölfen steht, könnten Wölfe die hungrigen Hirsche in Schach halten, indem sie ihre Population verkleinern. Mehr Bäume können freilich mehr CO2 aus der Atmosphäre ziehen und den Kohlenstoff als Biomasse einspeichern.
Das Forschungsteam geht anhand von Modellrechnungen davon aus, dass das Wiederansiedeln des Raubtiers zu einer Individuenzahl von 167 Wölfen führen würde. Mit so vielen Wölfen würde die Rotwildpopulation genug eingedämmt werden, damit sich die Wälder selbstständig regenerieren können.
Der Wert eines Raubtiers
Für die CO2-Bilanz hätte ein entsprechendes Wachstum der Wälder zur Folge, dass man jährlich eine Million Tonnen Kohlenstoffdioxid extra binden könnte. Das ist nicht wenig, wie ein Blick auf die Klimaziele zeigt: Um bis 2050 auf Netto-null-Emissionen zu kommen, müssen britische Wälder mehr Kohlenstoff aufnehmen. Die Wiederaufforstung der Wälder durch wölfische Wildkontrolle könnte bereits fünf Prozent des gesetzten Waldziels ausmachen.
Um den Wert eines Wolfes Menschen begreifbar zu machen, berechnete das Team sogar, wie viel Geld er durch seine Ökosystemleistung in Sachen Kohlenstoffpreis entsprechen würde. Jeder Wolf wäre demnach 154.000 britische Pfund wert, umgerechnet rund 185.000 Euro. Pro Tier würden 6080 Tonnen CO2 zusätzlich aufgenommen werden.
Erstautor Spracklen weist darauf hin, dass es hierbei nicht nur um eine mögliche Bewältigungsstrategie in Zeiten der Klimakrise geht, sondern eine Maßnahme für mehr Biodiversität direkt damit zusammenhängt – die zweite große Krise unserer Zeit, wenn es um den Schutz unseres Lebensraumes geht. Laut Spracklen müsse man natürliche Prozesse berücksichtigen, wenn geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt werden sollen. Dies könne "einen positiven Beitrag zur Erholung von Klima und Natur leisten".
Beispiel Yellowstone
Bemühungen der Wiederansiedlung gab es in Schottland bereits in den vergangenen Jahren – und die Forderung, Schafzüchter über die besten Maßnahmen zum Schutz ihrer Herden und über Kompensationsleistungen zu informieren. Je nach Ökosystem-Parametern lohnt sich die Wiederansiedlung auch in anderen Ländern und Landstrichen. Auch im Yellowstone-Nationalpark konnte das Zurückbringen der Wölfe die Rothirschpopulation natürlicherweise kontrollieren, die Pflanzenwelt erholte sich.
Erst kürzlich erschien eine Analyse im Fachjournal Global Ecology and Conservation, derzufolge die Einführung von Wölfen innerhalb von 20 Jahren in Uferbereichen dafür sorgte, dass Weidenbäume größer wurden. Sie maßen einen Anstieg des Kronenvolumens um 1500 Prozent. "Unsere Ergebnisse unterstreichen den Einfluss der Raubtiere als Architekten der Ökosysteme", sagt Studienautor William Ripple von der Oregon State University. Auch andere Baumarten und Beerensträucher hätten davon profitiert. "Das ist eine überzeugende Erinnerung daran, wie Raubtiere, Beute und Pflanzen in der Natur miteinander verbunden sind."
Unerwartete Folgen
Neben ihrem Nutzen für Büsche und Bäume gelten Wölfe als "Gesundheitspolizei" der Wälder, weil sie eher kranke, schwache Beutetiere reißen und so etwa für die Eindämmung von Krankheiten in Rotwild-, Reh- und Wildschweinpopulationen sorgen können. Wie sich die Gruppengrößen der Tiere entwickeln, müsste jedoch überwacht werden. In Yellowstone töteten Wölfe mehr Rotwild als ursprünglich erwartet.
Nicht in jeder Umgebung haben Raubtiere außerdem den gleichen Effekt. Zwar schätzen Fachleute, dass Wölfe auch in den borealen Nadelwäldern Kanadas die Emissionen von Millionen Autos pro Jahr kompensieren könnten, doch wieder ist das richtige Gleichgewicht essenziell. Rotwild und Elche düngen nämlich mit ihren Exkrementen den Boden und treiben das Pflanzenwachstum an. In Gegenden, die waldbrandgefährdet sind, kann das Niedertrampeln und teilweise Dezimieren der Vegetation dabei helfen, dass Feuer früher gestoppt werden. (Julia Sica, 18.2.2025)
Spiegel hier 17.02.2025,
Wie Wölfe beim CO₂-Sparen helfen könnten
Mögliche Wiederansiedlung in Schottischen Highlands: Eine Million Tonnen CO₂ weniger in der Atmosphäre mithilfe von Wölfen? Dieses Szenario skizziert ein Forscherteam der Universität Leeds. Der Grund dieser kuriosen Klimaschutzmaßnahme liegt am Speisezettel der Tiere.
Rotwild frisst Baumsetzlinge, Wolf frisst Rotwild – so vereinfacht lautet die Formel eines Forscherteams der Universität Leeds. In einer Studie beschreiben die Wissenschaftler die positiven Folgen, die eine Wiederansiedlung der Raubtiere in den schottischen Highlands haben könnte. Demnach könnten Wölfe einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Die Tiere könnten den Forschenden zufolge dabei helfen, ein Grundproblem zu lösen, das in den als schottisches Wildland eingestuften Gebieten herrscht: Der Verzehr von Baumsetzlingen durch wachsende Rotwildpopulationen unterdrückt die natürliche Regeneration von Bäumen und Wäldern. Der Wolf würde dem entgegenwirken: Anhand des Raubtier-Beute-Modells schätzen die Forschenden, dass eine Wiederansiedlung zu einer Gesamtpopulation von etwa 167 Wölfen führen würde. Die Zahl würde ausreichen, um die Rothirschpopulationen auf ein Niveau zu reduzieren, das eine natürliche Regeneration der Bäume möglich macht.
Wölfe könnten zum Netto-null-Ziel beitragen
Die natürliche Kontrolle des Rotwilds durch die Wölfe könnte zudem eine Ausdehnung der einheimischen Wälder nach sich ziehen. Die Wissenschaftler der Universität Leeds schätzen, dass dadurch jedes Jahr eine Million Tonnen CO₂ gebunden würden. Das entspricht etwa fünf Prozent des Kohlenstoffabbauziels für britische Wälder, das der britische Ausschuss für Klimawandel als notwendig erachtet, um bis 2050 ein Netto-null-Ziel zu erreichen.
Jeder Wolf könnte jährlich zu einer CO₂-Aufnahmekapazität von 6080 Tonnen führen, so die Forschenden. Jedes Raubtier sei unter Zugrundelegung anerkannter aktueller Bewertungen von Kohlenstoff demnach 154.000 Pfund »wert«.
»Es ist zunehmend anerkannt,
dass die Krisen des Klimas und der biologischen Vielfalt
nicht isoliert bewältigt werden können«
dass die Krisen des Klimas und der biologischen Vielfalt
nicht isoliert bewältigt werden können«
sagt Dominick Spracklen, Hauptautor der Studie. Er fordert:
»Wir müssen die potenzielle Rolle natürlicher Prozesse
wie die Wiederansiedlung von Arten
bei der Wiederherstellung unserer geschädigten Ökosysteme berücksichtigen, die wiederum einen positiven Beitrag
zur Erholung von Klima und Natur leisten können.«
bei der Wiederherstellung unserer geschädigten Ökosysteme berücksichtigen, die wiederum einen positiven Beitrag
zur Erholung von Klima und Natur leisten können.«
Wölfe wurden vor rund 250 Jahren in Schottland ausgerottet. Seitdem hat der Rothirsch keine natürlichen Feinde mehr, wodurch seine Populationen im ganzen Land wachsen konnten.
Watson hier Artikel von Kathrin Martens 17.2.25
Wölfe für gutes Klima: mehrere positive Auswirkungen gemessen
Das Ökosystem ist ein empfindliches System. Die große Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten gibt es nicht ohne Grund. Jedes Lebewesen hat seine eigene Aufgabe, um in seinem Lebensraum für Gleichgewicht zu sorgen.
Wie wichtig dabei Wölfe sind, zeigen nun gleich zwei Beispiele aus zwei verschiedenen Ländern. Sowohl in Schottland, als auch im Naturpark Yellow Stone im US-Bundesstaat Wyoming wurden positive Effekte aufgezeigt, die der Wolf für seine Umgebung und das Klima hat.
Schottland: Wölfe können bei CO₂-Ersparnis helfen
Vor rund 250 Jahren wurde der Wolf in Schottland ausgerottet. Seitdem hat der dort ansässige Rothirsch keine natürlichen Feinde mehr – sondern vermehrt sich ungestört und frisst fleißig Baumsetzlinge, bevor daraus ein richtiger Baum werden kann.
Das wiederum unterdrückt die natürliche Regeneration von Bäumen und Wäldern, die CO₂ wieder in Kohlenstoff umwandeln könnten.
Ein Forscherteam der Universität Leeds hat nun herausgefunden, dass eine Wiederansiedlung von etwa 167 Wölfen ausreichen würde, um die Population der Rothirsche wieder auf ein Niveau zu senken, dass eine Regeneration der Wälder ermöglichen würde.
Laut einem Bericht des "Spiegel" schätzen die Wissenschaftler:innen, dass die regenerierten Wälder jedes Jahr eine Million Tonnen CO₂ binden würden. Der Rechnung der Forschenden zufolge könnte jeder Wolf jährlich zu einer CO₂-Aufnahmekapazität von 6080 Tonnen führen.
Yellowstone: Wölfe haben positiven Einfluss auf Ökosystem
Das, was in Schottland bisher nur eine Annahme ist, ist in Yellowstone bereits Realität: dort haben Wölfe dafür gesorgt, dass das Wachstum von Uferweiden deutlich besser geworden ist. Ein Team der Oregon State University und des Conservation Biology Institute in Corvallis, Oregon konnte das durch einen weltweiten Vergleich sogenannter trophischer Kaskaden belegen.
Als trophische Kaskaden wird der Prozess bezeichnet, bei dem Raubtiere die Population und das Verhalten ihrer Beutetiere regulieren und damit indirekt das Pflanzenwachstum beeinflussen, erklärt "National Geographic".
Im Jahr 1926 wurden die letzten Wölfe im Naturschutzgebiet Yellowstone getötet. Daraufhin konnten die dort ansässigen Wapiti-Hirsche in Ruhe das Gelände abfressen. Die Folge: Die Pflanzenwelt war belastet, die Schäden an der Vegetation machten das Land anfällig für Erosion.
Unter anderem deswegen wurden 1995 wieder Wölfe im Park angesiedelt. Daraufhin verkleinerte sich der Bestand der Hirsche, die Vegetation erholte sich.
In der Studie zu den Uferweiden werteten die Forschenden Daten von 25 Standorten entlang von Gewässern im Yellowstone-Park aus, die von 2001 bis 2020 gesammelt wurden. Laut "National Geographic" mit erstaunlichem Ergebnis: Das Volumen der Weidekronen nahm in dieser Zeit um 1500 Prozent zu. Diese Verbesserung kommt nicht nur dem Klima zugute, sondern auch Vögeln und anderen Arten.
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