hier Ein Kommentar von Jörg Diehl 02.02.2025
Die Scheuer-Affäre lehrt:
Geht den Parteien endlich ans Geld!
Wenn es um Spenden geht, offenbaren Politiker allzu oft eine beunruhigende Mischung aus Gier und Ignoranz. Es wird Zeit, dass sich das ändert.
links:
Telefonieren zwei mutmaßliche Verbrecher mit besten Drähten zur rheinischen CDU. Fragt der eine: Wie er denn einen Kontakt zu diesem Politiker bekomme? Sagt der andere: Man müsse der Partei spenden, 10.000 Euro, dafür könne man sich dann für zwei Stunden mit dem Minister treffen und »ein paar Themen besprechen«. Aber bloß nicht mehr überweisen, sonst werde das öffentlich.
Die Szene stammt aus einem von Polizisten abgehörten Gespräch. Aufgezeichnet vor gar nicht langer Zeit in einem Ermittlungsverfahren wegen Schleuserei. Die Männer wussten, wie man Zugang zur Macht kaufen kann.
Auch die SPIEGEL-Enthüllungen im Fall des früheren Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer offenbaren jetzt, wie nah sich vermögende Unternehmer aus dem Verkehrssektor und der CSU-Politiker über Jahre waren.
So flossen erst Zehntausende Euro Parteispenden in Scheuers Wiederwahlkampf, dann meldeten sich die Geldgeber mit ihren Anliegen im Ministerium. Mitunter gingen Überweisung und Bitte sogar am selben Tag ein. Unverhohlener kann man kaum dokumentieren, dass einen der Eindruck von Käuflichkeit nicht schert. »Cash Cow« nannte man Scheuer in der Passauer CSU. Das war bewundernd gemeint.
Schmieriges System
Es ist ein schmieriges System, das hier sichtbar wird. Die öffentliche Hand soll sich mit Aufträgen für die Finanzspritzen revanchieren, die Politiker und Parteien sich von Unternehmern und Unternehmen für den Machterhalt gesichert haben. Es ist ein System, das die Schwächen des Staats und die Lücken der Gesetze mit großer Geschicklichkeit ausnutzt.
Spenden an Parteien sind generell erlaubt: Ab 10.000 Euro müssen die Geldgeber im jährlichen Rechenschaftsbericht offengelegt werden. Der wird in der Regel aber ein bis zwei Jahre später veröffentlicht. Nur sogenannte Großspenden sind unverzüglich meldepflichtig – die Grenze lag lange bei 50.000 Euro, erst im vergangenen Jahr wurde sie auf 35.000 Euro gesenkt.
In diesem kurzen, aber heftigen Bundestagswahlkampf fließen nun Großspenden in ungekannter Dimension, wie das ZDF aufgeführt hat
.Mehr als 15 Millionen Euro gingen bereits ein, besonders CDU (6,1 Millionen Euro) und FDP (4,2 Millionen Euro) profitierten davon. Auch die AfD (2,5 Millionen Euro) wurde reichlich bedacht. SPD und Grüne kamen bislang auf jeweils etwa eine Million Euro. Insgesamt bestreiten die Parteien etwa ein Fünftel ihrer Einnahmen aus Spenden. Bei FDP, AfD und CDU ist es noch mehr.
Unklar bleibt, wohin das Geld fließt
Als besonders problematisch erweist sich dabei, dass die Parteien nur offenlegen müssen, von wem die Spenden kommen. Unklar bleibt, wohin das Geld fließt: Welcher Landes-, Kreis- oder Ortsverband bedacht wird, welcher Politiker davon profitiert, ist ein Geheimnis.
Auf diese Weise wird es möglich, den Kampagnen von Amtsträgern gezielt hohe Summen zukommen zu lassen, ohne dass diese Zuwendungen ausgewiesen werden müssen. Die Parteien können mühelos verschleiern, wer ihre »Cash Cows« sind. Auch das lehrt der Fall Scheuer.
Zugleich kann es ernste Folgen haben, etwa einer Lehrerin aus Dankbarkeit für ihren besonderen Einsatz ein Geschenk zu machen. Dieses Missverhältnis aber ist absurd und der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln. Damit muss Schluss sein.
Spenden deckeln
Fachleute fordern schon seit geraumer Zeit, nicht nur die Wege des Geldes in den Parteien transparenter zu machen, sondern auch die Höhe der Spenden zu deckeln, etwa auf 10.000 Euro. Das empfiehlt etwa Abgeordnetenwatch.
Womöglich sollte man sogar noch weiter gehen. Spenden an Parteien, so heißt es, bewiesen deren Verankerung in der Gesellschaft und seien ausdrücklich erwünscht. In Wahrheit aber scheint es so zu sein, dass vor allem sehr vermögende Menschen das Instrument der Großspende zur politischen Landschaftspflege nutzen. Verankert bei den Reichen – besonders demokratisch ist das nicht.
Es ist verstörend, dass selbst die heftigsten politischen Beben der Republik wie der CDU-Spendenskandal und die Flick-Affäre nicht nachhaltig dazu geführt haben, dass die Parteien grundsätzlich den Geldgeschenken hätten entsagen wollen. Die Versuchung ist immer noch zu groß.
AfD treibt es besonders wild
Dabei treibt es die AfD, die sich doch als vermeintliche Alternative zu den etablierteren Parteien präsentieren will, besonders wild. Bereits kurz nach ihrer Gründung nutzte die Partei eine schwarze Kasse und finanzierte ihre Wahlkämpfe bisweilen mit diskreten Spenden eines Immobilienmilliardärs . Die wurden mittels gekaufter Strohleute und gefälschter Spendenquittungen verschleiert. Auch ganz aktuell ist die selbst ernannte »Rechtsstaatspartei« von Alice Weidel mit einer dubiosen Millionenspende in den Schlagzeilen – erneut steht der Verdacht einer Strohmann-Konstruktion im Raum .
Wofür die Spenden wohlhabender Deutscher dann ausgegeben werden, wie profan die Dinge sind, die Politiker dafür anschaffen, belegt abermals die Scheuer-Enthüllung : Zehntausende Euro flossen im Wahlkreis des damaligen Bundesverkehrsministers in Brezeln, Kugelschreiber und Plakate.
Womöglich könnte eine Parteiendemokratie auch mit weniger Werbematerial auskommen. Für die politische Willensbildung der Wählerinnen und Wähler jedenfalls scheint derartiges Gedöns nicht entscheidend zu sein.
hier Spiegel 2.2.25
AfD meldet Rekordspende von fast 2,35 Millionen Euro kurz vor Bundestagswahl
Kurz vor der Bundestagswahl gibt es eine neue massive Finanzspritze für die AfD. Dieses Mal kommt die Zuwendung von einem ehemaligen FPÖ-Funktionär aus Österreich. Auch der Verwendungszweck ist offenbar festgelegt.
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