Stuttgarter Nachrichten hier Götz Schultheiss 15.05.2022
Klima-Bahn-Konferenz in Stuttgart
Die Klima-Bahn-Konferenz am Wochenende in Stuttgart fordert die Verlagerung des Güter-Fernverkehrs auf die Schiene und rasch bessere Takte im Personenverkehr der Bahn.
Windräder und Elektrofahrzeuge genügen nicht im Kampf gegen den Klimawandel.
Darüber sind sich die Teilnehmer der Klima-Bahn-Konferenz einig mit mehreren Arbeitsgruppen einig, zu der das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21
am Samstag und Sonntag ins Gewerkschaftshaus eingeladen hatte. Sie
fordern die Verkehrswende, bei welcher der Bahnverkehr eine zentrale
Rolle spielen soll. Und dies, auch darüber waren sich die Teilnehmer
einig, könne nur mit Zuckerbrot und Peitsche gelingen.
Schon auf der Kundgebung am Samstag am Hauptbahnhof hatte Professor Helge Peukert, Klimaforscher an der Universität Siegen, unter anderem quasi als Peitsche gefordert, den Auto-, Flug- und Schiffsverkehr durch Vorschriften drastisch zu reduzieren, um die Menschen zum Umstieg auf die Bahn zu bewegen. Diese solle auf fossile Großprojekte wie Stuttgart 21 mit hohem Kohlendoxid-Ausstoß verzichten und stattdessen das Bestandsnetz verbessern und ausbauen.
Bei der Klima-Bahn-Konferenz im Gewerkschaftshaus ging es darum, wie die Bahn dafür im Sinne der Fahrgäste und des Güterverkehrs so ertüchtigt werden kann, dass möglichst rasch viel Auto- und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden kann.
In einer vom emeritierten Informatikprofessor Wolfgang Hesse, der sich intensiv mit Strecken- und Fahrplänen der Deutschen Bahn auseinandergesetzt hat, geleiteten Arbeitsgruppe ging es um den Deutschlandtakt und Takt vor Tempo. „Der Deutschlandtakt ist gut, aber die Zielfahrpläne müssen redigiert werden“, sagte Wolfgang Hesse. Die Konferenzteilnehmer skizzierten den Verbesserungsbedarf. Man brauche Sofortmaßnahmen, um die Klimawirkung bei der Bahn deutlich zu verbessern. Besonders der Güterverkehr, der in vielen Fällen weniger Ansprüche an die Infrastruktur stelle als der Personenverkehr, könne schnell auf die Schiene gebracht werden. Der zentrale Schlüssel dazu sei der Zielfahrplan des Deutschlandtakts. Für ihn müssten neue Modelle gerechnet werden. Man brauche viel dichtere Takte und mehr Stationen, denn viel Zeit gehe auf dem Weg zum Bahnhof verloren.
Mehr Züge im Einsatz verursachen nicht zwangsläufig mehr Kosten
Der Fernverkehr, konstatierten die Konferenzenteilnehmer, sei nur ein kleiner Teil des Personenverkehrs. Beim Güterverkehr sei dies umgekehrt. Drei Viertel aller Tonnenkilometer werde auf Entfernungen über 150 Kilometer gefahren. Durch die Verlagerung auf die Schiene könne man Kohlendioxidausstoß sparen. Man müsse, anders als die Bahn, nicht alles von der Warte des kleinen Segments der Hochgeschwindigkeits-Fernfahrgäste aus betrachten, sondern von der Masse her, und diese bestehe aus Güter- und Regionalverkehr.
„Die Bahn muss zuverlässig so durchsaniert sein, damit sie zuverlässig funktioniert“, sagte ein Konferenzteilnehmer, der von Beruf Lokomotivführer ist. Er monierte, dass es mittlerweile so viele Stellen gebe, an denen er wegen Baustellen langsamer fahren müsse, als eigentlich geplant. Auch die Bremswege moderner Züge seien deutlich länger als früher, weshalb er ebenfalls oft unter der geplanten Geschwindigkeit fahren müsse. Damit sei es fast unmöglich, die von der Bahn berechneten Fahrpläne einzuhalten. Um den Fahrgästen zuverlässige Abfahrts- und Ankunftszeiten bieten zu können, müsse man dem Rechnung tragen. Die Zeit, welche die Sanierung des Bahnnetzes in Anspruch nehmen würde, veranschlagte der Lokomotivführer auf „rund 20 Jahre.“ Ein Ausweg sei, mehr Züge fahren zu lassen, das würde nicht unbedingt mehr kosten, meinte der Konferenzteilnehmer. Dies liege am „Fixkosteneffekt“. Wenn man etwas gebaut habe, könne man viele Züge darauf fahren lassen. Eine Strecke zu bauen, auf der stündlich zur zwei ICE-Züge führen, sei hoffnungslos ineffizient. Wenn man auf dieser Strecke aber noch sechs Regionalexpresse und zwei Intercity-Züge fahren lasse, dann habe man eine gute Auslastung, ohne die Strecke ausbauen zu müssen.
Viele setzen weiter aufs Flugzeug
Flugverkehr, sagte ein anderer Konferenzteilnehmer, müsse im Vergleich zur Bahn deutlich teuerer werden: „Die Kosten, die der ohne Ende subventionierte Flugverkehr verursacht, müssen ihm auch angelastet werden, dann wird sich so mancher Billigflieger von selbst erledigt haben.“ Viele Leute flögen auch innerdeutsch, weil sie einen Langstreckenanschluss hätten. Da steige man in Stuttgart in den Flieger nach Frankfurt, weil man dann im System Flugzeug sei, denn wenn etwas schief gehe genieße man Rechte, zum Beispiel auf Übernachtung.
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