Donnerstag, 26. Mai 2022

Klimaklartext: News aus unserem Nachbarland Österreich

DER STANDARD - Klimaklartext <klimaklartext@email.derstandard.at>   hier

das Auto hat schon einmal bessere Zeiten gesehen. Vom Fortbewegungsmittel, das individuelle Freiheit versprach, ist für viele zum Bremsklotz geworden.
Zumindest, wenn es darum geht, die Klimaziele rechtzeitig zu erreichen. Denn momentan läuft Österreich laut EU-Kommission Gefahr, sein Ziel, die Treibhausgase um 36 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2005 zu reduzieren, um mehrere Prozentpunkte zu verfehlen. Schuld daran sei unter anderem der Autoverkehr. Es brauche in Zukunft mehr Alternativen, vor allem am Land, wie etwa mehr öffentliche Verkehrsmittel, um die Emissionen zu senken, schreibt die EU-Kommission.



Auch in Wien hatten es einige Aktivistinnen und Aktivisten am Montagmorgen auf den Autoverkehr abgesehen. Sie klebten sich mit ihren Händen am Gürtel fest und blockierten dadurch beide Fahrtrichtungen. Den Alltag zu stören sei die einzige Möglichkeit, der Wissenschaft noch Gehör zu verschaffen, sagten die Aktivisten. Sie forderten von der Regierung mehr Klimaschutzmaßnahmen und ein generelles Fracking-Verbot. 

Derzeit wird hierzulande noch nirgendwo gefrackt. Der Think Tank Agenda Austria schlug kürzlich jedoch vor, das Potenzial von Fracking in Österreich als Alternative zu russischem Gas noch einmal zu prüfen. Schon vor vielen Jahren scheiterte ein angedachtes Fracking-Projekt der OMV im Weinviertel am Widerstand der Bevölkerung. Über die Potenziale und Risiken von Fracking werden wir in den kommenden Tagen bei uns im STANDARD berichten. 

Die USA pumpen indes viel Geld in Technologien, den Klimawandel rückgängig zu machen. 3,5 Milliarden Dollar fließen dort in die CO2-Abscheidung und -Speicherung. Dadurch sollen künftig mindestens eine Million Tonnen CO2 pro Jahr eingelagert werden. Zum Vergleich: Österreich hat 2020 über 70 Millionen Tonnen CO2 emittiert. 

In Island ist man bei der CO2-Abscheidung schon einen Schritt weiter, wie unsere STANDARD-Redakteurin Julia Beirer vor Ort berichtete. Dort will ein Start-up bis 2031 jedes Jahr drei Millionen Tonnen CO2 direkt aus der Luft abscheiden und speichern. Eine einfache Lösung für den Klimawandel ist die Technologie aber nicht, warnen Experten. Zu teuer und ineffizient sei sie nach wie vor. Stattdessen sollten wir weiter Emissionen reduzieren und erneuerbare Energien ausbauen. 

Dabei ist klar, dass auch Solar- und Windkraftanlagen künftig Emissionen verursachen werden - vor allem bei deren Bau. Denn dafür braucht es viel Beton, Stahl und Kupfer, die nicht gerade klimafreundlich sind. Weil erneuerbare Energien künftig unerlässlich sind, müssen wir einen Teil unseres Kohlenstoffbudgets, das uns für die Erreichung der Klimaziele noch übrig bleibt, für sie reservieren. Den Bericht dazu können Sie hier nachlesen.



Beton, Stahl, Kupfer: Die Energiewende ist ressourcenhungrig

Solarzellen und Windräder brauchen viel Material, das zunächst selbst viele CO2-Emissionen verursacht. Einen Teil des knappen CO2-Budgets sollte man daher für sie reservieren

Würden Metalle in Zukunft verstärkt recycled werden, könnte die Umweltbelastung geringer gehalten werden. Auch klimafreundliche Alternativen tun sich auf: So könnten die Aluminiumrahmen, in denen Solarpaneele eingefasst sind, durch Holz ersetzt werden, auch für die derzeit aus Beton und Stahl gefertigten Türme für Windgeneratoren gibt es vielversprechende – aber laut Studienautoren wenig beachtete – Alternativen aus Holz.

Am wichtigsten sei es aber, Energie einzusparen, sagt Co-Autor Helmut Haberl vom Boku-Institut für Soziale Ökonomie. Jede Kilowattstunde, die nicht gebraucht wird, spart auch Beton, Stahl und andere Metalle ein. "Da geht es nicht darum, dass man in einem kalten, dunklen Raum friert", sagt Haberl. Stattdessen müssten Neubauten verpflichtend nach dem PassivStandard gebaut werden, die Vorschriften seien hier nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik. Leerstehende Immobilien, die nur der Spekulation dienen, aber trotzdem beheizt werden müssen, würden etwa sinnlos Energie verbrauchen.

Auch im Verkehr könnte viel Energie gespart werden – etwa indem Arbeitsstätten und Erholungsgebiete zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar wären. "Das Elektroauto sollte die Ultima Ratio sein", sagt Haberl. Denn auch dieses kostet viele Ressourcen, die erst mal die Klimabilanz belasten. (Philip Pramer, 23.5.2022)

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