Dienstag, 24. Mai 2022

Gigantischer Wasserspeicher für Oberschwaben

Schwäbische Zeitung   hier   Von Philipp Richter

Experten sind überzeugt: Der Waldburger Rücken könnte noch viel mehr Menschen versorgen

... Gleichzeitig ist der Weißenbronnen Sinnbild für den gesamten Waldburger Rücken. Der ist nicht nur geologisch von besonderem Wert, sondern auch einer der größten Trinkwasserspeicher Oberschwabens. Größer ist - abgesehen vom Bodensee - nur die Leutkircher Heide. Experten sagen: Das Gebiet hat noch viel Potenzial und sollte vor dem Hintergrund der immer trockeneren Jahre als Trinkwasserspeicher besser geschützt werden.


Das Wasservorkommen im Altdorfer Wald ist mit Sicherheit eines der größten im Alpenvorland. Ich wüsste nichts Vergleichbares in Baden-Württemberg“, sagt Ralf Witte. Er ist Geschäftsführer des Zweckverbands Haslach-Wasserversorgung. Witte verweist vor allem auf die besonderen Bedingungen im Altdorfer Wald. Denn selten ist das Grundwasser so gut geschützt wie dort.
Das Wasservorkommen befindet sich tief im Untergrund. Über dem Grundwasser liegen mehrere Filterschichten von Erde, Lehm und Kies. Diese Schichten sind bis zu 50 Meter dick. Und oben stehen die Bäume als zusätzlicher Schutz. Es gibt keine Siedlungsstruktur und nur wenige Landstraßen. Zum Vergleich: Der größte Wasserspeicher Baden-Württembergs ist der Bodensee - und das ist eine offene Fläche.....



links: Das Grundwasser des Altdorfer Waldes ist vor dem Hintergrund der aktuellen Studie zum Wasserverlust in Deutschland besonders bedeutungsvoll zu werten.


Doch wie kann man sich die Wasservorkommen in diesem Gebiet genau vorstellen? Ralf Witte erklärt das mit seinen Worten so: „Ich nenne es scherzhaft das Waldburger Becken. Wir haben einen sehr konstanten Grundwasserspiegel und einen großen unterirdischen Grundwasserstrom. Das ist wie eine Badewanne, die überläuft.“ Und diese Badewanne wird immer wieder gut gefüllt. Das liegt auch an der Topographie der Region. Denn die Tiefdruckgebiete, die aus Nord-Westen heranströmen und die, die vom Atlantik über Frankreich nach Oberschwaben ziehen, regnen im Voralpengebiet ab. Der Altdorfer Wald wirkt dabei wie ein Schwamm und saugt das Wasser auf.

Witte ist besonders stolz auf die Wasserqualität des Brunnens in Damoos, der die Gemeinde Vogt mit Wasser versorgt: „Das ist ein sehr, sehr leistungsfähiger Brunnen. Wir können das Wasser, so wie es ist, naturbelassen, ohne jegliche Aufbereitung in die Leitungen geben. Und dann ist es auch noch ein relativ weiches Wasser.“...

Die Gemeinde Baienfurt bezieht wie auch Baindt sein Wasser aus den Quellen Weißenbronnen im Wald, die zusammengerechnet die gerade einmal knapp 13 000 Einwohner versorgen. Im Durchschnitt liefern die Quellen circa 150 Liter pro Sekunde. Das heißt: Allein diese beiden Quellen könnten ohne Weiteres und ohne großen Aufwand bis zu 80 000 Menschen im Schussental versorgen, sagt Hydrogeologe Hermann Schad.

Zur Einordnung: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft rechnet pro Person mit einem Tagesbedarf von 127 Litern Wasser.

Allein im Süden der Wolfegger Ach im Bereich des Altdorfer Waldes kommt Schad auf eine Wasserschüttmenge von 230 Litern pro Sekunde. Wie viel Menschen der gesamte Waldburger Rücken versorgen könnte, lässt sich schwer schätzen, aber mathematisch berechnen. Schad sagt klar: „Das Potenzial im Altdorfer Wald ist jedenfalls enorm für die Region.“...

Schad hätte wegen des enormen Potenzials des Gebiets am liebsten den ganzen Waldburger Rücken als Trinkwasserreservoir für die Region ausgewiesen - auch wegen des einmaligen natürlichen Schutzes, auf den auch Ralf Witte hinweist. Doch so ist es nicht gekommen, auch wenn der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) im Planentwurf des neuen Regionalplans die Bedeutsamkeit der Wasservorkommen auf dem Waldburger Rücken hervorhebt: Im südlichen Bereich des Höhenzuges hat der RVBO sogenannte Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Wasserversorgung ausgewiesen.

„Hierbei geht es um die langfristige Sicherung der Trinkwasserversorgung in der Region“, sagt Ulrich Donath vom Regionalverband. „Durch die Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zur Sicherung von Grundwasservorkommen sollen insbesondere qualitativ hochwertige und quantitativ ergiebige Grundwasservorkommen geschützt und die Trinkwasserversorgung der Region dauerhaft gewährleistet werden“, so Donath. Die dafür besonders geeigneten Gebiete habe man gemeinsam mit dem geologischen Landesamt LGRB festgelegt. Konkret sind das die zwei Gebiete „Waldburg-Rinne/Heißener Forst“ und „Waldburg-Rinne/Erbisreuter Forst“.

Doch was für die Wassersicherung gut ist, ist im Hinblick auf den Ausbau der Windkraft im Altdorfer Wald problematisch. Denn die Vorranggebiete für die Wasserversorgung schließen den Bau von Windrädern aus. Und die vom Land ausgeschriebenen Potenzialflächen für Windkraft überschneiden sich teilweise mit den Vorranggebieten für die Wasserversorgung.

Der RVBO erklärt diese Überschneidung so: Zum Zeitpunkt der Erstellung des Regionalplans war noch nicht bekannt, dass Bund und Land vorschreiben würden, dass zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energie genutzt werden sollen. Deswegen werde man die Gesamtfortschreibung des Regionalplans noch einmal gründlich überprüfen. Zurzeit liegt der Planentwurf beim Ministerium für Landesentwicklung in Stuttgart....



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