Sonntag, 29. Mai 2022

ÜBERLINGEN: 250 E-Scooter rollen bald durch die Stadt

Südkurier  26.5.22

Schnell von A nach B quer durch das Stadtzentrum? Ab 1. Juni sollen dafür 250 Elektro-Roller sorgen. Bis 30. September stellt das Unternehmen Tier Mobility dieses Angebot bereit. Ein Gemeinderatsausschuss steht dem Testlauf positiv gegenüber, nur ein Stadtrat verweigerte seine Zustimmung. Die Elektro-Roller sollen ein Beitrag zur Mobilitätswende sein. Der Anbieter muss dafür sorgen, dass sie von den Nutzern ordnungsgemäß abgestellt werden. 



26.05.2022  |  VON HANSPETER WALTER  hier
Testlauf mit 250 E-Scootern

....Doch Überlingen soll noch mobiler und der Individualverkehr umweltfreundlicher werden, sagt die Berliner Firma Tier Mobility, die ihr Sharing-System mit E-Scootern in Friedrichshafen und Lindau 2021 schon erprobt hat.

Der Gemeinderat von Friedrichshafen hat bereits den Grundsatzbeschluss für einen Regelbetrieb gefasst. In einem Modellversuch will der weltweit agierende Anbieter von Juni bis September nun auch in Überlingen die Akzeptanz erproben, wie Regionalmanagerin Anna Lauffer-Schuler im Ausschuss für Bauen, Technik und Verkehr (ABTV) erläuterte. Bei einer Gegenstimme gab das Gremium am Ende grünes Licht.

Mikromobilität nennt die Marketingfrau das Konzept, das auf allen Ebenen Klimaneutralität für sich in Anspruch nimmt. Insgesamt 250 Elektro-Roller und 50 Pedelecs stellt die Firma an ausgewählten Standorten bereit. Der Geschäftsbereich erstreckt sich von Goldbach bis Nußdorf,....

Nach einer Registrierung und dem Festlegen einer Bezahlmethode kann jeder mit der App des Betreibers einchecken und sich einen freien E-Roller greifen. Am Ziel kann der Fahrer den Roller einfach abstellen, wobei es explizite Verbotszonen gibt. Seit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung im Jahr 2019 dürfen batteriebetriebene Tretroller auf deutschen Straßen fahren, sofern sie eine Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern nicht überschreiten und die Fahrer die Verkehrsregeln einhalten. Die Fahrer müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Die Fahrzeuge sind mit einer eindeutigen Identifikation versehen. Mögliches Fehlverhalten der Nutzer sei daher über die Buchungs-App rückverfolgbar, betonte Anna Lauffer-Schuler. Auch lassen sich über GPS die Standorte der Scooter ermitteln. Denn feste Mitarbeiter von Tier Mobility sollen sie bei Bedarf mit einem Transporter wieder einsammeln.

„Die Mikromobilität kann nicht das Hauptverkehrsmittel Auto ersetzen, aber dazu beitragen, das bisherige motorisierte individuelle Verkehrsverhalten zu ändern“, formulierte Baubürgermeister Thomas Kölschbach in seiner Vorlage für die Beratung in der Ausschusssitzung. „Gerade im Zusammenspiel mit dem öffentlichen Personennahverkehr schließen die neuen Fortbewegungsmittel die letzte Lücke, um das Ziel zu erreichen.“ Kölschbach sieht darin einen Versuch, die Mobilitätswende auch in Überlingen voranzubringen. Auch für den Tourismus könne das Angebot eine interessante Ergänzung sein, betont er.

... Im Vertrag verpflichtet sich der Anbieter, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Elektro-Tretroller von den Nutzern ordnungsgemäß abgestellt werden. Es müssen mindestens eineinhalb Meter Gehwegbreite frei bleiben.

Durch technische Maßnahmen werden Parkverbotszonen für die Tretroller eingerichtet, zum Beispiel Grünanlagen, wo die Nutzer den Mietvorgang in der App nicht beenden können. Der Betreiber verpflichtet sich auch, die Roller in Echtzeit zu überwachen. Umgestürzte oder anderweitig gefährlich positionierte E-Scooter müssten so schnell wie möglich zu erkennen und innerhalb von zwölf Stunden zu beseitigen sein, sieht es der Vertrag vor. Die Regionalmanagerin verwies in ihrem Vortrag darauf, dass während der gesamten Probephase in Friedrichshafen lediglich ein Roller aus dem See geborgen werden musste......


26.05.2022  |  VON HANSPETER WALTER
KOMMENTAR: Versuch kann nicht schaden

Zugegeben, die Idee klingt charmant. Doch bei näherer Betrachtung der Umstände wird einem doch etwas mulmig. Im Rahmen einer Pilotphase sollen in diesem Sommer 250 Elektro-Tretroller und 50 Pedelecs nach dem Sharing-Prinzip die Überlinger und ihre Gäste mobil machen. Was in Berlin oder München, Frankfurt oder Düsseldorf ein geniales Fortbewegungsmittel für größere Distanzen vom U-Bahnhof nach Hause sein mag, muss für die Überlinger Innenstadt mit ihren engen Gassen und überschaubaren Distanzen nicht unbedingt ideal sein.

Gut, der Weg hinaus zum Uferpark mag sich etwas in die Länge ziehen, wenn man an der Hofstatt zu Fuß startet. Doch bei den meisten Gängen in der Stadt sollte es nicht primär um Zeitgewinn gehen – vor allem nicht bei Feriengästen. Auch hier kann der Weg das Ziel sein. Eine Hilfe ist der E-Tretroller möglicherweise, wenn man von der Zimmerwiese zum Burgberg oder Schättlisberg will. In umgekehrter Richtung könnte das Gefälle schon zum Risiko werden. Ohnehin verkehrt in Überlingen auch der Stadtbus und viele nutzen das eigene Fahrrad......

Allerdings gilt auch: vielleicht belehren uns die Nutzer eines Besseren. Ein Versuch für vier Monate kann nicht schaden und vielleicht heilsame Lehren bringen. Vor allem spricht der E-Scooter ein junges Publikum an. Und wie sagt Bürgermeister Thomas Kölschbach: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“ ueberlingen.redaktion@suedkurier.de 


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