Donnerstag, 12. Mai 2022

Erfahrung aus Konstanz: Mobil sein – auch ohne eigenes Auto

11.05.2022  |  VON NIKOLAJ SCHUTZBACH KONSTANZ.REDAKTION@SUEDKURIER.DE  hier

Den VW Bus abzuschaffen und damit ganz auf ein eigenes Auto zu verzichten, hatte für Familie Otte ganz praktische Gründe. „Es fühlt sich gut an, einen geringeren ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Das war aber nicht ausschlaggebend“, betont Marion Hansberg-Otte......

Durch das Konstanzer Leihlastenradsystem TINK, zukünftig als konrad unterwegs, seien sie überhaupt auf die Idee gekommen, erzählt Jan Otte. Die Familie beschaffte für rund 4500 Euro ein Lastenrad. Dessen Lademulde ist so groß, dass die Kinder Mia (8 Jahre), Linus (5) und Paul, der kommende Woche drei Jahre alt wird, zur gleichen Zeit Platz finden. Zur Beladung gehören ein Verbandskasten und eine Warnweste. Für den Ganzjahresbetrieb gibt es zwei Verdecke. Der für den Sommer ist an den Seiten offen, der für den Winter lässt sich verschließen....

Die Bahncard und das Schweizer Halbtax vergünstigen der Familie Otte das Bahnfahren. Busse werden allerdings kaum genutzt. Für Besorgungen, die das Fassungsvermögen des Lastenrads sprengen, und für die Fahrt in den Urlaub mietet sie ein Auto von stadtmobil CarSharing Südbaden. ....

„Wir haben nach ein paar Monaten gemerkt, dass wir kein Auto brauchen. Man muss halt planen. Und es ist weniger anstrengend“, berichtet Marion Hansberg-Otte. „Seit dem ersten März 2020 sind wir ohne Auto“, sagt Ehemann Jan stolz. Nachdem ursprünglich praktische Überlegungen zum Autoverzicht führten, ist es jetzt die Idee der Nachhaltigkeit. „Wir identifizieren uns auch mit Fridays for Future“, erklärt die Mutter........Ich empfinde es nicht als Verzicht, am Morgen das Wetter auf meinem Gesicht zu spüren. Es ist für mich ein Genuss, den Kontakt mit draußen zu haben“, sagt sie nachdrücklich.

Es ist alles nicht so einfach

„Wir reden von Klimastadt, aber es ist gar nicht einfach, mehr Carsharing-Parkplätze zu schaffen“, hat Jan Otte beobachtet. Viele Autos im Paradies werden nicht mal einmal pro Woche bewegt, verweist er auf die Platzverschwendung. Offensichtlich haben weder die Stadt noch der Gesetzgeber die Anforderungen, die der Mobilitätswandel – und damit auch der Klimawandel – mit sich bringt, im Blick. So hatte sich Otte danach erkundigt, ob er denn sein Lastenrad, das auf dem Gehweg viel Platz braucht, auf der Straße parken darf; schließlich ist es ja sein Autoersatz. Das sei verboten, denn es habe ja kein Nummernschild. Aber auch an vielen anderen Stellen wird in der Stadt deutlich, dass das Radwegesystem nicht zukunftsorientiert ist. Wege und Straßenübergänge für Lastenräder und Fahrräder mit Anhängern sind zu schmal für den Begegnungsverkehr und für Überholvorgänge. ....

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