Montag, 18. September 2023

Fast jeden zweiten Tag wurde 2022 ein Umweltschützer getötet

Zeit hier  13. September 2023

Laut der NGO Global Witness wurden im vergangenen Jahr weltweit 177 Klima- und Umweltschützer getötet, die Mehrheit in Lateinamerika. Besonders gefährdet sind Indigene.

Weltweit wurden im vergangenen Jahr nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Global Witness 177 Umweltschützer getötet. Das gefährlichste Land für Naturschützer war Kolumbien, gefolgt von Brasilien und Mexiko, wie die Gruppe mitteilte. 88 Prozent aller Morde wurden demnach in Lateinamerika registriert.

Vor allem Aktivisten, die sich gegen die Agrarindustrie, Bergbau und Holzfällerei einsetzen, leben demnach gefährlich. Die meisten Tötungen würden nie aufgeklärt, berichtete die Organisation. "Die Verantwortlichen für die tödlichen Angriffe auf Aktivisten kommen schon viel zu lange ungestraft davon. Die Regierungen der Welt müssen dringend das sinnlose Töten derjenigen stoppen, die unseren Planeten verteidigen, indem sie die Ökosysteme schützen, die eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise spielen", sagte eine Sprecherin von Global Witness, Shruti Suresh.

Im Zeitraum zwischen 2012 und 2022 wurden nach Angaben der Gruppe 1910 Aktivisten getötet – das entspricht einem Mord alle zwei Tage. Vor allem Indigene werden immer wieder zur Zielscheibe: Sie machen demnach über ein Drittel der Opfer aus, obwohl sie nur fünf Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren.

Indigene schützen Ländereien besonders gut – und sind besonders gefährdet

"Holzfäller und illegale Goldsucher dringen in unsere Gebiete ein – wer dagegen aufsteht, wird bedroht", sagt die indigene Aktivistin Maria Leusa Munduruku aus dem brasilianischen Amazonasgebiet, dem als CO₂-Speicher eine wichtige Funktion im internationalen Kampf gegen den Klimawandel zukommt. "Sie haben unser Dorf angegriffen, unsere Häuser in Brand gesteckt und wir mussten fliehen."

Dabei spielen die Urvölker im Kampf gegen die Erderwärmung eine Schlüsselrolle. Laut einer Studie der Welternährungsorganisation (FAO) schützen Indigene ihre Ländereien besonders gut vor Abholzung und Zerstörung. "Die Indigenen sind die Hüter des Waldes und wir können für den Kampf gegen den Klimawandel viel von ihnen lernen", sagt Mariela Molero von der venezolanischen Umweltschutzorganisation Kapé Kapé.

Das mit Abstand gefährlichste Land für Umweltschützer war im vergangenen Jahr Kolumbien. Auch nach dem Ende des Bürgerkriegs werden Teile des südamerikanischen Staates noch immer von Verbrechersyndikaten, Splittergruppen der früheren Farc-Guerilla und paramilitärischen Gruppen kontrolliert.

"Das Ziel ist immer, die Menschen zum Schweigen zu bringen"

"Die Umweltschützer geraten bei den Auseinandersetzungen der kriminellen Banden immer wieder zwischen die Fronten", sagt Sirley Muñoz von der kolumbianischen Nichtregierungsorganisation Somos Defensores. "Es herrscht eine große Straflosigkeit, meistens werden die Drahtzieher der Morde nie gefunden."

Die Tötung von Aktivisten ist die Spitze des Eisberges. "Die Umweltschützer sind einer ganzen Palette der Gewalt ausgesetzt. Sie werden bedroht, angegriffen, schikaniert, mit juristischen Prozessen überzogen und ausgegrenzt", sagt die Autorin des Jahresberichts von Global Witness, Laura Furones. "Das Ziel ist immer, die Menschen zum Schweigen zu bringen, damit sie den wirtschaftlichen Aktivitäten nicht in die Quere kommen."

Global Witness rief die Regierungen der betroffenen Länder auf, bestehende Gesetze konsequent durchzusetzen und die Sicherheit von Umweltschützern zu gewährleisten. Vor allem das Recht der indigenen Gemeinschaften auf ihren traditionellen Lebensraum und ihre Kultur müsse besser geschützt werden, hieß es in den Empfehlungen. Auf der anderen Seite müssten Unternehmen ihrerseits sicherstellen, dass es am Rande ihrer Lieferketten zu keinen Menschenrechtsverletzungen komme.

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