Mittwoch, 6. September 2023

Das Ende vom Gas: Betreiber und Stadtwerke bangen um ihre versunkenen Gasnetz-Milliarden

hier aus der Frankfurter Rundschau   von Amy Walker • 5.9.23

Mit dem Heizungsgesetz werden nach und nach Haushalte aus Gas aussteigen. Für die Betreiber der Netze bedeutet das ein Verlust von Milliardeninvestitionen. Doch die Einsicht setzt ein.

Das Ende des Gases ist quasi schon besiegelt. Wenn am Freitag wie geplant das Gebäudeenergiegesetz (GEG) im Bundestag beschlossen wird, steht auch fest, dass sich nach und nach die deutschen Haushalte vom Erdgasnetz abkoppeln werden. Der Prozess wird zwar einige Zeit dauern – schließlich dürfen Gasheizungen, solange sie zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien verwenden können, weiterhin eingebaut werden. Doch die Zahl derer, die sich eine neue Gasheizung einbauen werden, wird sinken. Damit müssen sich die Gasnetzbetreiber die Frage stellen, was das für sie bedeutet.

Wasserstoff wurde als Scheinlösung präsentiert

Dabei hatten die Betreiber, darunter die Stadtwerke, hart gekämpft. Als bekannt wurde, dass die Ampel-Koalition über ein Verbot von Gasheizungen nachdenke, schlugen diese Unternehmen Alarm. Unter anderem deshalb ist auch die Ausnahme für Heizungen, die perspektivisch mit grünem Wasserstoff betrieben werden können, ins GEG aufgenommen worden. Dafür hatte beispielsweise der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) lautstark plädiert. Doch auch der VKU weiß: Wasserstoff wird fürs Heizen kaum bis gar keine Rolle spielen.

Nur langsam setzt sich diese Einsicht durch, schließlich geht es hier um Milliarden, die Unternehmen in den Ausbau der Gasnetze investiert haben. Allein 2019 investierten Betreiber in Deutschland 2,5 Milliarden Euro in den Aus- oder Neubau von Erdgasnetzen. Milliarden, die sie durch Gebühren, die an die Kunden weitergegeben werden, wieder reinholen sollten. Wenn ein Großteil dieser Kunden aber wegbricht, ist auf einmal die Refinanzierung des Netzes unsicher. Und für diejenigen, die am Ende noch am Netz angeschlossen sind, wird es teuer.

Wann genau die meisten Erdgaskunden in Deutschland ausgestiegen sein werden, kann natürlich nicht vorausgesagt werden. Das Handelsblatt zitiert aber eine Untersuchung der Firma Arthur D. Little, die einen Umsatzrückgang von 35 Prozent bis 2030 prophezeit. Bis 2040 soll die Zahl neu installierter Gasheizungen um gut 65 Prozent sinken.

Gasnetze werden weniger neu gebaut

Damit würden nach aktueller Rechtslage die Preise für die übriggebliebenen Gaskunden nochmal enorm steigen. Schließlich zahlen sie dann alleine die Gebühren, die sich davor Millionen Menschen gemeinsam geteilt haben. Und auch für die Unternehmen wird es teuer. Die Betreiber dürfen ihre Investitionskosten aktuell über 40 Jahre abschreiben. Wer 2019 eine neue Gasleitung in Betrieb genommen hat, kann sich aber jetzt schon ausrechnen: Das wird eng. Auf den Milliarden bleiben sie vermutlich sitzen – es sei denn, es wird eine neue Lösung aufgetischt.

Denkbar wäre für Stadtwerke zum Beispiel der Einstieg in die Stromwirtschaft, um so zumindest einen Teil der Verluste aus den Gasnetzen wieder auszugleichen. Allerdings kosten auch Ladesäulen und Photovoltaikanlagen wieder Geld, das ebenfalls wieder reingeholt werden muss.

So oder so setzt die Umstellung bei den Netzbetreibern jetzt ein. Das Energieunternehmen Enervie bestätigte dem Handelsblatt, dass überhaupt keine neuen Gasnetzgebiete mehr von ihnen erschlossen würden. Ein weiterer, anonym bleibender Betreiber sagt: „Wir haben die Preise für neue Gasanschlüsse bei Haushalten auf das Maximum gehoben.“ Der Anreiz ist also deutlich gesunken.

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