Sonntag, 10. September 2023

Ziemlich überraschendes Ergebnis: Diese Städte sind am besten vorbereitet bei der Anpassung an die Folgen der Klimakrise

Stern hier von Mirjam Bittner  09.09.2023

Auf den Waldbrand folgt die Flut – viele Regionen in Europa kämpfen mit Extremwetterereignissen. Damit rücken die Konsequenzen der Klimakrise für viele Menschen näher. Welche Städte sind besonders gut vorbereitet?

5. Budapest, Ungarn

In einer gemeinsamen Analyse von März 2023 untersuchte eine internationale Forschungsgruppe – spezialisiert auf das Gebiet der Klimafolgenforschung – mit welchen Plänen sich Städte in Europa an den Klimawandel anpassen. Federführung war die niederländische Universität Twente.

Die ungarische Hauptstadt Budapest sieht die Forschungsgruppe auf diesem Feld weit vorne. Ungarn entschied vor zwei Jahren, schon 2025 aus der Kohlekraft auszusteigen. Stattdessen soll auf Atomkraft und Solarenergie gesetzt werden. Ein aufwendiges Gebäudesanierungsprogramm fördert umweltfreundlichere Häuser, durch Wärmedämmung, den Austausch von Fenstern oder die Nutzung erneuerbarer Energien. Auch soll der Autoverkehr halbiert und das Fernwärmenetz massiv ausgebaut werden. Schafft die Stadt die vorgenommene Wende, könnte das die Emissionen von ganz Ungarn um fünf Prozent reduzieren, schreibt die Friedrich-Ebert-Stiftung in einem Bericht.

4. Barcelona, Spanien

Im Einklang mit der EU will Spanien bis spätestens 2050 klimaneutral werden. Einer der Vorreiter im Land ist Barcelona. Der öffentliche Nahverkehr sowie Fuß- und Radwege wurden ausgebaut, die Straßenbeleuchtung energiesparend modernisiert. Auch hat die bunte Großstadt am Mittelmeer seit 2019 ein aufwendiges Subventionsprogramm aufgesetzt, mit dem Hauseigentümer unterstützt werden sollen, ihre alten Häuser klimafreundlich zu renovieren. Das berichtet beispielsweise der "Tagesspiegel". Wer mit erneuerbaren Energien heizt, bekommt seine Energiekosten zum Teil von der Stadt ersetzt. Zudem setzt die Stadt auf mehr Pflanzen und Grünflächen, die an den Klimawandel angepasst sein sollen.

3. Dublin, Irland

Auf Rang 3 stufen die Forschenden Dublin ein. Irland schneidet in dem Ranking recht gut ab, weil Städten und Gemeinden in Irland Klimaanpassungspläne vorlegen müssen. Erst im Mai veröffentlichte das Land ein neues Klimaschutzgesetz. Die Hauptstadt selbst hat einen ausführlichen Aktionsplan, der insbesondere auf erneuerbare Energien, klimafreundliches Transportwesen und den Schutz vor Überschwemmungen setzt. Auch will die Stadt die grüne Infrastruktur ausbauen und stark auf Recycling und Wasserkonservierung setzen.

2. Sofia, Bulgarien

Die bulgarische Hauptstadt Sofia liegt weit vorne. Die Stadt hat ein klares Konzept, wie sie sich an die Folgen der Klimakrise anpassen will. Dabei konzentrieren sich Pläne vor allem auf die "blau-grüne Infrastruktur", wie die Forschenden es bezeichnen: die Vergrößerung der Grünflächen, die Infrastruktur des Wassers, Bäume, und eine moderne Wasserversorgung.

1. Galway, Irland

Am besten schneidet eine weitere irische Stadt ab: Galway. Rund 80.000 Menschen leben in der Hafenstadt. Besonders heben die Forschenden hervor, dass die Stadt nicht nur einen klaren Plan mit Zeithorizont und detailliertem Budget hat, sondern dass auch an die vulnerablen Gruppen gedacht wird. So heißt es in dem Bericht: "Der Plan von Galway erthält eine detaillierte Risikobewertung, wie der Klimawandel kritische Infrastrukturen, biologische Vielfalt, kulturelles Kapital, Wasserressourcen und kommunale Dienstleistungen in der Stadt bedroht."


Hitze und Stürme, Dürre oder heftige Regenschauer: Die Extremwetterereignisse in vielen Ländern nehmen zu. Dafür verantwortlich ist die Klimakrise. Vor wenigen Wochen brannte es in Griechenland, nun werden Teile des Landes überflutet. Slowenien und Österreich kämpften erst im August mit Hochwasser, auch in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dürfte die Erinnerung an die Flut 2021 noch sehr wach sein.

Laut Climate Adapt, einer Plattform der EU zur Wissensvermittlung, leben fast 73 Prozent der Bevölkerung Europas in städtischen Gebieten. Umso wichtiger wird es werden, dass sich diese an die Folgen des Klimawandelns anpassen: Gibt es beispielsweise genügend Grünflächen? Kann die Luft zirkulieren? Welche Vorsichtsmaßnahmen gibt es für Naturkatastrophen? Dabei gibt es sehr unterschiedliche Fortschritte.

Nur die Hälfte der Städte Europas hat einen Plan zur Klimaanpassung

Ein Kollektiv aus Forscherinnen und Forschern veröffentlichte im März eine gemeinsame Analyse in der Fachzeitschrift "Nature". Federführend war die Klimaforscherin Diana Reckien, die vorher für die Vereinten Nationen im Weltklimarat IPCC tätig war. Die Gruppe untersuchte über einen Zeitraum von 15 Jahren, wie effektiv die Pläne von Städten in Europa sind, um sich auf die Folgen der Klimakrise vorzubereiten.

Zugrunde legten die Forschenden sechs Kriterien: Ob Städte und Gemeinden die lokalen Risiken analysieren, welche Anpassungsziele und entsprechenden Maßnahmen sie planen, wie die Fortschritte überwacht werden und zuletzt, wie die Bevölkerung in die Planung integriert wird.

Von den 327 untersuchten Städten hatte mit 167 etwa die Hälfte einen Klimaanpassungsplan, im Zeitraum zwischen 2005 und 2020. Am besten aufgestellt sind Großbritannien (30 Städte mit Plänen), Polen und Frankreich (jeweils 22 Städte) und Deutschland (19 Städte).

Die Forschungsgruppe untersuchte auch die Konsistenz der Kommunen, also ob die Pläne mit den lokalen Risiken zusammenpassen und dementsprechend überwacht werden. Hier kommt der Bericht zu einem zwiegespaltenen Ergebnis. Die Qualität der städtischen Anpassungspläne in Europa habe sich seit 2005 zwar verbessert, doch viele Städte hinkten noch hinterher oder hätten noch nicht einmal einen Plan erstellt.

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