Dienstag, 12. September 2023

„Technologie allein verändert unseren Konsum nicht“

Tagesspiegel hier Von Alice Ahlers 11.09.2023,

Internationale Nachhaltigkeitsexperten zu Gast in Berlin und Brandenburg

Beim Humboldt-Residency-Programm arbeiten Expert:innen aus aller Welt zusammen am Thema Nachhaltigkeit. Und liefern Ideen und Strategien für einen Kulturwandel.

...Was passiert, wenn ein Abfallforscher aus China auf eine Verhaltensforscherin aus den Niederlanden trifft? Oder eine Digitalkünstlerin aus Uruguay auf einen Architekten aus Indien?  Das zeigt das Humboldt-Residency-Programm, das in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung hat dafür erneut zehn Expert:innen aus Wissenschaft, Medien, Kunst und Zivilgesellschaft zusammengebracht, die sechs Wochen und darüber hinaus intensiv zusammenarbeiten.

Das Thema in diesem Jahr: „Unsere wertvollen Ressourcen: Wege zu einer sicheren und nachhaltigen Zukunft“. Gemeinsam wollen sie Ideen und Strategien erarbeiten, die – vor allem angesichts des Klimawandels – zu einem nachhaltigeren Umgang mit natürlichen Ressourcen führen können....

Traditionelles Wissen für unsere Industrie nutzen

Der Architekt, der sich schwerpunktmäßig mit Stadtbaugeschichte in Südasien und traditionellen Wissenssystemen beschäftigt, diskutierte mit den Residency-Teilnehmer:innen zunächst über das Verhältnis von Natur und Stadt. „Immer neue Technologien werden unser Konsumverhalten nicht ändern“, sagt Pratyush Shankar. „Wir brauchen auch einen Kulturwandel.“

Dafür lohne sich auch eine Rückbesinnung auf traditionelles Wissen der Menschheit. Wie ist sie früher mit Dürren, Überschwemmungen, Stürmen oder Waldbränden umgegangen, die durch den Klimawandel weltweit zunehmen werden? Welche traditionellen Bauformen haben sich bei Hitze bewährt? Was können wir von Städten wie Leh in der Hochwüste des Himalajas lernen, die zum Schutz vor dem Klima aus Stein und Lehm erbaut wurde?.....

Die zweite Gruppe der Humboldt-Fellows wird sich noch intensiver mit Fragen der Transformation befassen. Wie kann man beispielsweise sogenannte „Change Maker“, also Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft, Stadtplanung, Journalismus oder Aktivismus, dazu bringen, mehr für Nachhaltigkeit zu werben?

„Wir wollen Menschen, die sich für Veränderungen einsetzen, Zugang zu Informationen liefern, die ihnen dabei helfen, ihre Anliegen überzeugend zu vertreten“, sagt die Umweltpädagogin Evelyn Araripe, die in Brasilien an der Federal University of São Carlos in einer Forschungsgruppe für Nachhaltigkeit und Bildung arbeitet. Seit Jahren ist sie in der Klimabildung von Jugendlichen aktiv, hilft jungen Leuten dabei, sich für ihre eigenen Werte in Sachen Natur- und Klimaschutz einzusetzen.

Aufgabe für den reichen Norden: Klimagerechtigkeit

Im Rahmen des Residency-Programms hat Araripe auch einen Workshop zum Thema „Klimagerechtigkeit“ an einem Berliner Gymnasium geleitet. Anhand eines Spiels und einer Visualisierung auf einer Weltkarte zeigte sie den Schüler:innen: Es sind die reichen Länder, die das meiste CO₂ produzieren, aber die armen Regionen der Welt, die die Auswirkungen davon am meisten zu spüren bekommen.

„Sowohl in Brasilien als auch in Deutschland sind sich junge Leute des Klimawandels heute sehr bewusst“, sagt Araripe. „Bei uns sorgen sie sich etwas mehr um die Folgen der Nahrungsproduktion und Abholzung von Wäldern, hier beschäftigen sie sich eher mit Themen wie Fast Fashion, Energieverbrauch und Mobilität.“ Einige der Berliner Schüler:innen seien sehr überrascht gewesen, wie stark Europa tatsächlich zur CO₂-Emission beitrage.

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