Mittwoch, 6. September 2023

Afrikanischer Klimagipfel in Nairobi

Süddeutsche Zeitung hier :  5. September 2023, Kommentar von Michael Bauchmüller

Die Elefanten und das Gras: Bessere Partner im Klimaschutz als Afrika wird der Westen nicht finden

Bei einem Klimagipfel in Nairobi sucht Kenia den Schulterschluss der afrikanischen Staaten. Für die EU wären sie ein natürlicher Verbündeter in der Klimapolitik. Aber das geht nur auf Augenhöhe.

Afrika ist reich an vielem, auch an Weisheiten. "Wenn Elefanten kämpfen, leidet das Gras", heißt eine davon, und diesen Kampf kennt Afrika zur Genüge. Elefanten aus Europa kämpften um Claims und Rohstoffe auf dem Nachbarkontinent, sie zertrampelten mehr als nur Gras. Später kämpften Elefanten aus der ganzen Welt um die Vorherrschaft im fossilen Zeitalter. Unter den Folgen, der Klimakrise, leidet kein Kontinent so wie Afrika - obwohl er weniger als vier Prozent der globalen Emissionen verursacht. Die USA, Europa, China, Japan machen das Geschäft, Afrikas Gras verdorrt.

Umso bemerkenswerter, dass diese Ungerechtigkeit nicht im Zentrum jener Klimakonferenz steht, zu der Kenias Präsident William Ruto dieser Tage nach Nairobi geladen hat. Die Weisheit, die er am Dienstag zitierte, ist eine andere: "Wenn du schnell laufen willst, geh allein. Wenn du weit laufen willst, geh mit anderen." Kenia sucht das Bündnis der afrikanischen Staaten.

In der internationalen Klimapolitik war das bisher so nicht vorgesehen. Wer sich wie engagiert, das wollten die Verursacher gerne unter sich ausmachen, mit allen möglichen Foren, Clubs und Mini-Gipfeln in der nördlichen Hemisphäre. Vertreter Afrikas waren da zwar auch gern gesehen, groß mitreden konnten sie aber nicht. Mit dem Ergebnis, dass die reichen Staaten heute weder ihre globalen Finanzzusagen einhalten noch ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen.

Die Rolle Afrikas im Kampf gegen die Klimakrise kam dabei immer zu kurz. Etwa das enorme Potenzial seiner erneuerbaren Energien, seien es Wind, Sonne oder Geothermie. Theoretisch könnten Staaten Afrikas zu Vorreitern der Elektromobilität werden, wie es Kenia selbst derzeit versucht. Sie könnten im großen Stil Wasserstoff herstellen, ihn veredeln und damit nicht nur sich selbst, sondern auch die Europäer versorgen. Der ländliche Raum, fern aller Stromnetze, könnte zum Labor grüner Energie-Autarkie werden.

Ein neuer Blick auf Afrika

Dem Rest der Welt ist das anscheinend noch nicht aufgegangen. Nicht einmal drei Prozent der globalen Investitionen für erneuerbare Energien landen in Afrika. Stattdessen will der deutsche Bundeskanzler Senegal gern dabei helfen, Erdgas zu fördern; ungeachtet aller Klimafolgen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Gastgeber der nächsten Klimakonferenz, investieren in afrikanische Kohlenstoffmärkte - um mit CO₂-Einsparungen dort die Förderung von Öl und Gas zu "neutralisieren", jedenfalls auf dem Papier. Auch als Lieferant seltener Erden ist der Kontinent beliebt. Viele Elefanten schert immer noch nicht, was aus dem Gras wird.

Es wird, nicht nur in der Klimapolitik, Zeit für einen neuen, offenen Blick auf Afrika. Viele Länder dort sind flirrende Ökonomien, mit jungen Menschen voller Ideen. Doch nach Deutschland und Europa finden seltsamerweise meist nur die Nachrichten von Kriegen, Dürren und Putschisten ihren Weg.

Dabei hätte gerade in der Klimapolitik eine Allianz Europas mit den Staaten Afrikas Potenzial. Wenn es den Europäern ernst ist mit dem Klimaschutz, wäre gerade der Nachbarkontinent ein natürlicher Verbündeter - auch und gerade, weil die Elefanten China und Russland hart daran arbeiten, ihren Einfluss auszubauen. Gelingen kann so eine Allianz, auch das zeigt der Gipfel in Nairobi, aber nur auf Augenhöhe. Das freilich ging schon mal gründlich schief: Die meisten Länder der EU schickten keine Minister, sondern Stellvertreter und Staatssekretärinnen.


05.09.2023  Deutschlandfunk hier

Afrikanischer Klimagipfel

UNO-Generalsekretär Guterres: Afrika kann „Supermacht der Erneuerbaren Energien“ werden

Afrika hat nach Ansicht von UNO-Generalsekretär Guterres das Potenzial, sich zu einer „Supermacht der Erneuerbaren Energien“ zu entwickeln. Die internationale Gemeinschaft müsse den Staaten des Kontinents aber auf dem Weg dorthin helfen, sagte Guterres auf dem afrikanischen Klimagipfel in Kenias Hauptstadt Nairobi.

Insbesondere die G20-Staaten müssten Verantwortung übernehmen und den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben, forderte Guterres.

Die Vereinigten Arabischen Emirate stellten in Nairobi Investitionen in saubere Energien auf dem afrikanischen Kontinent in Höhe von 4,5 Milliarden Dollar in Aussicht. In Dubai findet Anfang Dezember die nächste Klimakonferenz der UNO statt.

Deutschland will bei Ausbau erneuerbarer Energien helfen

Die Sonderbeauftragte der Bundesregierung für internationale Klimapolitik, Morgan, sagte im Deutschlandfunk, in Kenia werde Klimaschutz als Chance für Wirtschaftswachstum und Stabilität begriffen. Ziel der deutschen Klima-Außenpolitik sei es, dass der mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien verbundene Wohlstand in Afrika bleibe und dass man dabei helfe, die Industrie vor Ort aufzubauen.

Kenias Präsident Ruto hatte zum Auftakt des Klimagipfels von einer gewissen Frustration auf dem afrikanischen Kontinent gesprochen. Von den afrikanischen Staaten werde eine klimaschonende Entwicklung erwartet, aber die reichsten Länder der Welt verursachten seit langem den größten Teil der Emissionen.

Vertreter von Regierungen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft beraten noch bis morgen in Nairobi über Lösungsansätze zur Bekämpfung der Klimakrise. Außerdem stimmen sich die Staaten für die UNO-Klimakonferenz Ende des Jahres in Dubai ab.

Weiterführende Informationen

Das vollständige Interview mit Jennifer Morgan können Sie hier nachlesen.

Einen Bericht über die wirtschaftliche Kooperation zwischen deutschen Unternehmen und afrikanischen Ländern hören Sie hier.

Diese Nachricht wurde am 05.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.

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