Donnerstag, 8. September 2022

Agroforstwirtschaft soll den Ertrag steigern und die Umwelt schützen

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Kann man moderne Landwirtschaft und Naturschutz in Einklang bringen?

Vielleicht gelingt dies mit der Agroforstwirtschaft, einer Jahrhunderte alten landwirtschaftlichen Praxis.

Die Kombination erweist sich als sehr positiv für die Umwelt, und Landwirte stellten Ertragssteigerungen fest.

Vielleicht könnten Agroforstsysteme sogar zum Zukunftsmodell von Brasilien werden, wo die Abholzung des Regenwaldes erhebliche Schäden anrichtet. Twitter : http://twitter.com/FUTUREMAGde Facebook : http://www.facebook.com/futuremag.arte

Infos zu Agroforst in Deutschland
hier    Der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF)
hier   Agroforst.de
hier   Bundesinformationszentrum Landwirtschaft

Praxis Agrar  hier

Agroforstwirtschaft – ökonomisch und ökologisch vielversprechend

Die Kombination von Gehölzen mit Ackerkulturen oder Wiesen und Weiden hat viele Vorteile – ökologisch wie ökonomisch. Bislang ist Agroforstwirtschaft in Deutschland allerdings noch nicht weit verbreitet.

Gehölze mit Ackerkulturen oder Grünland auf einer Fläche so kombinieren, dass sich Vorteile für die Natur, das Klima und den Geldbeutel ergeben – das ist Agroforstwirtschaft. Dabei kann die Fläche unter und neben den Gehölzen entweder für Garten- und Ackerkulturen oder für die Tierhaltung verwendet werden.

Alte Systeme zukunftsfähig gemacht

Agroforstsysteme – klingt modern und zukunftsgerichtet, ist eigentlich aber schon ein alter Hut. In Deutschland waren sie bereits im Mittelalter verbreitet, zum Beispiel in Form von Streuobstwiesen, Schneitelbaumwirtschaft (Rückschnitt von Futterbäumen zur Gewinnung von Viehfutter) oder Hutewäldern (z.B. Eichelmast mit Schweinen). 

Zum Ende des 19. Jahrhunderts verschwanden diese Bewirtschaftungssysteme dann allerdings mehr und mehr aus der Agrarlandschaft. Mit fortschreitender Intensivierung und Rationalisierung der Landwirtschaft empfand man die Bäume und Sträucher auf den Feldern immer mehr als störend und entfernte sie daher. Nur in wenigen Nischenbereichen haben Agroforstelemente bis heute überlebt. Das sind zum Beispiel Streuobstwiesen, Windschutzhecken oder Gewässerrandstreifen.

Seit einiger Zeit nimmt das Interesse an dieser Form der Landnutzung wieder zu. Denn Klimawandel, zunehmende Biodiversitätsverluste sowie die steigende Nachfrage nach Bio-Energierohstoffen haben dazu geführt, dass wieder mehr über die Etablierung nachhaltiger Landnutzungssysteme nachgedacht wird. Die modernen Agroforstsysteme unterscheiden sich von den alten dadurch, dass sie an die aktuelle landwirtschaftliche Produktionstechnik angepasst sind. Die landwirtschaftliche Nutzung soll dabei möglichst wenig durch die Bäume beeinträchtigt werden, sodass eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von tierischen, ackerbaulichen und forstwirtschaftlichen Produkten möglich ist.

Welche Vorteile bieten Agroforstsysteme?

Verbesserte Wasser- und Nährstoffversorgung

Ein wesentlicher Vorteil von Agroforstsystemen ist, dass sie länger anhaltende Trockenperioden besser überstehen. Das liegt daran, dass im Schutz der Bäume das Mikroklima auf dem Feld verbessert und die Verdunstung verringert wird. Durch verschiedene Maßnahmen können die Bäume zur Bildung tiefer Wurzeln angeregt werden und dienen damit als Wasser- und Nährstoffpumpe. Je nach Standort können diese Effekte die Ertragshöhe und die Ertragsstabilität der Ackerkulturen positiv beeinflussen. Besonders wahrscheinlich ist dies auf ärmeren, durch Trockenheit geprägten Standorten, wie beispielsweise im Nordosten Deutschlands.

Schutz vor Erosion

Agroforstsysteme schützen den Boden in beachtlicher Weise vor Erosion. Auf hängigen Flächen begrenzen Gehölzstreifen, quer zum Hang gepflanzt, die Wassererosion erheblich. Und auch die Winderosion wird durch die Gehölze deutlich gemindert. Messungen konnten zeigen: In einem Agroforstsystem mit 4,5 Meter hohen Gehölzstreifen, die 50 Meter voneinander entfernt standen, konnte die Windgeschwindigkeit um 90 Prozent gemindert werden.

Steigerung der Bodenfruchtbarkeit

Laubfall, abgestorbene Feinwurzeln und Wurzelausscheidungen der Bäume tragen dazu bei, dass Humus angereichert und so die Bodenqualität langfristig gesteigert wird. Das landwirtschaftliche Forschungsinstitut Agroscope aus der Schweiz konnte in einem Versuch eine Humusanreicherung von 18 Prozent in nur sieben Jahren unter Agroforstsystemen feststellen.

Grundwasserschutz

Auch das Grundwasser wird in Agroforstsystemen besser geschützt. Als Pufferstreifen vermindern die Gehölze zum einem den Stoffaustrag in Oberflächengewässer. Außerdem gelingt es den Bäumen durch die tiefreichenden Wurzeln, Nährstoffe und Schadstoffe auch aus tieferen Bodenbereichen aufzunehmen. So haben Untersuchungen in einem Agroforstsystem gezeigt, dass unter Pappelstreifen die mittlere Nitratkonzentration im Grundwasser mehr als 120 Mal niedriger war als unter den Ackerkulturen.

Klimaschutz

Agroforstwirtschaft leistet überdies einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Denn im Holz der Bäume und Sträucher werden beachtliche Mengen an CO2 gebunden. Diese Bindung ist von besonders langer Dauer bei Wertholz- und Obstbäumen.

Erhalt der Biodiversität

Gehölzstreifen sorgen für vielfältige Lebensräume und fördern damit die Biodiversität. Der Wert lässt sich erhöhen, indem man verschiedenartige Gehölze verwendet oder Blühstreifen entlang der Baumstreifen einsät.

Schattenspender

Bei Agroforstsystemen mit Gehölzen und Tierhaltung bieten die Bäume und Sträucher den Weidetieren Schutz vor Wind, Sonne und Regen. In Verbindung mit Ackerkulturen schützt der Baumschatten vor zu starker Austrocknung des Bodens und der Unterkultur.

Erweiterung der Produktpalette

Mit Agroforstwirtschaft kann die Produktpalette der Landwirtschaftsbetriebe erhöht werden, zum Beispiel durch den Verkauf von Hackschnitzeln, Obst oder durch den langfristigen Kapitalaufbau in Form von Wertholz.

Verschönerung der Landschaft

Nicht zuletzt bieten Bäume und Sträucher auch die Möglichkeit, die Ästhetik heutiger, weitgehend ausgeräumter Agrarlandschaft aufzuwerten.

Was sind die Nachteile?

Im Vergleich zu einjährigen Kulturen ist bei Agroforstsystemen nicht nur mit höheren Etablierungs- und Bewirtschaftungskosten zu rechnen, sondern auch mit einem erhöhten Arbeitsaufwand. Neben den landwirtschaftlichen Arbeiten für den Ackerbau und die Weidewirtschaft muss in Agroforstsystemen noch Zeit für die Baum- und Strauchpflege eingeplant werden. Die Pflege der Gehölzkulturen findet allerdings vorrangig in den Wintermonaten statt und konkurriert damit zeitlich nicht mit den anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten.

Als ein weiterer Nachteil kann die langfristige Kapital- und Flächenbindung durch die vergleichsweise langsam wachsenden Gehölze genannt werden. Denn dadurch wird die betriebliche Flexibilität hinsichtlich Flächenverpachtung oder -verkauf verringert.

Manchmal kann es zwischen Gehölzen und Ackerkulturen auch zu einer Konkurrenz um Licht, Nährstoffe, Wasser und Wuchsraum kommen. Solche Effekte können durch eine vorausschauende Planung und Bewirtschaftung meist jedoch vermieden oder zumindest auf ein tolerierbares Maß reduziert werden.

Förderung von Agroforstsystemen beschlossen

Mitverantwortlich dafür, dass Agroforstsysteme in Deutschland bisher so wenig verbreitet sind, ist die Tatsache, dass es in Deutschland lange keine Förderung für derart genutzte Flächen gab. Am 13. Januar 2021 hat der Bundestag beschlossen, dass Agroforst zukünftig gefördert werden soll.

Andere Länder sind hier schon weiter als Deutschland: In Frankreich haben Baumstreifen die gleichen Zahlungsansprüche wie Ackerkulturen. Daher hat die Fläche mit Agroforstsystemen in Frankreich in den letzten Jahren stark zunehmen können.
Auch in der Schweiz können seit den 90er Jahren im Rahmen der landwirtschaftlichen Direktzahlungen Fördergelder für Agroforstsysteme beantragt werden. Darüber hinaus fördert die Schweizer Supermarktkette Coop im Rahmen eines eigenen Förderprogramms die Pflanzung von Bäumen auf Acker- und Weideland. Der Fokus liegt dabei auf Wildobst- und Wertholzbäumen.

Obst-, Energie- oder Möbelholz: Welche Gehölze sollen es sein?

Was die Wahl der Gehölze angeht, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Kurzumtrieb: Umtriebszeit max. 20 Jahre, meist energetische Nutzung als Hackschnitzel, nach Ernte Stockausschlag
  • Stammholzproduktion: Umtriebszeit > 10 Jahre, Nutzung als Bauholz oder für Zaunpfähle
  • Wertholzproduktion: Umtriebszeit > 50 Jahre, Nutzung als Furnier- und Möbelholz
  • Obstnutzung: z. B. Apfel- oder Kirschbäume, Nussbaum

Prinzipiell gibt es keine Vorgaben, wie die Bäume auf die Fläche gepflanzt werden. Sie können einzeln verteilt auf der Fläche stehen (wie zum Beispiel bei Streuobstwiesen). Meist werden sie aber in Streifen angebaut, da man diese besser (mit Maschinen) bewirtschaften kann. Grundsätzlich überwiegt bei Agroforstsystemen der Flächenanteil der landwirtschaftlichen Nutzung gegenüber dem der Gehölze.

Was noch zu beachten ist

Neuanlagen von Agroforstsystemen sollten im Vorfeld gut geplant werden. Gehölze, Unterkulturen und gegebenenfalls die zu haltenden Tierarten müssen aufeinander abgestimmt werden und auch an die lokalen Gegebenheiten angepasst sein. Außerdem sollte die Vermarktung der neuen Gehölzprodukte in die Planung einbezogen werden. Des Weiteren müssen sich Landnutzerinnen und Landnutzer mit der aktuellen rechtlichen Situation sowie etwaigen Fördermaßnahmen vertraut machen. Anlaufstellen für mehr Informationen und Beratung finden Sie in der Linkliste.


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