08.09.2022 |
...Mit Milliardengarantien rettet der Bund den zweitgrößten Stromversorger des Landes, Axpo, der unter anderem das Kernkraftwerk Beznau betreibt und auch am Akw Leibstadt beteiligt ist. Der Versorger muss an internationalen Märkten Strom einkaufen, die dortigen extrem hohen Preise bedrohen die Zahlungsfähigkeit der Axpo – und das wiederum die Stromversorgung der Schweiz. Von Axpo-Chef Christoph Brand stammt auch das Wort „Jahrhundertkrise“.
Denn die Eidgenossenschaft ist nur in den Sommermonaten weitgehend autark, was die Stromversorgung angeht: Der Großteil des Stroms kommt aus Wasserkraftwerken, gefolgt von Atomenergie. Allerdings sorgt die Trockenheit dafür, dass viele Wasserkraftwerke nur Bruchteile ihrer Leistung bringen können – und Stromimport nötig wird.
Viel Strom aus Deutschland
Was das bedeutet, wird schon jetzt deutlich: Daten der deutschen Bundesnetzagentur zeigen, dass im Sommer normalerweise deutlich mehr Strom aus der Schweiz nach Deutschland fließt als umgekehrt. Im Juni, Juli und August 2022 war das Gegenteil der Fall: Die Schweiz nahm massiv Strom aus Deutschland ab. Den Bedarf im Winter kann die Schweiz in der Regel ohnehin nicht eigenständig decken. Bis zu 40 Prozent des Stroms kommen dann aus dem Ausland, hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich. Mit der Energiekrise wird das zum Problem. Denn ob die beiden Länder selbst genug Strom produzieren, ist ungewiss. In Frankreich läuft wegen Reparaturen und Wartungen derzeit nur die Hälfte der 56 Atomreaktoren, in Deutschland hängen immer noch zehn Prozent der Stromerzeugung vom Gas ab, das knapp ist.
Auch die Schweiz selbst will mit Not-Gaskraftwerken ihre Stromkrise bekämpfen. Nach Angaben des Bundesamts für Energie (BFE) sollen Verträge mit Firmen geschlossen werden, die kurzfristig Strom erzeugen können. Das Problem: Die Schweiz selbst hat gar keine Gasspeicher, ist auch hier von Nachbarländern abhängig, hauptsächlich von Deutschland.
Schon seit Monaten wird über ein Solidaritätsabkommen mit der Bundesrepublik verhandelt, die Gespräche stocken jedoch. Grund sind Uneinigkeiten, die schon das Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz gestoppt haben – die Schweiz will im Streitfall eine Klärung durch EU-Instanzen nicht akzeptieren. Gas liefern müsste Deutschland im Notfall auch ohne Vertrag, wie der SÜDKURIER berichtete. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte auf Anfrage, dass dafür aber weder die technischen noch die finanziellen Details geklärt seien. Die Not-Kraftwerke der Schweiz sollen deswegen auch mit Öl betrieben werden können, hier hält das Land Reserven vor.
Eigentlich kann die Schweiz einen Großteil ihres Energiebedarfs (61 Prozent) über die 1300 Wasserkraftzentralen decken. Doch in diesem Jahr machen Trockenheit der Stromproduktion zu schaffen. Dabei setzt der Notfallplan des Bundesrats auch darauf, dass die Wasserkraftwerke Wasser in den Stauseen vorhalten, um im Notfall zusätzlichen Strom produzieren zu können. Doch schon jetzt ist klar, dass die Stauseen bis im Winter weniger Wasser haben werden als sonst. Der Blick nach Deutschland wird deshalb dringlicher, doch auch dort ist unklar, welche Mengen Strom im Winter exportiert werden können. Eine Anfrage an das Bundesministerium für Energie beantwortete eine Sprecherin nur ausweichend. Als Teil des europäischen Verbundnetzes sei die Schweiz „von Entwicklungen im europäischen Strommarkt betroffen“.
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