Dienstag, 26. Oktober 2021

MARKDORF: Stadt soll bis 2035 klimaneutral werden

Südkurier (hier)

Bezug zu früheren Artikeln im Blog (hier) "Gruppe fordert Klimaschutz ein"

Ein vom wiedergewählten Bürgermeister Georg Riedmann gesetztes Ziel – klimaneutrales Markdorf – soll bis 2035 verwirklicht werden. Hierzu hat der Gemeinderat in einer Klausurtagung eine Arbeitsbasis erstellt. Die Bürger sowie Projekte und Ideen von Initiativen und Gruppierungen sollen eingebunden werden. Die Stadtverwaltung habe Vorbildfunktion, beispielsweise werden die Themen Fotovoltaik und E-Fahrzeuge vorangetrieben. 

25.10.2021  |  VON THOMAS KAPITEL MARKDORF.REDAKTION@SUEDKURIER.DE

Weitere Schritte für Klimaneutralität  

Die Stadt soll bis 2035 klimaneutral werden – und es tut sich etwas: Das, was Bürgermeister Georg Riedmann bei seiner Vereidigung am 28. September vorgegeben hatte, geht nun offenbar in die Umsetzung. Zunächst mit dem Gemeinderat. Man wolle sich „intern auf die nächsten Schritte verständigen“, so Riedmann auf Anfrage des SÜDKURIER. Bei einer Klausurtagung ging es darum, „eine Arbeitsbasis zu finden, auf der wir stabil aufsetzen können“. Schließlich wolle man auf dem Weg zur klimaneutralen Kommune „im gleichen Schritt marschieren und braucht nicht viel zu diskutieren, sonst macht das kein Vergnügen“. Wenn dann der Zug ins Rollen gekommen sei, wolle man mit den Bürgern und deren Aktionen weitermachen. „Es ist ja ein Vorteil für die Stadt, dass es so viele Akteure hier gibt. Das ist beispielhaft“, so Riedmann.

Das hört man gerne bei den angesprochenen Initiativen. „Herr Riedmann ist ja auch unser Schirmherr“, sagt Karl King vom Markdorfer Sonnenkraftnetzwerk (MSN). „Schon bei der Gründung der Initiative im Februar 2020 haben wir ihn offenbar erreichen können.“ King sieht Markdorf auf einem guten Weg: „Nun wurde das Dach der Jakob-Gretser-Schule komplett mit Fotovoltaik eingedeckt. Das hätte es früher nicht gegeben. Auch, dass der Gemeinderat so etwas macht.“ Da nun weitere städtische Gebäude geprüft werden, ob sie für Fotovoltaik taugen, erwartet King, „dass es da in den Herbst hinein noch einen Schub tut“. Einen generellen Zeitplan für die Umsetzung zur klimaneutralen Kommune gebe es bis jetzt aber nicht, sagt der Bürgermeister. Was der Stadtverwaltung bleibe, das sei die Bauleitplanung. So, wie es jetzt im Herbst/Winter mit dem Klosteröschle umgesetzt werde. „Das wird ja kein klassisches Baugebiet, sondern ein modernes Stadtquartier auf drei Hektar. Klimaneutral, mit einem entsprechenden Verkehrs- und Energiekonzept.“

Verwaltung stellt auf E-Antrieb um

Riedmann sieht die Stadtverwaltung in einer „Vorbildfunktion“ – und darum wird es nun im Herbst auch im Gemeinderat gehen. Um die Energieeffizienz der städtischen Gebäude, aber auch um die Fahrzeugflotte. Diese sei man sowieso dabei, zu reduzieren und wo es geht auf E-Antrieb umzustellen. Vielleicht nicht im Schwerlast-Betrieb im Bauhof, es sei noch nichts Alltagstaugliches auf dem Markt. Aber bei den Hausmeister- und sonstigen mobilen Diensten, so der Bürgermeister. E-Bikes gibt es bereits zwei für die Stadtverwaltung sowie je ein Lastenfahrrad für den Bauhof und das Jugendreferat – weitere Anschaffungen seien beabsichtigt. Die Belastung, die bei der Umsetzung auf die Bürger zukomme, sei eine sehr geringe, beruhigt Riedmann: „Bei der aktuellen Projektplanung definitiv. Und auch sonst brauchen die Bürger keine Angst vor unseren Ideen haben.“

Nahwärme mit Holz vom Stadtwald

Woher in der Stadt generell das Geld für weitreichende Klimaschutzmaßnahmen kommen soll? „Gute Frage“, meint Georg Riedmann. „Das werden wir nicht schaffen, ohne dass Land und Bund ihre Förderprogramme umstellen. Anders ist das in einer kommunalen Haushalts-Systematik nicht darstellbar. Die Rechtsaufsicht schaut nur, ob mein Haushalt ausgeglichen ist oder nicht. Da interessiert nicht, ob ich jetzt investieren will, damit wir in 50 Jahren ein besseres Klima haben.“ Um Klimaschutzmaßnahmen rentabel zu machen, brauche es eine ordentliche CO 2 -Bepreisung. „Und zwar jetzt und gleich“, sagt Riedmann. „Hier gibt es im Land schon kraftvolle Initiativen, aber da muss noch mehr kommen.“

Auch bei der Gruppe „Klimaplan Markdorf“ wird es positiv aufgenommen. Dennoch könne die Stadt mehr Anreize schaffen, sagt Daniel Hirscher: „Wenn etwa eine städtische Liegenschaft an einen Nahwärmeversorger angehängt wird, könnte man die Anlieger ermutigen, sich daran anzuschließen.“ Andere Kommunen seien da schon weiter: Bei Solarkomplex Singen etwa seien rund 20 Kommunen beteiligt. Wärme aus erneuerbaren Energien ließe sich aus dem Stadtwald gewinnen, indem man Abfallholz als Hackschnitzel in einem kommunalen Nahwärmesystem verheizt: „So etwas wird kommen, das ist nur eine Frage der Zeit“, ist sich Daniel Hirscher sicher.

Andrang bei Fotovoltaik-Beratung

Was seitens der Bürger sehr gut angenommen wurde: die Fotovoltaik-Beratungen durch die Energieagentur Ravensburg in der letzten September- und ersten Oktoberwoche. Öffentlich gefördert und dadurch für die Bürger kostenlos. „Hier hatten wir regelrecht heftige Nachfragen“, sagt Riedmann. „Das ist ja nicht unkompliziert, wenn man sich so etwas aufs Dach machen will. Auch steuerlich.“ Das bestätigt Michael Maucher, Prokurist der Energieagentur Ravensburg: „Das war exorbitant. 15 Termine waren ausgemacht, 30 wurden es dann und wir konnten immer noch nicht alle Nachfragen bedienen, in diesen zwei Wochen.“ Markdorf habe „gerade in diesem Bereich eine Sonderposition“, erklärt Maucher den großen Zustrom, „durch die Initiativgruppen wie Sonnenkraftwerk und Klimaplan“. Generell habe sich die Nachfrage nach Fotovoltaik „verdrei- bis vervierfacht“: Klimawandel und steigende Energiekosten befeuerten den Wunsch nach erneuerbaren Energien, die man am besten für sich selbst vor Ort erzeugt. Und viele hätten aus dem Corona-Jahr einfach noch Mittel zum Investieren übrig.

Genug E-Ladestationen

Was die Ladestellen für Elektroautos betrifft, sei die Stadt Markdorf gut versorgt, sagt Bürgermeister Georg Riedmann. Die Dichte der Nutzung steige derzeit nicht. Wohl auch, weil immer mehr die Fotovoltaik auf dem eigenen Dach dazu nutzen, ihr Auto zu Hause aufzuladen. 

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