Samstag, 16. Oktober 2021

Waldsterben in Deutschland

TAZ hier

Wenn die Buchen schwinden

In Südhessen macht der Klimawandel den Bäumen zu schaffen. Ein Forstwirt und eine Hobbyfotografin wollen sie retten – auch vor der Forstwirtschaft.

......Ein geschlossenes Blätterdach senkt die Temperaturen signifikant. Deshalb sind naturnahe Buchenwälder im Vergleich zum Nadelwald resistenter gegen die steigenden Temperaturen und speichern mehr Wasser und CO2. Die Bundesregierung hatte schon 2007 beschlossen, bis 2020 fünf Prozent der staatlichen Waldfläche in Naturwald zu verwandeln und der wirtschaftlichen Nutzung zu entziehen. Doch 2021 beträgt der Anteil nur gut drei Prozent. Naturschutzorganisationen kritisieren neben der schleppenden Umsetzung, dass vor allem Flächen, die ohnehin schwer zu bewirtschaften sind, der Natur überlassen wurden.

„Es stimmt, wenn die Forstwirtschaft warnt: Der Wald stirbt“, sagt Volker Ziesling, „aber den Großteil hat sie selbst zu verantworten.“ Denn die Landes­gesetze – die Hälfte des Waldes ist in öffentlicher Hand – schrei­ben den betriebswirtschaftlichen Gewinn als Ziel der Forstverwaltung fest. Das fördert wiederum die Umwandlung von Laub- in Nadelwald. „Da fehlt jedes volkswirtschaftliche oder langfristige Denken. Wir wissen längst, wie wertvoll der Wald ist – für die Gesundheit, die Wasserqualität, den Kampf gegen den Klimawandel. Aber nur der Holzpreis wird in Wert gesetzt und berechnet.“ Dabei sei auch die Forstindustrie längst auf enorme staatliche Zuschüsse angewiesen. „Selbst ökonomisch betrachtet, ergibt das gar keinen Sinn mehr, aber da findet keine Selbstkritik statt“, sagt Ziesling.

.......Albe und Ziesling haben derweil eine Petition initiiert, mit der sie das Ende der Holznutzung auf dem Felsberg fordern. „Klar, wir haben noch keine großen Entscheidungen bewirkt, aber davor muss sich ja auch der Blick der Leute auf den Wald ändern. Und da haben wir schon viel erreicht“, sagt Ziesling.

Für ihn sind die alten Buchenwälder des Mezzogiorno so etwas wie ein langfristiges Vorbild, auch für Deutschland. Im Süden Italiens sind manche Wälder schon vor über hundert Jahren komplett der Natur überlassen worden. Trotz der höheren Temperaturen wachsen dort die gesündesten und schönsten Wälder Europas, so Ziesling. An diesem Beispiel sähe man, „dass die Wälder dem Klimawandel etwas entgegensetzen können – wenn wir sie nur lassen. Doch dafür müssen wir jetzt aber die Notbremse ziehen.“

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