München (dpa/lby) - Der Streit zwischen der Staatsregierung und den Umweltverbänden um den Schutz der Streuobstwiesen scheint vorerst beendet: Bis 2035 sollen 600 Millionen Euro in den Erhalt der ökologisch besonders wertvollen Baumbestände fließen. Ziel sei es, bis dahin eine Millionen zusätzliche Obstbäume zu pflanzen sowie Naturschutz und Landwirtschaft besser zusammenzubringen, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag nach einer Sitzung des runden Tischs zum Streuobstwiesenpakt in München.
Streuobstwiesen gehören mit rund 5000 Tier- und Pflanzenarten zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. "Was für Australien die Korallenriffe sind, sind für Bayern die Streuobstwiesen", sagte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Viele seltene und gefährdete Arten können nur noch hier überleben. Zugleich bildet der Streuobstanbau mit mehr als 2000 Obstsorten eine Vielfalt ab, die ansonsten verloren zu gehen droht.
Der Konflikt um den Erhalt der Streuobstwiesen geht zurück auf die Umsetzung des Artenschutz-Volksbegehrens "Rettet die Bienen". Aus Sicht von Landesbund für Vogelschutz (LBV) und Bund Naturschutz hatte die Staatsregierung den Biotopschutz für Streuobstwiesen aufgeweicht und in der Folge Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht eingereicht. Am Ende sei es wohl auch dem Druck durch die Klage geschuldet, dass es nun einen zusätzlichen Pakt gebe, sagte Richard Mergner vom bayerischen Bund Naturschutz.
Nach Angaben von LBV-Chef Norbert Schäffer werde die Klage nun ruhen. Er kündigte aber auch an, dass die Umweltverbände genau überprüfen würden, dass der Pakt auch umgesetzt werde. "Wir werden die Bäume zählen", sagte Schäffer, gab sich aber optimistisch: "Wir gehen fest davon aus, dass die Gelder und das Personal zur Verfügung gestellt werden und wir die Trendwende erzielen können."
Söder betonte, dass Streuobstwiesen aus wirtschaftlichen Gründen eine hohe Bedeutung für Bayern hätten, weil durch sie jährlich etwa 50 Millionen Euro Umsatz generiert werde. Zugleich seien sie ein kulturelles Erbe und wichtig für den Artenschutz.
50 Prozent des Geldes kommen laut Glauber aus Bayern, die andere Hälfte stamme aus Bundes- und Europamitteln. In Bayern gebe es derzeit noch rund 5 bis 6 Millionen Bäume auf Streuobstwiesen - viele seien jedoch so alt, dass sie bald verloren gingen. Durch die Neuanpflanzungen sollten es am Ende neue Streuobstwiesen in der Größe von 17.000 Fußballfeldern werden.
Wie schon bei der Umsetzung des "Rettet die Bienen"-Volksbegehrens hatte auch beim runden Tisch für das Streuobst der ehemalige Landtagspräsident Alois Glück (CSU) die Moderation übernommen. Er selbst nannte die Vereinbarung einen "Miteinanderpakt", der weit über den Erhalt alter Bestände hinausgehe. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sprach von einem Pakt, von dem gerade auch die nachfolgenden Generationen profitieren würden.
Seit 1965 sind rund 70 Prozent der Streuobstbestände in Bayern verloren gegangen. Es wird von einem jährlichen Verlust von 100.000 Bäumen ausgegangen. Zum Schutz der Bestände sieht der Pakt auch ein bayernweites Monitoring, spezielle Förderungen für die Flächen sowie die zur Bewirtschaftung notwendigen Maschinen und Anlagen vor.
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