Handelsblatt von Kersting, Silke
Die Maßnahmen zum Klimaschutz sind national wie international unzureichend, zeigt der neue „Climate Transparency-Report“. Der Handlungsbedarf für die kommende Regierung ist enorm
Denn gut zwei Wochen vor dem G20-Gipfel in Rom und der Weltklimakonferenz in Glasgow zeigt der „Climate Transparency-Report“ den Rückstand der weltweit größten Industrie- und Schwellenländer beim Schutz des Klimas. Der an diesem Donnerstag veröffentlichte Report prognostiziert für 2021 einen Anstieg der klimaschädlichen CO2-Emissionen in den G20-Ländern um vier Prozent im Vergleich zum Pandemiejahr 2020. In Ländern wie China, Indien, Indonesien und Argentinien werden sogar höhere Emissionen als 2019 erwartet. Nur ein Bruchteil der Corona-Wiederaufbauhilfen wurde dem Report zufolge in nachhaltige Bereiche investiert.Climate Transparency ist eine internationale Partnerschaft zwischen mittlerweile 16 Forschungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen aus 14 G20-Ländern. Seit 2015 gibt die Initiative einmal jährlich einen Überblick über den Klimaschutz in den G20-Ländern und ihre Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität.
In der G20 sind 19 Staaten plus die EU vertreten. Sie stehen für 75 Prozent der weltweiten klimaschädlichen Treibhausgasemissionen. Ihr Kurs beim Klimaschutz ist also von allergrößter Bedeutung.
Die Untersuchung von Climate Transparency gilt als eine der umfassendsten Analysen aller klimaschutzrelevanten Daten der G20. Aus Deutschland sind Germanwatch, Humboldt-Viadrina Governance Plattform, Climate Analytics und New Climate Institute beteiligt.
.... Die bisherigen Klimaziele der G20 würden jedoch zu einer Erderwärmung um 2,4 Grad führen, warnt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.
Positiv sei, dass immerhin 14 G20-Staaten, die für insgesamt gut 60 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, sich bisher explizit zum Ziel der Klimaneutralität bekannt hätten, heißt es in dem Report. Von Australien, Indien, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien und der Türkei steht ein solches Bekenntnis aus. Der Ehrgeiz wachse, aber insgesamt seien die G20-Länder nicht auf 1,5-Grad-Kurs, heißt es weiter.
Auch Deutschland sei weit entfernt von einer Vorreiterrolle innerhalb der G20, kritisiert Germanwatch. Viele andere G20-Staaten hätten in den vergangenen Jahren größere Schritte gemacht als Deutschland, etwa Großbritannien, „selbst wenn auch hier nicht alles perfekt ist“, so Burck.
Dabei fällt aber unter anderem negativ auf, dass Deutschland bislang auf ein klares Enddatum für fossile Verbrennungsmotoren bei Neuwagen verzichtet hat und der endgültige Kohleausstieg bislang erst für 2038 vorgesehen ist. Die Emissionen im Verkehrssektor sind hierzulande im Zeitraum 2015 bis 2020 gestiegen, trotz pandemiebedingtem Lockdown.
Für Deutschland vermerkt der Report positiv, dass knapp 50 Prozent der deutschen Corona-Konjunkturhilfen als „grün“ bezeichnet werden könnten. Das heißt, diese Ausgaben tragen dazu bei, Emissionen zu senken. Nur Kanada mit rund 75 Prozent schneidet besser ab.
...Nicht der richtige Weg, findet Climate Transparency. Die G20-Mitglieder müssten Investitionen in erneuerbare Energien Vorrang einräumen – auch um „stranded assets“ zu vermeiden. Darunter versteht man Vermögenswerte, die aufgrund der bevorstehenden Transformation der Wirtschaft in eine klimaneutrale Zukunft vor Ende ihrer geplanten wirtschaftlichen Nutzungsdauer an Wert verlieren.
Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, fordert ein Klimaschutzsofortprogramm der nächsten Bundesregierung. „Vor allem im Verkehrs-, Gebäude-, Industrie- und Agrarbereich sind ambitionierte Schritte nötig, aber auch der Kohleausstieg muss auf 2030 vorgezogen werden“, so Bals...
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