Mittwoch, 19. Juni 2024

Erneut Klimaaktivist vor Ravensburger Gericht

kleiner Auszug aus meinem Leserbrief unten, den ich gerade losgeschickt habe: 
Doch so ein Ravensburger Gericht muss sich anscheinend nicht um die Rechtsprechungen auf höchster Ebene kümmern. Hier macht man lieber sein eigenes Ding und beschäftigt sich mit der ungemein wichtigen Frage, ob ein Angeklagter, der alleine auf einem Baum saß, als Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Demo gelten kann. 

Für mich ist das ist eine ungeheure Verschwendung von Steuergeldern und - noch wichtiger - eine ungeheure Verschwendung von Zeit im Angesicht der Entwicklung.

Schwäbische Zeitung  hier Von Bernd Adler und ganz unten Leserbrief  dazu


rechts: Martin Lang bei einer Demo

Wann ist Protest ein Rechtsbruch? - Juristischer Beschluss steht aus

Erneut muss sich derzeit ein sogenannter Klimaaktivist vor einem Ravensburger Gericht verantworten. Bei diesen Verhandlungen geht es im Kern zumeist darum: Wo enden Protestaktionen, wo beginnt der Rechtsbruch? Im Kern geht es aber auch um die Frage, wie schwierig es ist, darüber juristisch zu befinden.

Acht Menschen klettern zeitgleich auf acht in der Ravensburger Altstadt wachsende Bäume und hängen dort Banner gegen die Klimapolitik auf. Sie sitzen an verschiedenen Orten, kommunizieren untereinander nicht. Ist das eine anmeldepflichtige Versammlung unter freiem Himmel nach Paragraf 14 Versammlungsgesetz? Greift dieselbe Rechtsnorm bei einer improvisierten Pressekonferenz von Aktivisten in einem Waldstück bei Vogt, das ohne Hilfe nicht auffindbar wäre? Oder: Ist es Hausfriedensbruch, wenn Menschen ein Protestplakat vom Dach der Weingartener Basilika abrollen, ohne das Gebäude zuvor betreten zu haben?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich in dieser Woche die Strafkammer des Ravensburger Landgerichts in einer Berufungsverhandlung. Ein Beschluss steht noch aus. Unbeantwortet ist daher auch die Frage: Lohnen sich die in solchen Fällen zeitfressenden Untersuchungen seitens der bekanntermaßen überlasteten deutschen Justiz angesichts von solchem Klein-klein? Oder wäre es die Kapitulation des Rechtsstaats, einfach darüber hinwegzusehen?

Martin Hussels-Eichhorn, Vorsitzender Richter am Ravensburger Landgericht, nimmt das aktuelle Berufungsverfahren ernst. Und schlägt vor, dass Staatsanwalt wie Beklagter auf weitere Rechtsmittel verzichten und auf die jeweilige Berufung. Oberstaatsanwalt Peter Vobiller ist dazu bereit, der Angeklagte Martin Lang nicht. Was Vobiller nicht daran hindert, am Ende eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen à 30 Euro zu fordern. Er scheint sicher zu sein, dass Lang an einer genehmigungspflichtigen Versammlung teilnahm, sie vermutlich sogar leitete, dass er übers Dach auf den Basilika-Vorsprung gelangte und damit Hausfriedensbruch beging. Die Angeklagtenseite sieht das freilich anders. Es habe weder in Ravensburg noch bei Vogt eine öffentliche Versammlung gegeben, Martin Lang sei daher kein Versammlungsleiter gewesen. Sich mit einem politisch motivierten Banner an die Wand eines Kulturdenkmals zu lehnen, sei nichts anderes, als dieses von einem Gebäudevorsprung abzuseilen, nachdem man diesen durch eine öffentlich zugängliche Sicherheitsleiter betreten habe. Die Forderung daher: Freispruch.

Der Angeklagte, der nicht vorbestraft ist, sagte vor Gericht, er agitiere seit rund 30 Jahren mit legalen Mitteln gegen eine sich seiner Meinung nach anbahnende Klimakatastrophe. Um gehört zu werden, setze man inzwischen nicht mehr nur auf Argumente, sondern auch auf plakative Botschaften. Niedere Beweggründe habe er nicht. Vor öffentlichen Aktionen ließe er sich rechtlich beraten. Zum Fall der Weingartener Basilika meinte er: „Wenn oben Leute ein Plakat hissen und unten Schaulustige stehen und zuschauen, ist das dort dann auch eine Versammlung?“ Am Freitag will das Ravensburger Landgericht den aktuellen Fall abschließen - juristisch sauber im Rahmen des Gesetzes. Ob der zeitliche und finanzielle Aufwand dafür verhältnismäßig sind, steht nicht zuletzt aufgrund der Höhe der geforderten Geldstrafe auf einem anderen Blatt.


leserbriefe@schwaebische.de

Leserbrief zum Artikel von Petra Karg

Herr Adler  hat so einige Gedanken gewälzt, im Zusammenhang mit den Klimaaktivisten und dem von ihnen verfolgten Ansatz des zivilen Ungehorsams. Das ist sicher alles bedenkenswert, nur hat er leider das Wesentliche vergessen.

 Wir leben in Zeiten der Klimakrise, wir wissen ganz genau was zu tun wäre, es wird furchtbar viel darüber geredet und debattiert - nur angemessen gehandelt wird nicht.

Die wichtigste Aufgabe der Politik wäre es, auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren.
Da dies nicht passiert, sind zahlreiche Klagen bei den höchsten Gerichten gelandet. Und die haben im großen Stil bestätigt, was Klimaaktivisten seit Jahren an die Wand malen:  Wir alle werden nicht ausreichend geschützt -  angesichts des immer schneller fortschreitenden Klimawandels und seiner dramatischen Folgen. Und die Rechte der jungen Generationen werden sowieso dramatisch beschnitten - als  Ergebnis einer wenig vorausschauenden Politik über Jahrzehnte hinweg.
Das alles liegt offen auf dem Tisch der Rechtsprechung.

Doch so ein Ravensburger Gericht muss sich anscheinend nicht um die Rechtsprechungen auf höchster Ebene kümmern. Hier macht man lieber sein eigenes Ding und beschäftigt sich mit der ungemein wichtigen Frage, ob ein Angeklagter, der alleine auf einem Baum saß, als Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Demo gelten kann. 

Für mich ist das ist eine ungeheure Verschwendung von Steuergeldern und - noch wichtiger - eine ungeheure Verschwendung von Zeit im Angesicht der Entwicklung.

Auch in Ravensburg und Umgebung wird  auf kommunaler Ebene viel zu wenig getan. Dabei kommt es auf die Kommunen ganz besonders an, denn die Klimakrise ist nur mit sehr vielen kleinen Puzzlestücken einzubremsen. Die Kommunen müssten mutig vorangehen und effektive Maßnahmen ergreifen. Und das auch noch schnell. 

Es gibt so viel Wichtigeres zu tun - bitte beschäftigt euch endlich mit dem Wesentlichen und macht Dinge, die uns vorwärts bringen!

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